Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
Vom Netzwerk:
Aufrührern gab. Alles wurde in diesen Zusammenhang gebracht: Lisas schrecklicher Tod, die Ermordung der Frau Stawrogins, Stawrogin selbst, die Brandstiftung, der Ball zum Besten der Gouvernanten, die Zügellosigkeit, die in Julija Michailownas Umgebung geherrscht hatte ... Sogar in Stepan Trofimowitschs Verschwinden wollte man durchaus ein Rätsel sehen. Viel, sehr viel wurde über Nikolai Wsewolodowitsch geflüstert. Gegen Ende des Tages erfuhr man auch von Peter Stepanowitschs Abwesenheit und redete merkwürdigerweise gerade darüber am wenigsten. Aber am meisten sprach man an diesem Tage von einem »Senator«. Beim Filippowschen Hause stand den ganzen Vormittag über ein großer Haufe von Menschen. Die Behörde wurde durch Kirillows Zettel tatsächlich irregeführt. Man glaubte sowohl an die Ermordung Schatows durch Kirillow als auch an den Selbstmord des »Mörders«. Übrigens, wenn die Behörde auch im Dunklen tappte, so war dies doch nicht in jeder Hinsicht der Fall. Das Wort »Park« zum Beispiel, das in Kirillows Zettel in unbestimmter Weise gebraucht worden war, brachte niemanden in Verwirrung, wie dies doch Peter Stepanowitsch erwartet hatte. Die Polizei eilte sofort nach Skworeschniki, und zwar nicht allein deswegen, weil dort ein Park war, während es sonst bei uns an keinem anderen Orte einen solchen gab, sondern auch von einer Art Instinkt geleitet, da alle Schrecknisse der letzten Tage entweder direkt oder indirekt mit Skworeschniki verknüpft gewesen waren. Das war wenigstens meine Vermutung. (Ich bemerke, daß Warwara Petrowna am frühen Morgen, ohne von etwas zu wissen, auf die Suche nach Stepan Trofimowitsch weggefahren war.) Der Leichnam wurde auf Grund einiger Spuren noch an demselben Tage gegen Abend im Teiche entdeckt; an der Stelle des Mordes selbst war Schatows Mütze gefunden worden, die die Mörder dort mit erstaunlichem Leichtsinn vergessen hatten. Die polizeiliche und ärztliche Untersuchung des Leichnams sowie einige Anhaltspunkte, die sich gleich von vornherein ergeben hatten, ließen den Verdacht entstehen, daß Kirillow Mitschuldige gehabt haben müsse. Es ergab sich die Existenz einer geheimen Schatow-Kirillowschen Gesellschaft, die mit den Proklamationen zu tun hatte. Aber wer waren diese Mitschuldigen? Von den »Unsrigen« hatte man an jenem Tage noch keinen einzigen im Verdacht. Man erfuhr, daß Kirillow so zurückgezogen und einsiedlerisch gelebt habe, daß, wie in dem Zettel angegeben war, Fedka, den man überall so eifrig gesucht hatte, bei ihm so viele Tage unbemerkt habe logieren können ... Am peinlichsten war es allen, daß sich aus all diesem Wirrwarr kein größerer, zusammenhängender Komplex entnehmen ließ. Man kann sich schwer vorstellen, zu welchen Schlußfolgerungen und zu welcher Gedankenverwirrung schließlich unsere in panischen Schrecken geratene Gesellschaft gelangt wäre, wenn sich nicht plötzlich, gleich am andern Tage, alles aufgeklärt hätte, und zwar durch Ljamschin.
    Er hielt es nicht aus. Es geschah mit ihm das, was auch Peter Stepanowitsch zuletzt geahnt hatte. Der Obhut Tolkatschenkos und demnächst Erkels anvertraut, hatte er den ganzen folgenden Tag anscheinend friedlich, mit dem Gesichte nach der Wand zu, im Bette gelegen, kein Wort geredet und kaum geantwortet, wenn zu ihm gesprochen wurde. Auf diese Weise hatte er den ganzen Tag über nichts von dem erfahren, was in der Stadt vorgegangen war. Aber Tolkatschenko, der von all diesen Vorgängen genaue Kenntnis besaß, kam gegen Abend zu dem Entschlusse, das Amt, das ihm Peter Stepanowitsch bei Ljamschin übertragen hatte, niederzulegen und sich aus der Stadt in den Kreis zu begeben, das heißt einfach davonzulaufen: in der Tat hatten sie alle den Verstand verloren, wie das Erkel von ihnen allen prophezeit hatte. Ich bemerke bei dieser Gelegenheit, daß auch Liputin an diesem selben Tage aus der Stadt verschwand, noch vor zwölf Uhr. Aber was diesen anlangt, so erhielt eigentümlicherweise von seinem Verschwinden die Behörde erst am Abend des folgenden Tages Kenntnis, als sie geradezu zur Befragung seiner Familie schritt, die über seine Abwesenheit in Angst war, aber aus Furcht geschwiegen hatte. Aber ich fahre über Ljamschin fort. Kaum war er allein geblieben (Erkel war im Vertrauen auf Tolkatschenkos Pflichttreue schon vorher zu sich nach Hause gegangen), als er sogleich aus dem Hause lief und selbstverständlich sehr bald den Stand der Dinge erfuhr. Ohne erst nach seiner Wohnung wieder

Weitere Kostenlose Bücher