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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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reichte Will die Karte eines Auto-Clubs, die Arizona und New Mexico zeigte. »Ich benutze sie nicht oft«, sagte sie. »Sie ist ziemlich alt.«

    Nachdem Will die Karte aufgeklappt und über die Knie gebreitet hatte, verfolgte er mit dem Finger die Schnellstraßen nach Norden und Westen. Stella lehnte sich in die Ecke an der Wagentür und verschränkte die Arme.
    »Du musst dich gerade hinsetzen, Liebes«, mahnte Mrs.
    Hayden. »Der Wagen hat Airbags an der Seite. Wenn du dich da anlehnst, kann es gefährlich werden.«
    Als Stella sich aufsetzte, sah Will sie an. Der Rücken tat ihr jetzt wirklich weh. Gelassen griff Will zu ihr hinüber, um ihre Hände, ihre Beine und schließlich den Rücken zu berühren.
    »Was treibt ihr da hinten?«, fragte Mrs. Hayden leicht beunruhigt.
    Als Will keine Antwort gab, ließ sie es auf sich beruhen.
    Seine Finger marschierten vorsichtig über Stellas Wirbelsäule.
    Sie drehte sich herum, damit er ihren Rücken untersuchen konnte.
    »Das wird bald vorbei sein«, erklärte Will.
    »Wie willst du das wissen?«
    »Wenn du innere Blutungen hättest oder irgendwas gebrochen wäre, würdest du anders riechen. Du hast nur einen leichten Schlag abbekommen, ich glaube nicht, dass irgendwelche Nerven verletzt sind. Einmal habe ich einen Jungen gerochen, dessen Rückgrat gebrochen war, das roch traurig, ganz schrecklich. Aber du riechst gut.«
    »Mir gefällt nicht, dass du uns vorschreibst, was wir zu tun und zu lassen haben«, bemerkte Stella.
    »Ich hör damit auf, sobald wir in Kalifornien sind.« Will wirkte nicht sonderlich zuversichtlich und roch auch nicht so, als wisse er genau, was er eigentlich wolle. Eher wie ein sehr nervöser junger Mann.
    »Ist ein schöner Tag! In North Carolina hab ich viel gelernt«, sagte Will in Doppelsprache. »Ich freu mich, dass du hier bist.
    Das war, ehe sie unser Lager niedergebrannt haben.« Stella war noch nie jemandem begegnet, der ein solcher Meister der Manipulation war. Sie fragte sich, ob dieses Talent bei ihm angeboren war oder ob er es irgendwo gelernt hatte. Darüber hinaus überlegte sie, ob sie in irgendeine gefährliche Situation geraten würden. Allerdings wollte sie Mrs. Hayden nicht –
    oder noch nicht – ins Vertrauen ziehen. Offenbar hatte die selbst schon irgendeinen Verdacht geschöpft. »Ich würde gern die Fenster aufmachen«, sagte Mrs. Hayden. »Allmählich wird’s stickig hier drinnen.«
    »Ich find’s wirklich angenehm so«, erwiderte Will, während er Stella gleichzeitig mit Unterstimme mitteilte: »Ich brauche deine Unterstützung. Möchtest du denn nicht wissen, was wir unternehmen können?«
    Stella schüttelte den Kopf und dachte an Mitch und Kaye und ohne erkennbaren Grund auch an das Haus in Virginia – den letzten Ort, an dem sie sich wirklich sicher gefühlt hatte, wenn es sich auch als Illusion erwiesen hatte.
    »Wolltest du denn noch nie weglaufen?« Wills Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
    »Es ist wirklich stickig hier drinnen«, wiederholte Mrs.
    Hayden. Will gingen allmählich die Seiten aus.
    »Hilf mir«, bat Will mit leiser, ernster Stimme.
    »Was ist das für ein Ort?«
    »Ich glaube, er liegt in den Wäldern. Gut versteckt, weit weg von den Städten. Sie haben Tiere und sind Selbstversorger! Sie bauen Hanf an und verkaufen Marihuana, damit sie Geld zum täglichen Leben haben.«
    Inzwischen war Marihuana in den meisten Bundesstaaten legal, aber es klang trotzdem so gefährlich, dass Stella plötzlich auf der Hut war. Mit dem wirren Haar, dem penetranten Geruch nach Kakao und dem Gesicht, das offenbar unglaublich viele verschiedene Ausdrücke annehmen konnte, wirkte und roch Will beängstigend. Er ist mit anderen zusammen gewesen, die ihm viel beigebracht haben. Was können sie mir beibringen – und was kann ich zur Gemeinschaft beitragen?
    »Könnte ich von dort aus meine Eltern anrufen?«
    »Sie sind nicht so wie wir! Sie würden dich zurückbringen«, wandte Will ein. »Wir müssen bei unseren eigenen Leuten leben! Du wirst erwachsen werden und erfahren, wer du wirklich bist.«
    Stella merkte, wie sich ihr Magen vor Verwirrung und Unentschlossenheit zusammenzog. Genau darüber hatte sie in der Schule nachgedacht. In der Umgebung von Menschen war es unmöglich, Deme zu bilden; stets fanden sie Möglichkeiten, einem dabei in die Quere zu kommen. Soweit sie wusste, waren Deme für die Kinder lediglich zum Üben da. Aber sie würden bald erwachsen sein und wie würden sie dann leben?
    Wie sollten

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