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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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religiöses Gespräch zu beginnen, um seinen Glauben zu stärken.«
    Der Geistliche sagte zu; alle saßen oder standen um das Bett des Kranken herum.
    »In unserer sündigen Zeit«, begann der Geistliche, mit der Teetasse in der Hand, in gleichmäßigem Tone, »ist der Glaube an den Allerhöchsten die einzige Zuflucht des Menschengeschlechtes in allen Leiden und Nöten des Lebens; und ebenso ist die zuversichtliche Hoffnung auf die den Gerechten verheißene ewige Seligkeit ...«
    Stepan Trofimowitsch schien wieder ganz lebhaft zu werden; ein feines Lächeln spielte auf seinen Lippen.
    »Mon père, je vous remercie, et vous êtes bien bon, mais ...«
    »Gar kein
mais,
überhaupt kein
mais!
« rief Warwara Petrowna, von ihrem Stuhle auffahrend. »Väterchen,« wandte sie sich an den Geistlichen, »das, das ist ein solcher Mensch, das ist ein solcher Mensch ... nach einer Stunde wird er noch einmal beichten müssen! Sehen Sie, so ein Mensch ist das!«
    Stepan Trofimowitsch lächelte ruhig.
    »Meine Freunde,« sagte er, »Gott ist schon darum für mich notwendig, weil dies das einzige Wesen ist, das man lebenslänglich lieben kann ...«
    Ob er in Wirklichkeit gläubig geworden war, oder ob die erhabene Zeremonie der Vollziehung des Sakramentes ihn ergriffen und die künstlerische Empfänglichkeit seiner Natur angeregt hatte, mag dahingestellt bleiben; aber er sprach in festem Tone und, wie man sagt, mit vielem Gefühl einige Worte, die in direktem Widerspruch zu vielem standen, wovon er früher überzeugt gewesen war.
    »Meine Unsterblichkeit ist schon deswegen mit Notwendigkeit anzunehmen, weil Gott nicht ein Unrecht begehen und das einmal in meinem Herzen entbrannte Feuer der Liebe zu Ihm nicht wird ganz auslöschen wollen. Und was ist kostbarer als die Liebe? Die Liebe steht höher als das Dasein; die Liebe ist die Krone des Daseins, und wie wäre es möglich, daß das Dasein ihr nicht untertan sein sollte? Wenn ich Ihn liebgewonnen und mich über meine Liebe gefreut habe, ist es da möglich, daß Er mich und meine Freude auslöschen und uns in ein Nichts verwandeln sollte? Wenn Gott existiert, so bin auch ich unsterblich!
Voilà ma profession de foi.
«
    »Gott existiert, Stepan Trofimowitsch; ich versichere Ihnen, daß Er existiert,« sagte Warwara Petrowna in flehendem Tone. »Wenn Sie doch wenigstens einmal im Leben all Ihre Dummheiten aufgeben und von sich werfen wollten!« (Sie hatte, wie es scheint, seine
profession de foi
nicht ganz verstanden.)
    »Meine Freundin,« sagte er, immer lebhafter werdend, obgleich ihm die Stimme häufig versagte, »meine Freundin, da ich diese Geschichte von der darzubietenden Backe verstanden habe, so habe ich zugleich auch noch einiges verstanden.
J'ai menti toute ma vie,
mein ganzes, ganzes Leben lang! Ich möchte gern ... übrigens morgen ... Morgen werden wir alle wegfahren.«
    Warwara Petrowna fing an zu weinen. Er suchte jemand mit den Augen.
    »Da ist sie, hier ist sie!« sagte sie, indem sie Sofja Matwejewna an der Hand nahm und zu ihm führte. Er lächelte gerührt.
    »Oh, ich möchte gern wieder leben!« rief er mit einem starken Anschwellen der Energie. »Jede Minute, jeder Augenblick des Lebens muß dem Menschen Glückseligkeit sein ... unfehlbar Glückseligkeit sein! Das so einzurichten, ist die eigene Pflicht des Menschen; das ist sein Gesetz, ein verborgenes, aber mit Sicherheit existierendes Gesetz ... Oh, ich würde gern Peter noch einmal sehen ... und sie alle ... auch Schatow!«
    Ich bemerke, daß über Schatow noch niemand etwas wußte, weder Darja Pawlowna noch Warwara Petrowna, nicht einmal Salzfisch, der zuletzt aus der Stadt gekommen war.
    Stepan Trofimowitsch regte sich in krankhafter Weise immer mehr auf, mehr als ihm gut war.
    »Schon der stete Gedanke daran, daß etwas unermeßlich viel Gerechteres und Glücklicheres existiert als ich, erfüllt mein ganzes Wesen mit unermeßlicher Rührung und – mit einem unermeßlichen Hochgefühl, oh, wer ich auch immer gewesen sein und was ich auch immer getan haben mag! Weit notwendiger als das eigene Glück ist es für den Menschen, zu wissen und jeden Augenblick daran zu glauben, daß es irgendwo bereits für alle und jeden ein vollkommenes, ruhiges Glück gibt ... Das ganze Gesetz des menschlichen Daseins besteht nur darin, daß der Mensch sich immer vor etwas unermeßlich Hohem beugen kann. Wenn man die Menschen des unermeßlich Hohen beraubt, so werden sie nicht am Leben bleiben, sondern in Verzweiflung

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