Die Darwin-Kinder
Wohnmobil, eine Gegensprechanlage, ein Megaphon, irgendwas?«
Flynn schüttelte den Kopf. »Wir sind noch beim Aufbauen.«
»Herrgott noch mal, sie ist allein da drin?«
Turner nickte.
»Wie lange schon?«
»Seit heute Morgen. Ich bin hineingegangen und hab versucht, sie zu untersuchen. Sie hat sich geweigert, aber ich hab ein paar Aufnahmen gemacht. Und dann gibt’s natürlich das Video. Wir sind noch dabei, die Flüssigkeit in den Abwasserrohren und die Luft zu testen, aber ich kenne mich mit den Geräten hier nicht aus und traue ihnen nicht, deshalb hab ich die Proben ins Primatenlabor gebracht. Die sind noch bei der Auswertung.«
»Weiß Jurie, dass sie krank ist?«
»Wir haben ihn angerufen.«
»Hat er irgendwelche Instruktionen gegeben?«
»Er hat gesagt, wir sollten sie in Ruhe lassen. Und niemanden hineinlassen, bis wir sicher sind, was mit ihr ist.«
»Aber Maggie ist hineingegangen?«
»Ich konnte nicht anders, sie sah so verängstigt aus.«
»Sie haben einen Schutzanzug getragen?«
»Selbstverständlich.«
Dicken schwang sein steifes Bein herum, neigte den Kopf und sog die Wangen ein, damit ihm nichts Unüberlegtes entfuhr. Innerlich tobte er.
Flynn wich seinem Blick aus. »Es ist das übliche Verfahren.
Alle Tests werden nach den Vorschriften der Sicherheitsstufe 3
durchgeführt.«
»Ja, ja, dass wir uns an die gottverdammten Vorschriften halten, ist so sicher wie das Amen in der Kirche, wie?«, sagte Dicken. »Haben Sie das Mädchen nicht wenigstens gebeten, nach draußen zu kommen, damit ein Arzt es untersuchen kann?«
»Sie will nicht herauskommen«, erwiderte Turner. »Unsere Videokameras verfolgen jeden ihrer Schritte. Sie ist im Schlafzimmer. Liegt einfach nur da.«
»Na toll«, sagte Dicken. »Und was, zum Teufel, erwarten Sie von mir?«
»Wir haben die Aufnahmen«, sagte Flynn und zog ihr Handy mit Bildschirm aus der Tasche.
»Zeigen Sies mir.«
Sie rief nacheinander fünf Fotos auf dem Schirm des Telefons auf. Dicken sah ein junges SHEVA-Mädchen mit dunkelbraunem Haar, hellblauen, gelb gesprenkelten Augen, blasser Haut, zarten Gesichtszügen, jedoch stark ausgeprägten Backenknochen. Das Mädchen wirkte wie eine verängstigte Katze. Mit seinen Augen suchte es die Winkel ab, die auf dem Foto nicht zu sehen waren. Selbst in ihrem Elend weigerte es sich, sich einschüchtern zu lassen.
Dicken konnte sagen, dass das Mädchen keine offensichtlichen Anzeichen von Shiver aufwies – keine krankhaften Veränderungen an den mageren Armen, keine gürteiförmigen scharlachroten Verfärbungen am Hals. Am Ende der Fotoserie leuchtete ein Feld auf, das direkt aufgenommene aktuelle Messwerte zeigte: Die Körpertemperatur betrug fast neununddreißig Grad.
»Ferngesteuerte Sensoren zur Messung der
Körpertemperatur?«
Flynn nickte.
»Sie sagten, sie weise eine hohe Konzentration von Viren auf.«
»Beim Einsteigen in den Transporter hat sie sich geschnitten.
Die Begleiter waren instruiert, ihr kein Blut abzunehmen, aber sie haben den Blutflecken sichergestellt und wir haben unter kontrollierten Bedingungen eine Probe entnommen. Deshalb ist der Transporter noch hier. Sie produziert HERVs.«
»Selbstverständlich, schließlich ist sie schwanger. Sie zeigt keinerlei Symptome von Shiver. Wie kommen Sie darauf, dass es Shiver ist?«
»Dr. Jurie hat gesagt, es könne sich um Shiver handeln.«
»Allerdings ist Jurie im Gegensatz zu Ihnen nicht hier.«
»Aber sie ist schwanger«, sagte Turner mit finsterem Blick, als ob das die Angelegenheit erklären würde.
»Haben Sie auf Pseudoviren getestet?«
»Wir sind immer noch bei der Analyse der Proben«, erwiderte Turner.
»Liegen schon Ergebnisse vor?«
»Nein, noch nicht.«
»Sie selbst haben ja Shiver gehabt«, sagte Flynn mürrisch.
»Sie sollten noch vorsichtiger sein als wir.« Inzwischen wirkte sie eher wütend als deprimiert. Sie fragten sich, auf welcher Seite er stehen mochte. Und er neigte halb dazu, es ihnen zu verraten.
»Ich werde nicht einmal einen Schutzanzug brauchen«, entgegnete er von oben herab, warf Flynn das Handy hinüber und ging auf das Wohnmobil zu.
»Halt!«, rief Turner mit rotem Gesicht. »Wenn Sie ohne Schutzanzug in das Wohnmobil steigen, können Sie gleich da bleiben. Wir werden… wir können Sie dann nicht mehr herauslassen.«
Dicken wandte sich um, verbeugte sich und streckte entnervt die Hände aus, um sie zu besänftigen. Es lag Arbeit vor ihm, ein Problem, das er lösen musste. Wut würde
Weitere Kostenlose Bücher