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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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dabei nicht helfen. »Dann besorgen Sie mir einen gottverdammten Schutzanzug! Und ein Telefon oder eine Gegensprechanlage.
    Sie muss mit der Außenwelt kommunizieren können. Sie muss mit jemandem reden können. Wo sind ihre Eltern – ich meine, die Mutter?«
    »Das wissen wir nicht«, erwiderte Flynn.

    Die engen Zimmer innerhalb des Wohnmobils sahen ordentlich und freudlos aus. Die Möbel im Stil einer x-beliebigen Mietwohnung – alles war in Beige oder gelb kariertem Vinyl gehalten – verliehen den Räumen eine Atmosphäre schäbiger und seelenloser Nützlichkeit. Das Mädchen hatte keine persönlichen Habseligkeiten mitgebracht und keines der ausgestopften Spielzeugtiere angerührt, die, immer noch in Plastik verpackt, auf den Regalen im winzigen Wohnzimmer aufgereiht waren.
    Dicken fragte sich, wie lange es her war, dass sie die Stofftiere besorgt hatten. Seit wann hatte Jurie geplant, SHEVA-Kinder ins Zentrum für Pathogene zu holen? Seit einem Jahr?
    In der Essecke waren zwei Stühle umgekippt. Als Dicken sich vorbeugte, um sie wieder hinzustellen, quietschte der Kunststoff seines Schutzanzugs. Trotz der Klimatisierung begann er bereits zu schwitzen. Schon seit langem hatten ihn seine Erfahrungen dazu gebracht, Schutzanzüge wirklich zu hassen.
    Während er nach weiteren Hindernissen Ausschau hielt, die seinen Schutzanzug beschädigen konnten, ging er langsam auf das Schlafzimmer im hinteren Teil des Wohnmobils zu. Er klopfte an den Türrahmen und spähte durch die halb offene Tür. Das Mädchen, das Radlerhosen, Bluse und Jeansjacke nicht ausgezogen hatte, lag rücklings auf dem Bett und starrte zur Decke. Der grüne Plastikbettüberwurf war zur Seite geschleudert.
    »Hallo?«
    Das Mädchen würdigte ihn keines Blickes. Er konnte sehen, wie die magere Brust sich hob und senkte. Die Wangen waren von Fieber oder Angst, vielleicht auch von Verzweiflung, gerötet.

    »Helen?« Durch den engen Gang neben dem Bett trat er auf sie zu und beugte sich vor, damit sie sein Gesicht sehen konnte.
    »Ich heiße Christopher Dicken.«
    Sie warf den Kopf zur Seite. »Gehen Sie weg. Sie werden sich anstecken.«
    »Das bezweifle ich, Helen. Wie fühlst du dich?«
    »Ich hasse Ihren Schutzanzug.«
    »Ich mag ihn auch nicht besonders.«
    »Lassen Sie mich in Ruhe.«
    Dicken richtete sich auf und verschränkte mit einiger Mühe die Arme. Der Schutzanzug raschelte und quietschte so laut, dass er sich wie eines der von Plastik umhüllten Stofftiere vorkam.
    »Sag mir, wie du dich fühlst.«
    »Ich würde gern kotzen.«
    »Hast du dich übergeben müssen?«
    »Nein.«
    »Das ist ein gutes Zeichen.«
    »Ich versuch’s aber weiter.« Das Mädchen setzte sich im Bett auf. »Sie sollten Angst vor mir haben. Meine Mutter hat mir aufgetragen, das zu jedem zu sagen, der mich anzufassen oder zu kidnappen versucht. Nutze das, was du hast, hat sie gesagt.«
    »Du machst die Leute aber gar nicht krank, Helen.«
    »Ich wünschte, ich könnte es. Ich möchte ihn krank sehen.«
    Dicken, der sich gar nicht recht ausmalen konnte, wie groß ihr Kummer und ihre Verzweiflung waren, fühlte sich nicht wohl dabei, weiter zu sondieren. »Ich will nicht sagen, dass ich das verstehe, ich versteh’s nämlich nicht.«
    »Hören Sie auf zu reden, gehen Sie weg.«
    »Einverstanden, wir werden nicht darüber reden. Aber wir müssen darüber reden, wie du dich fühlst, und ich würde dich gern untersuchen. Ich bin Arzt.«

    »Das war er auch«, schnappte sie und wälzte sich auf die Seite. Immer noch weigerte sie sich, Dicken anzusehen. Ihre Augen wurden schmal. »Meine Muskeln tun mir weh. Werde ich sterben?«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Es wäre aber besser.«
    »Bitte, sag so was nicht. Wenn sich irgendetwas verbessern soll, muss ich dich untersuchen. Ich verspreche, dass ich dir nicht wehtun werde oder sonst was mache, das dir unangenehm ist.«
    »Ich bin es gewöhnt, Blut abgenommen zu kriegen. Wenn wir uns dagegen wehren, binden die uns fest.« Sie fixierte sein Gesicht unter der Schutzhaube. »Sie klingen so, als hätten Sie schon vielen Menschen geholfen.«
    »Recht vielen, ja. Manche waren sehr, sehr krank und sind wieder gesund geworden.«
    »Und manche sind gestorben.«
    »Ja, manche schon.«
    »Ich fühl mich eigentlich gar nicht so krank. Bis auf den Brechreiz.«
    »Das könnte an deinem Baby liegen.«
    Das Mädchen riss den Mund auf und wurde blass. »Ich bin schwanger?«
    Dicken drehte sich plötzlich der Magen um. »Hat man dir das nicht

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