Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande (German Edition)
ihr sagen würde, dass er sie liebte. Dass er das Bedürfnis hätte, sich zu vergewissern, dass sie noch eine Einheit waren. Trotz aller Streitereien. Petra erwartete keine großen Liebesschwüre, keine Romantik, keine Rosen und keinen Kerzenschein. Mit dieser Rosamunde-Pilcher-Kacke konnte man ihr getrost gestohlen bleiben. Petra war eine pragmatische Frau. Doch auch die brauchen die Gewissheit geliebt, zu werden. Ein paar simple Worte, kleine Gesten, eine vernünftige Dosis Aufmerksamkeit.
Aber Dille hatte einfach die Wohnung verlassen und war erst Stunden später wieder aufgetaucht. Sie hatte nicht gefragt, wo er gewesen war. Und er hatte es ihr nicht gesagt. Er hatte das Video aus dem Rekorder geholt, war damit in Jans Zimmer gegangen und hatte es ihm wieder gegeben.
»Du hast ein Recht, deine Meinung zu sagen«, hatte er seinem Sohn erklärt. »Aber ich verstehe nicht, warum du es in dieser schwachsinnigen Fernsehsendung getan hast.« Das war alles, was er dazu gesagt hatte.
Über eine Woche war seitdem vergangen, doch nicht ein Mal, kein einziges Mal hatte er auch nur eine Andeutung gemacht, dass er über die zweifelsohne vorhandene Krise reden wollte. Und auch Petra sagte nichts dazu. Sie wusste nicht, wieso sie es nicht tat. Sie tat es einfach nicht. Sie war sich unsicher, welche Worte passend wären. Und vielleicht ging es ihm genauso.
Vielleicht.
Petra hatte jedoch bemerkt, dass ihr Mann durchaus sein Verhalten änderte. Teils zum Positiven, denn er staubsaugte nun plötzlich unaufgefordert, kochte eines Abends sogar mal Miracoli , putzte am Sonntag völlig unvermutet die Wohnzimmerfenster, was sehr edel war, aber nicht besonders effektiv, weil er dafür Geschirrspülmittel benutzte, Unmengen von Geschirrspülmittel, die beeindruckende Schlieren auf dem Glas hinterließen.
Teils änderte sich sein Verhalten aber auch zum Negativen. Zum sehr Negativen! Denn seit genau acht Tagen hatte er sie schon nicht mehr berührt! Nicht nur, dass sie seit acht Tagen keinen Sex mehr hatten – das war nichts Besonderes –, nein, er küsste sie morgens nach dem Aufstehen und abends beim Zubettgehen nicht mehr. Er kraulte ihr nicht mehr wie früher manchmal gedankenverloren die Füße beim Fernsehen. Er vermied buchstäblich jeden physischen Kontakt.
Und sie wusste nicht, wieso!
Hatte er Angst vor ihr bekommen?
Oder wollte er sie langsam entwöhnen?
Tat sie etwas dagegen? Nein. Berührte sie ihn? Nein. Irgendwann würde es nicht mehr möglich sein herauszufinden, wer überhaupt mit der Distanzierung begonnen hatte. Mehrmals am Tag sagte sich Petra, sie müsse über ihren Schatten springen, ihn umarmen, ihn küssen, ihn zum Reden bringen. Doch sie konnte es nicht! Und wer weiß: Vielleicht ging es ihm ja genauso. Vielleicht trieben sie voneinander ab, weil keiner sich die Blöße einer ersten Bewegung geben wollte.
Es war verrückt!
Aber es schien nicht zu ändern zu sein.
* * *
Ich sah Susann erwartungsvoll an, als sie aus dem Klo kam. Doch sie verzog resigniert das Gesicht. Ich kannte diesen Ausdruck. Ich kannte ihn seit zwei Jahren. Er hieß: Ich habe meine Tage bekommen! Selbst die Elitesoldaten meiner antriebsarmen Samenarmee vermochten es also nicht, den Feind zu überrumpeln. Nicht mal dann, wenn man sie direkt am Hügel, den es zu erstürmen galt, absetzte und sie bloß noch ein paar lausige Millimeter zurückzulegen hatten. Susanns innere Organe hatten also mal wieder völlig umsonst ihren komplexen Zyklus vollführt.
Obwohl ich es selbst nicht glaubte, sagte ich zu Susann: »War ja erst der erste Versuch. Vielleicht brauchst du eine andere Hormondosierung. Wir schaffen das schon!«
Susann seufzte. »Es sind noch keine Blutungen«, sagte sie. »Aber ich habe schon dieses Ziehen im Unterleib. Damit fängt die Periode immer an.«
Ich küsste sie. Mehr gab es nicht zu tun.
Ich betrachtete meine Freundin: Sie sah wieder hinreißend aus! Ein langer, dunkelbrauner Rock, eine rostrote Bluse. Ihr Haar, das sie mittlerweile ziemlich lang trug, hatte sie geschickt und überaus dekorativ hochgesteckt. Ich schnüffelte an ihr wie ein Jagdhund, und sie musste kichern, weil ich sie mit der Nase absichtlich am Hals kitzelte.
»Oh, là, là«, schwelgte ich mit affektiertem französischem Akzent, »Ein ’auch von Vetiver , isch bin fürschterlisch errägt, Madame!«
Susann lachte und stupste mich. »Blödmann!«
Ich verneigte mich: »Zu Ihrän Diensten!« Dann, mit normaler Stimme, fügte ich an: »Im
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