Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
Mitch, der jetzt auf dem Weg zu einer früheren Geliebten und Kollegin war, um ihr bei Ausgrabungen irgendwo im Niemandsland zu helfen.
    Einen Augenblick lang hatte sie das entsetzliche Gefühl, dass sie dabei war, alles – und in allen Lebensbereichen gleichzeitig
    – zu verlieren.

    Aber gleich darauf setzte sie sich wieder auf, begegnete dem Blick von Marge Cross und konzentrierte sich auf Morgensterns Wortschwall: präzise formulierte Spitzfindigkeiten, die einem das Hirn vernebelten.

    20
    Oregon

    Sie waren schon vor zwanzig Minuten von der unbefestigten Straße abgebogen, aber Mitch hatte noch immer nichts Spannendes entdeckt. Das Spielchen begann ihn zu ermüden.
    Er trat so scharf auf die Bremse, dass die Stoßdämpfer des alten Lieferwagens quietschten, geriet kurz ins Schleudern, würgte gleich darauf den Motor ab und machte die Tür auf.
    Mit einem Papiertuch von einer Rolle, die er zusammen mit einem Scheibenschrubber zum Entfernen von Schlammspritzern unter dem Vordersitz aufbewahrte, wischte er sich die Stirn ab. Ringsum war die Luft voller Staub, bis ihn ein verirrter Luftzug zwischen schmalen Rinnsalen verwehte.
    »Ich gebs auf«, erklärte Mitch, während er zu Eileens Wagen hinüberging und in ihr Fenster starrte. »Nach was soll ich überhaupt Ausschau halten?«
    »Gehen wir mal davon aus, dass es hier einen Fluss gibt.«
    »So wie es aussieht, gibt’s hier schon seit Jahrhunderten keinen Fluss mehr.«
    »Genauer gesagt: seit dreitausend Jahren. Gehen wir sogar noch weiter zurück. Nehmen wir mal an, dass das, was uns interessiert, mehr als zehntausend Jahre her ist.«
    »Wie viele Jahre mehr?«
    Eileen zuckte die Achseln und zog ein ,ätsch, ich sag’s dir nicht’-Gesicht.
    Mitch seufzte in Erinnerung an all die Probleme, die mit uralten Grabstätten verbunden waren.
    Eileen beobachtete seine Reaktion mit einer Erschöpfung und Traurigkeit, die er sich nicht erklären konnte. »Wo würdest du irgendein für längeren Aufenthalt vorgesehenes Lager errichten, wenn du fischen wolltest? Zum Beispiel im Herbst, wenn die Lachse springen? Ein Lager, in das du Jahr für Jahr zurückkehren könntest?«
    »Auf hartem Boden, oberhalb des Flusses, nicht allzu weit entfernt.«
    »Und was siehst du in der Umgebung?«
    Mitch sah sich das Gelände nochmals genau an. »Vor allem dunkelgrauen verfestigten Schlamm und schwach ausgeprägte Hangterrassen. Hier und da auch Lava.«
    »Ansammlungen von Asche?«
    »Ja, sieht fest aus. Ich hätte keine Lust, da zu graben.«
    »Genau. Stell dir einen Ascheregen vor, der so gewaltig ist, dass er über Hunderte von Kilometern hinweg alles unter sich begräbt.«
    »Teile einer großen Fläche aus Asche. Müssten natürlich oberhalb dieses Flussbettes liegen. Der Fluss hätte sie sonst abgetragen.«
    »Also gut, und auf welche interessanten Dinge könnte ein Archäologe in all diesem Durcheinander stoßen?«
    Er sah sie mit gerunzelter Stirn an. »Auf etwas, das von Asche eingeschlossen ist?«
    Eileen nickte ihm ermutigend zu.
    »Tiere? Menschen?«
    »Was glaubst du?« Eileen spähte durch die staubige Windschutzscheibe und wirkte trauriger und trauriger, als lasse sie eine uralte Tragödie Revue passieren.
    »Menschen natürlich«, sagte Mitch. »Ein Lager. Eine Art Fischerdorf. Das die Asche unter sich begraben hat.« Er schüttelte den Kopf und schlug sich selbstironisch gegen die Stirn: Meine Güte, bin ich schwer von Begriff.
    »Ich habs dir praktisch auf dem Silbertablett serviert«, sagte Eileen.

    Als Mitch sich nach Osten wandte, konnte er die dunklen grauweißen Schichten alter Lavaasche erkennen, die inzwischen unter drei Metern von Sedimenten begraben waren.
    Oben wuchs eine ganze Phalanx von Kiefern, die hier und da Lücken aufwies. Die Ascheschicht, die Einsprengsel und Riefungen aufwies, war offenbar mehr als einen Meter dick.
    Mitch malte sich aus, wie er zu dieser Zwischenschicht im Boden hinüberging und die Asche betastete.
    Zusammengepresst von vielen Regenzeiten, fest gehalten durch eine Decke von Schlick und Schlamm, würde sie zunächst steinhart sein, sich letztendlich aber auflösen und in Puder verwandeln, sobald er sie heftig mit der Spitzhacke bearbeitete.
    Es war ein gewaltiger Ascheregen gewesen, der hier vor langer Zeit niedergegangen war. Vor mehr als zehntausend Jahren. Er wandte den Blick wieder nach Norden, auf eine ausgewaschene Stelle im breiten, mit Schlamm und Kies bedeckten Flussbett. Der Fluss war schon vor langer Zeit

Weitere Kostenlose Bücher