Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande (German Edition)
Nur ganz leicht griff er zu, ein kleiner Reflex, um sie aufzuhalten. Doch Petra drehte sich blitzschnell um und schlug ihm mit der Faust frontal und mit ungebremster Wucht ins Gesicht! Man hörte ein leises Knacken und dann ein schmerzverzerrtes Aufheulen. Der Mann hielt sich beide Hände vors Gesicht, aus dem nun beträchtliche Mengen an Blut schossen. »Sie hat mir die Nase gebrochen!«, schrie er.
»Der hat mich angetatscht, das Schwein!«, schrie Petra, als sie sah, dass sich einige Gäste von der Bar und den anderen Liegestühlen näherten.
»Ich wollte …«, winselte der Mann, »…doch nur wissen, wie … wie der Cocktail heißt, den sie trinkt. Weil meine Frau fand, dass der … so lecker aussieht.«
»Schwachsinn!«, motzte Petra. Doch dann sah sie eine kleine dralle Frau heranstürmen, die sich besorgt auf den winselnden Mann stürzte: »Nimm mal die Hand weg, Hasi. Lass mich mal schauen …«
Die Dame – offensichtlich Frau Schmiermann – funkelte Petra mit wütenden Augen an: »Sie Flittchen! Sie Biest! Sie werden von unserem Anwalt hören!«
»Ihr geiler Bock von Ehemann hat mich angegrabscht!«, behauptete Petra. Aber es klang nicht mehr sehr überzeugend. Unter den stechenden Blicken der anderen Gäste, deren weiblicher Teil eine unverhohlene Schadenfreude an den Tag legte, schlich Petra in ihr Zimmer. Sie fing unverzüglich an, die Koffer zu packen. Sie wollte nach Haus! In ihre schöne, gemütliche Wohnung, zu ihrem liebevollen Gatten und den süßen Kindern!
* * *
Ich schrubbte mit der rauen Seite des Schwamms an den festgetrockneten Spritzern in der Kloschüssel herum, während Susann eindrucksvoll bewies, dass nur drei Monate Referendariat gereicht hatten, um sie in den Augen von Kindern zur Respektsperson zu machen: Zehn Sekunden, nachdem sie das Wohnzimmer betreten hatte, schwand das ohrenbetäubende Pong! – Pong! – Pong! zu einem harmlosen, kaum wahrnehmbaren Hintergrundgeräusch.
»Danke, Jan«, hörte ich Susann sagen.
Während ich die Sanitätskeramik mit solcher Vehemenz bearbeitete, dass ich für den nächsten Tag mit einem Muskelkater rechnete, summte ich demonstrativ ein Lied, um Gelassenheit zu beweisen. Ich hatte mich freiwillig auf die Reinigung des Klos gestürzt, um Susann zu beeindrucken. Wenn es etwas gibt, was ich über Frauen wusste, war es nämlich dies: Männer, die nicht zu den schönsten Exemplaren ihrer Gattung zählten, können dieses Manko recht gut dadurch wettmachen, dass sie im Sitzen pinkeln, regelmäßig ungefragt Klos und Backöfen schrubben, bei Gesprächen mehr zuhören als reden und sich farblich aufeinander abgestimmte Klamotten anziehen. Übrigens: Ich trug an diesem Tag ein Paar frisch geputzte Halbschuhe!
Ja, ich war fest entschlossen, vor Susann zu glänzen! Ich wollte glänzen, wie die mittlerweile nicht mehr bekackte Kloschüssel, die ich nun mit einer Überdosis Ata bestreute. Ehrlich: Funkelnder konnten auch die Scheißhäuser im Buckingham Palace nicht aussehen!
»Okay, das reicht«, sagte Susann, als sie mir über die Schulter sah. »Knöpf dir jetzt am besten den Backofen vor!«
Verdammt, das wollte ich doch ungefragt machen!
Susann trug aus allen Ecken der Wohnung Wäsche zusammen, bildete aus ihnen verschiedene Stapel, die sie dann nacheinander in die Waschmaschine füllte. Ich widmete mich nach Backofen und Herd dem Linoleumfußboden der Küche, der nach nur vier Tagen herumspritzenden Biskins (nur noch drei Tage haltbar, für Bolle -Mitarbeiter zweifelsohne umsonst) und zu Boden geplumpsten Wienerwald -Abfällen so glitschig war, dass man darauf die Europameisterschaften im Curling hätte austragen können. Susann saugte die Teppichböden. Bereits nach Flur und Wohnzimmer musste sie den Staubsaugerbeutel wechseln.
Als ich die dritte Ladung Mülltüten hinunter zu den Containern schleppte, kam mir Dille mit seinen Knirpsen im Treppenhaus entgegen. »Wir sind fertig«, sagte ich. » Fix und fertig.«
»Ich weiß gar nicht, wie ich euch danken soll!«, sagte Dille und raffte sich, was eigentlich gar nicht seine Art war, zu einer Umarmung auf.
»Gern geschehen«, sagte ich. »Pass nur auf, dass die Wohnung nicht wieder verwahrlost, bis Petra nach Hause kommt.«
»Noch vier Tage«, stöhnte Dille. »Ich hoffe, die krieg ich etwas würdevoller über die Runden!«
»Wird schon glatt gehen«, prophezeite ich optimistisch.
Nun erschien auch Susann, die unsere Stimmen gehört hatte. Sie hatte sich schnell ihre Jacke
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