Die Depressionsfalle
strömt, öffnet sich die Tür zum Badezimmer und es kommt die kleine Tochter der Therapeutin auf allen Vieren in den Raum. Hinter ihr kommt die Therapeutin. Sie behält ihre Souveränität, nimmt Blickkontakt zu Elisabeth auf und beruhigt ungemein behutsam das Kind: âEs ist alles in Ordnung.â
Diese Darstellung vermittelt einen bewegenden Eindruck von der Wirksamkeit von Freuds genialer Entdeckung der Bedeutung der Ãbertragung: Das verstörte Kind, das Elizabeth einmal war und das immer noch seine Bedürfnisse äuÃert, kann sich mit dem kleinen Kind identifizieren, die beruhigenden Worte gelten für die kleine Tochter ebenso wie für Elizabeth, in der sich das Vertrauen entwickeln kann, das die Grundlage für die Offenheit für therapeutische Beeinflussung ist.
Empowerment
Wir haben in unserer Einleitung die Meinung vertreten, dass eine Veränderung des aktuellen Zustands einer Verbesserung des Wissensniveaus, einer Stärkung der Kritikfähigkeit und einer Förderung der Durchsetzungskraft bedarf; dieses Set von Fähigkeiten verstehen wir als Empowerment.
Soll Empowerment wirksam werden, muss es als umfassendes Prinzip verstanden und auf mehreren Ebenen umgesetzt werden. Da sich die Behandlung von Krankheiten im intimen Raum zwischen Arzt und Patient abspielt, müssen beide Partner am Behandlungsprozess in gleicher Weise in diesen Fähigkeiten bestärkt werden. Des Weiteren sollten NGOs, Patientenvertreter und Selbsthilfegruppen erfasst werden.
Empowerment der Ãrzte
Die Ãrzte sind im Allgemeinen nicht darin ausgebildet, kritisch auf die vielen Einflüsse zu reagieren, denen man ausgesetzt ist. In ihrer Ausbildung werden sie z.B. weder darüber informiert, wie man mit epidemiologischen Daten umgehen soll, noch auch auf welche und auf wie vielfältige Weise die Pharmaindustrie auf die Ausrichtung der klinischen Medizin und auf die praktische ärztliche Tätigkeit einwirkt. Ãber solche Inhalte werden sie weder im Studium noch in der praktischen Ausbildung noch in der Fort- und Weiterbildung informiert. Aus der Ãberlegung heraus, dass man über das Problem der Gutgläubigkeit gegenüber der Industrie frühzeitig Bescheid wissen sollte und auch bereits frühzeitig Modelle für wirksame GegenmaÃnahmen kennen lernen sollte, wurde an der Berliner Charité ein modellhaftes Seminar eingerichtet, das sich genau das zum Ziel setzt. âAdvert retardâ, zu Deutsch âLanganhaltende Werbungâ, heiÃt das Wahlpflichtfach. Einerseits sollen Studenten in dieser Veranstaltung lernen, wo sie dem Einfluss der Pharmaindustrie ausgesetzt sind und wie sie damit umgehen können. Die Studenten werden z.B. ermuntert, kritisch nachzufragen, etwa auch dann, wenn Professoren in Vorlesungen Handelsnamen anstelle des Wirkstoffs nennen. Zumanderen wird auch ein Wochenendseminar für Ãrzte angeboten, das über effiziente Strategien informiert, wie man schnell und zuverlässig unabhängige Informationen für rationale Arzneimitteltherapie erhalten kann und wie man Desinformation zu Nutzen und Sicherheit von neuen Wirkstoffen erkennen kann. Das Seminar strebt an, den Ãrzten selbstbewussteren Umgang bei Kontakten mit der Industrie zu vermitteln und informiert über Art und Ausmaà industrieller Einflüsse auf ärztliche Entscheidungen.
In einem typischen Seminar wird in das Thema eingeführt und es werden Vorträge zu den einzelnen Problemen gehalten. Dabei werden folgende Inhalte angeboten:
⢠Wie funktioniert Werbung für Arzneimittel?
⢠Verraten & verkauft? Umgang mit Interessenkonflikten;
⢠Zahlen können lügen!
⢠Patientenverbände und Selbsthilfegruppen im Visier;
⢠Dich krieg ich. Vom Umgang mit Pharmavertretern;
⢠Gewusst wo â unabhängige Quellen;
⢠Ãrztliche Verantwortung gegenüber Patienten. Die Sicht der Arzneimittelkommission der deutschen Ãrzteschaft & Transparency International.
Das Berliner Modell macht Schule. Andere deutsche Hochschulen sind ebenfalls daran interessiert, solche Kurse anzubieten, manchmal geht die Initiative von Studenten aus. Diskussionen über die Einführung finden in Aachen, Leipzig, Heidelberg und Hannover statt, wobei sich die Umsetzung der Ideen als schwierig erweist. Hochschulen wollen nicht industriefeindlich erscheinen und fürchten, dass dann das Sponsoring ausbleibt. Dadurch wird es kaum
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