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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Wüstenstadt trennten sich die drei Wagen. Durch das Heckfenster blickte Stella auf einen Punkt, der kleiner und kleiner wurde: der Wagen, in dem Celia, LaShawna und zwei der Jungen saßen. Dann drehte sie sich um und sah zu Will hinüber, der offenbar eingeschlafen war.
    In der ersten halben Stunde, vielleicht auch länger, hatte Jobeth Hayden von ihrer Tochter gesprochen – davon, wie froh sie gewesen sei, dass Bonnie nicht in dem Bus gesessen hatte, der sie nach Sandia bringen sollte, und gleichzeitig so enttäuscht, dass sie ihre Tochter nicht habe Wiedersehen und befreien können.
    Nach einer Weile hatte Stella gespürt, wie sich ihre Muskeln aufgrund der Nachwirkungen des Unfalls verkrampften. Sie hatte Jobeths Stimme einfach ausgeblendet und sich stattdessen auf den Stoß zusammengeknüllter Seiten konzentriert, die Will auf dem Sitz zwischen ihnen aufgestapelt hatte.
    Will machte die Augen auf und beugte sich vor. »Mrs.
    Hayden«, sagte er und fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen, ohne Stellas neugierigen Blick zu beachten.
    »Ja, du heißt William, stimmt’s?«
    »Will. Ich würde das hier gern bei Ihnen deponieren.« Er ließ einige zusammengeknüllte Seiten auf die Mitte der vorderen Sitzbank gleiten.
    »Das ist doch nur Müll«, erwiderte Jobeth Hayden missbilligend.

    »Ich kann das nicht hier hinten aufbewahren«, erklärte Will.
    »Ich sehe nicht ein, warum das nicht hinten bleiben kann.«
    Stella konnte sich nicht erklären, was Will damit bezweckte.
    Sie rieb sich die Nase. Die vordere Sitzbank war in volles Sonnenlicht getaucht. Will produzierte Fieberdüfte, wie sie jetzt schwach, aber deutlich wahrnehmen konnte. Es duftete nach Kakaopulver und Butter, eine solche Mischung hatte sie noch nie gerochen.
    »Darf ich?«, fragte Will.
    Jobeth Hayden schüttelte bedächtig den Kopf. Stella konnte ihre Augen im Rückspiegel sehen, sie wirkte verwirrt. »In Ordnung«, sagte sie schließlich.
    Stella griff nach einer zerknüllten Seite und roch daran.
    Sofort fuhr sie zurück und verdrängte den Trieb, gründlich daran zu schnuppern. Sie starrte Will voller Ablehnung an, denn das Taschenbuch war ein ganz bestimmtes Reservoir: Will hatte sich mit den Seiten über die Stelle hinter den Ohren gerieben, um den Duft zu speichern. Sie stieß ihn mit dem Finger an und sorgte dafür, dass ihre Wangen fragend aufflammten. Er nahm ihr das Stück Papier aus den Händen.
    »Wir wollen nicht zu der Ranch«, teilte er Mrs. Hayden mit.
    »Da fahren wir aber hin. Dort ist ein Arzt, außerdem ist es ein sicherer Ort, und ihr werdet dort erwartet.«
    »Ich kenne einen besseren Ort«, erwiderte Will. »Können Sie uns nach Kalifornien fahren?«
    »Das ist doch Quatsch.«
    »Ich versuche schon seit mehr als einem Jahr, dort hinzukommen.«
    »Wir fahren zur Ranch – und damit basta!«
    Will ließ eine weitere zusammengeknüllte Seite in den Sonnenfleck auf dem Vordersitz fallen. Inzwischen konnte Stella Wills spezielle Art der Manipulation sehr deutlich riechen. Und wie sehr sie auch dagegen ankämpfte: Was er sagte, schien nach und nach ganz vernünftig zu klingen.
    Während Mrs. Hayden weiterfuhr, fragte sich Stella, ob allzu viel Manipulation sie verwirren und von der Straße abbringen würde.
    Will bettete den Kopf in die Arme. » Uns gehts gut. Ich brauche keinen Arzt! Und ihr gehts auch gut, sie kann immer noch fahren.«
    »Wir werden in einem kleinen Ort in Arizona einen Arzt aufsuchen und danach direkt zur Ranch fahren.«
    »Der Ort liegt unmittelbar hinter der Landesgrenze«, sagte Will. »Allerdings müssen Sie ein Stück durch Nevada fahren.
    Darf ich mal die Karte sehen?«
    Mrs. Hayden blickte inzwischen sehr finster drein und begann, die zerknüllten Seiten wieder nach hinten zu verfrachten. »Das halte ich für keine gute Idee. Was treibst du da überhaupt?«
    »Ich möchte nur die Karte sehen.«
    »Na ja, ich nehme an, das ist in Ordnung, aber bitte wirf mir keinen Müll mehr herüber. Ich dachte, ihr Kinder würdet euch besser benehmen.«
    Stella fasste Will am Arm. »Hör auf«, flüsterte sie und beugte sich dabei so weit zu ihm vor, dass nur er es hören konnte.
    Will achtete nicht auf Stella und warf das Papier auf den Vordersitz zurück, genau in den Sonnenfleck, der es erwärmen und den Geruch freisetzen würde.
    »Das ist wirklich unerträglich«, sagte Mrs. Hayden, aber sie hob den Kopf und klang nicht wütend. Gleich darauf griff sie zum Handschuhfach hinüber, machte es auf und

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