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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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schlafende Kobra.
    Damnuair, dachte sie instinktiv in Elfensprache, ich habe Männern mit Schwertern die Stirn geboten. Das kann ich auch bei einem mit   …
    Sie schloss die Augen, seufzte. Und trat in das Zimmer.
    In der Mitte war niemand. Auf einem Malachittisch lag ein Buch, stand eine Karaffe. An den Wänden waren wunderliche Reliefs und Basreliefs, geraffte Portieren, farbige Wandteppiche. In einer Ecke stand eine Statue.
    Und in einer anderen Ecke ein Bett mit Baldachin. Wieder begann ihr Herz zu klopfen. Sie schluckte.
    Aus dem Augenwinkel bemerkte sie eine Bewegung. Nicht im Zimmer. Auf der Terrasse.
    Er saß dort, im Halbprofil zu ihr hingewandt.
    Obwohl sie schon halbwegs gelernt hatte, dass bei den Elfen nichts so war, wie sie zu glauben gewohnt war, erlebte Ciri einen leichten Schock. Die ganze Zeit hatte sie, wenn die Rede vom König war, wer weiß warum Ervyll von Verden vor Augen gehabt, dessen Schwiegertochter sie um ein Haar geworden wäre. Wenn sie an den König dachte, hatte sie einen nach Zwiebel und Bier stinkenden Fettwanst mit roter Nase und blutunterlaufenen Augen über einem schmutzigen Bart gesehen, der sich vorlauter Fett kaum bewegen konnte. Der Zepter und Reichsapfel in aufgedunsenen, braun gefleckten Händen hielt.
    Aber an der Balustrade der Terrasse saß ein ganz anderer König.
    Er war sehr feingliedrig, und man sah auch, dass er von sehr großem Wuchs war. Seine Haare waren aschblond wie die ihren, stark von weißen Strähnen durchsetzt und lang, sie fielen auf Schultern und Rücken. Er trug ein schwarzes Samtwams und typische Elfenstiefel mit zahlreichen Spangen über die ganze Länge des Schaftes. Er hatte schmale, weiße Hände mit langen Fingern.
    Er war damit beschäftigt, Seifenblasen steigen zu lassen. Er hielt ein Schälchen mit Seifenwasser und einen Strohhalm, in den er hin und wieder blies, so dass regenbogenfarben schillernde Blasen zum Fluss hinabschwebten.
    Sie räusperte sich leise.
    Der Erlkönig wandte den Kopf. Ciri konnte einen Seufzer nicht unterdrücken. Seine Augen waren unheimlich. Hell wie geschmolzenes Zinn, bodenlos. Und voll unvorstellbarer Trauer.
    »Schwalbe«, sagte er. »Zireael. Danke, dass du dich zum Kommen entschlossen hast.«
    Sie schluckte, wusste partout nicht, was sie sagen sollte. Auberon Muircetach setzte den Strohhalm an die Lippen und ließ die nächste Seifenblase ins Freie fliegen.
    Um des Zitterns ihrer Hände Herr zu werden, verschränkte sie sie, bog die Finger durch. Dann fuhr sie sich damit nervös durch die Haare. Der Elf schien sich nur für die Seifenblasen zu interessieren.
    »Bist du nervös?«
    »Nein«, log sie dreist. »Bin ich nicht.«
    »Hast du es eilig, irgendwohin zu kommen?«
    »Allerdings.«
    Sie hatte wohl ein wenig zu viel Nonchalance in ihre Stimmegelegt, sie spürte, dass sie sich am Rande der Höflichkeit bewegte. Der Elf beachtete es jedoch nicht. Er ließ am Ende des Strohhalms eine riesige Seifenblase entstehen, zog sie durch Wackeln in die Länge. Lange bewunderte er sein Werk.
    »Wäre es aufdringlich, zu fragen, wohin du es so eilig hast?«
    »Nach Hause!«, fauchte sie, korrigierte sich aber sofort, indem sie ruhigen Tones hinzufügte: »In meine eigene Welt!«
    »Wohin?«
    »In meine eigene Welt!«
    »Ach. Verzeih. Ich hätte schwören mögen, dass du gesagt hast: ›In meine Eigenart‹. Und das hat mich wirklich verwundert. Du sprichst unsere Sprache hervorragend, aber an Aussprache und Akzent sollte man noch etwas arbeiten.«
    »Ist es wichtig, wie ich akzentuiere? Du brauchst mich schließlich nicht zur Konversation.«
    »Nichts sollte einen daran hindern, nach Vollkommenheit zu streben.«
    Am Ende des Strohhalms wuchs die nächste Seifenblase löste sich, segelte davon, zerplatzte, als sie an einen Weidenzweig traf. Ciri seufzte.
    »Du hast es also eilig, in deine Welt zu kommen«, ließ sich nach einer Weile Auberon Muircetach vernehmen. »Deine! Wahrlich, falsche Bescheidenheit kann man auch Menschen nicht vorwerfen.«
    Er rührte mit dem Strohhalm in dem Schälchen, blies scheinbar sorglos hinein und hüllte sich in einen ganzen Schwarm von Regenbogenbläschen.
    »Der Mensch«, sagte er. »Dein behaarter Vorfahr auf der Schwertseite ist viel später als das Huhn auf der Welt erschienen. Und ich habe noch nie gehört, dass das Huhn Anspruch auf die Welt erhöbe   … Warum windest du dich und trittst auf der Stelle wie ein Äffchen? Was ich sage, sollte dich interessieren. Denn das ist Geschichte.

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