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Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande (German Edition)

Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande (German Edition)

Titel: Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gernot Gricksch
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Klamotten – die meisten davon dreckig. Anoraks, Schuhe, Latzhosen, Strümpfe und Mützen – Berge von Textilien türmte sich, als würde sie gleich jemand auf den Lastwagen der Altkleidersammlung schaufeln. Dille, der die hysterisch schreiende und zappelnde Lucy auf dem Arm trug und dem ebenfalls unermüdlich brüllenden Florian im Zehnsekundentakt ins Kinderzimmer zurief, dass Papa gleich zu ihm kommen werde, rollte nur mit den Augen, als er uns sah. Selbst die Tatsache, dass ausgerechnet ich zusammen mit Susann erschien, entlockte ihm nur für den Bruchteil einer Sekunde einen Blick des Erstaunens. Für Dille gab es gerade gravierendere Dinge, denen er seine Aufmerksamkeit schenken musste. Hilflos verzog er das Gesicht zu einer Grimasse und piepste dann: »Hilfe!« Susann und ich sahen uns an – und nach einer gemeinsamen Schrecksekunde lachten wir schallend los! Dille stieg inzwischen mit seiner wild strampelnden Heulboje über die Klamotten-Nordwand und begab sich ins Wohnzimmer zum Mount Müll: Der komplette Inhalt einer Monopoly -Schachtel, Dutzende von Doppelkopfkarten, etliche zerknitterte, beschmierte, voll geschriebene Zettel, aufgeschlagene Bilder- und Malbücher, Langspielplatten vom Schatz im Silbersee , Hui Buh und Zwerg Nase bedeckten hier den Boden und legten Zeugnis von Dilles verzweifelten und offenkundig vergeblichen Versuchen ab, seine drei Kinder durch Entertainment zu bändigen.
    In der Ecke auf dem Boden saß ein seelenruhiger Jan und spielte auf dem Fernseher eine Partie Pong – jenes hypermoderne Telespiel, bei dem man mit zwei Strichen einen Punkt hin- und herschlagen musste. Jedes Mal, wenn der Punkt einen der Paddel berührte, machte es Pong . Und zwar so laut, dass es sogar mit Lucy, deren Stimmvolumen ohne zusätzliche Verstärkung die Opernarena von Verona hätte ausfüllen können, mithielt. »Mach das leiser!«, brüllte Dille seinen Sohn an. Doch der hörte natürlich nichts. Nichts, außer die Hochdrucksirene Lucy und ein regelmäßiges, ohrenbetäubendes Pong, Pong, Pong !
    Das Einschlagszentrum der Bombe befand sich in der Küche! Etliche Hühner hatten wohl bei der Detonation ihr Leben verloren, denn auf dem Tisch und teilweise auch auf dem Boden türmten sich Hähnchenknochen, teilweise notdürftig in Wienerwald -Thermotüten gestopft, teilweise einfach in ihrem eigenen Glibber liegend. Zwei Pizzaränder auf der Anrichte erwiesen sich durch einen Drucktest meinerseits als etwa zwei Tage alt, und die Reste der Käsenudeln, die im Topf auf der Spüle standen, waren mit kleinen grünen Flecken bedeckt, die sich bei einer näheren Untersuchung sicher nicht als Kräuter erweisen würden. Der Herd war rund um die Kochplatten schwarz verrußt und an allen anderen Stellen von verbrannten Gewürzen, verkohltem Fett und einer stolzen Zahl von Saucenspritzern besudelt. Den Backofen zu öffnen, traute ich mich gar nicht erst.
    Ich hob widerwillig und nur mit zwei Fingern einen Hühnerknochen an, steckte ihn in eine Wienerwald -Tüte und öffnete die Tür unter der Spüle, hinter der ich den Mülleimer vermutete. Ich vermutete richtig: Drei randvolle Plastiktüten mit Essensresten und vollgepissten Windeln fielen mir entgegen und ergossen ihren Inhalt über meine Schuhe.
    »Ich wusste gar nicht, dass die Zwillinge nachts noch Windeln um bekommen«, sagte die erstaunlich gelassene Susann, die von mir unbemerkt in die Küche getreten war.
    »So schlimm hat’s nicht mal damals in meiner WG ausgesehen!«, behauptete ich.
    Susann sah mich nur an, die linke Augenbraue geringfügig angehoben. »Okay«, gestand ich. »Aber nur nach Feten!«
    Susann grinste: »Ich habe Dille gesagt, er soll die Kleinen anziehen und mit ihnen spazieren gehen. Wir machen inzwischen sauber.«
    »Was ist denn mit Petra?«, fragte ich.
    »Die ist in Portugal«, lachte Susann.
    Bevor ich nachfragen konnte, was Dilles Frau denn im sonnigen Süden täte, während ihr Zuhause in Schutt und Asche fiel, war Susann schon wieder verschwunden.
    Ich ging in den Flur, wo Dille gerade Florian die Schuhe anzog. Wie durch ein Wunder (aber vielleicht lag es auch an den Lollis, die Dilbert ihnen in die Kreischluken gestopft hatte) waren seine beiden Kinder gerade still.
    »Ich kann nicht aufräumen! Ständig wollen die Kinder etwas! Es sind Schulferien! Der Kindergarten ist zu! Die sind die ganze Zeit hier! Alle drei! Und sie schreien ständig! Sogar nachts! Die wollen ihre Mama! Und etwas essen! Und trinken! Und ständig

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