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Die Delegation

Die Delegation

Titel: Die Delegation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Erler
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ich fliege weiter nach Toronto!«
    »In welchem Hotel?«
    »Ich weiß noch nicht. Ein Vertreter der Swiss-Air erwartet uns dort. Der hat die Zimmer gebucht!«
    Der Beamte blätterte weiter in meinem Paß, im Impfzeugnis, betrachtete lange die Einreisekarte. Ein Südfranzose, schmal, zierlich, schwarzhaarig mit gepflegtem Schnurrbärtchen, er sprach das Englisch der Franco-Kanadier: »In welchem Hotel wohnen Sie in Toronto?«
    Ich wußte es wirklich noch nicht. Wir hatten uns auf die zahlreichen Schalter des Immigration Office verteilt, Charly und Henry waren längst abgefertigt, auch Thust winkte mir schon von der anderen Seite her zu, und Ernstl Schmid brachte gerade seine sieben Worte Englisch an, mit denen er anstandslos und ohne Probleme die Welt bereist.
    Nur ich hing fest; weiß Gott, was der Mann gegen mich hatte: »In welchem Hotel…«
    Ruhig bleiben. Ich erklärte es ihm nochmals und langsam. Vielleicht verstand er mein Englisch nicht so recht. Aber mein Französisch nahm er mir übel, nahm es nicht zur Kenntnis, überhörte es einfach: »In welchem Hotel…?«
    Er hatte begriffen, daß ich Mitglied einer Gruppe war, die nicht die Absicht hatte, in Kanada einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Arbeitserlaubnis hatten wir nicht, da bestand auch keine Aussicht, die Gewerkschaften sichern sich gründlich ab; kanadische Filmschaffende haben es schwer, sie brauchen keinerlei Zugang aus Europa, der Markt ist gesättigt. So reisten wir als Touristen, als Geschäftsleute auf großer Fahrt. Ob und wann wir filmen würden, das war völlig offen, und wenn, dann natürlich nur als Hobby, nicht aus Profession…
    Der Stapel unserer Aluminiumkoffer mit den Apparaturen glänzte verräterisch an der Zollbarriere.
    »Also – ich muß diese Angaben haben: in welchem Hotel wohnen Sie in Toronto? Er war nicht unfreundlich, nur stur.
    Er verlangte mein Flugticket und notierte die Zielorte: Toronto – New York – Washington – Atlanta – Miami – Puerto Rico – Los Angeles – Caracas – Bogota – Lima… Ein Kollege kam herüber, fragte etwas auf französisch. Gott sei Dank.« Er wandte sich wieder an mich und lächelte: »In welchem Hotel?«
    Ich sagte: »Im Hilton.« Er schüttelte den Kopf und machte andere Vorschläge: »Plaza, Windsor Arms…?« Wir begannen zu handeln.
    Er wollte mein Geld sehen, zählte nach, auch die Schecks, die Kredit-Karten von American Express und Diners Club. Die beiden begannen zu rechnen. Reicht diese Summe für die lange Reise? Es kamen ihnen Zweifel. Ein Vorgesetzter wurde geholt. Die Herren besprachen sich.
    Ich kontrollierte meinen Anzug, alle Knöpfe waren zu, nichts Verdächtiges zu bemerken. Ich fuhr mir über das Gesicht, über die Haare. Es war heiß hier in Montreal, trotz der rauschenden Klimaanlagen. »Wie lange bleiben Sie in Kanada?«
    »Etwa drei Wochen.«
    »Was machen Sie hier? Was wollen Sie in diesem Land?« Stand ich im Fahndungsbuch?
    »Ich bin eingeladen: In allen Zeitungen liest man bei uns eine regelmäßig erscheinende Annonce: Besucht Kanada! Deshalb bin ich hier. Ich will das Land sehen!«
    »Nothing else? Und sonst nichts…?«
    »Doch, mit Leuten reden, mit Kanadiern! Es heißt bei uns allgemein, niemand sei gastfreundlicher als die Kanadier!«
    Das überzeugte ihn.
    »Okay!« – Unterschrift – Stempel – ein Datum wurde eingetragen:
    »Sie bekommen eine Aufenthaltsbewilligung für zehn Tage!«
    »Ich brauche drei Wochen!«
    »Zehn Tage sind genug. Wenn es nicht reicht, können Sie das Papier verlängern lassen. In jeder größeren Stadt gibt es ein Immigration Office, Sie werden es finden! Zehn Tage also!«
    »Okay!«
    Noch ein Stempel, noch eine Unterschrift, Gemurmel, Getuschel. Ein Feld war noch offen: »Noch eine Frage, Sir: In welchem Hotel…?« Da nahm ich aus meiner Brieftasche vier abgegriffene Fotografien, Format sechs mal sechs; die Bilder aus dem Apparat der Lehrerin. Die zeigte ich den drei uniformierten Figuren hinter dem Tresen:
    »Hier, sehen Sie! Diese Bilder zeigen Wesen von einem anderen Planeten. Eine Delegation. Die kam hierher, lichtjahreweit, landete in Kanada, bei Sudbury, mit drei UFOs, Sie haben sicher davon gehört. Das sind Freunde von mir. Die sind angekommen, die sind wieder abgereist, die haben sich nicht bei Ihnen registrieren lassen, haben sich auch nicht abgemeldet, haben kein Ticket vorlegen müssen und kein Bargeld. Und auch nach ihrem Hotel wurden diese Leute nicht weiter gefragt.«
    Die Bilder gingen von Hand zu Hand.

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