die Detektivin in Jeans
du nichts
machen. Wenn sie zahlen...!“
Mischa fuhr mit einem Freund
zwischen dem Autopulk auf die Ampel zu. Er besuchte ebenfalls die
Gutenberg-Schule, war allerdings eine Klasse höher. Er blickte auf dem Moped
zurück, als er halten mußte, weil die Ampel auf Gelb umsprang.
Ausgerechnet! dachte Sandra.
Immer traf er sie mit Joschi an. Doch wann war sie einmal nicht mit Joschi
zusammen? Außer in den Unterrichtspausen, wo die Mädchen und Jungen gewöhnlich
getrennte Gruppen bildeten.
Ich muß Mischa darüber
aufklären, daß das nichts zu bedeuten hat, damit er nicht denkt, ich gehe mit
Joschi, beschloß Sandra. Doch sie versagte es sich, zu ihm hinüberzublicken, um
Joschi nicht erneut zu verärgern.
Die Frage, wie sie später, wenn
sie mit Mischa einig geworden war, diese Freundschaft vor Joschi verheimlichen
könnte, schob sie zunächst einmal von sich. Denn seltsamerweise mochte sie
Joschi nicht verlieren. Sie wollte beide behalten: Joschi als Freund, auf den
sie in Notzeiten bauen konnte. Und Mischa als Freund Nummer eins, mit dem sie
ins Kino gehen würde und so. Sie hatte allerdings den leisen Verdacht, daß die
Jungen mit dieser Regelung nicht einverstanden wären. Jungen benahmen sich
darin komisch. Nun, man würde sehen.
Jungen und Mädchen aus Sandras
Klasse wechselten während der Grünphase für Fußgänger die Straßenseite und
kamen auf sie zu. Die Gutenberg-Schule befand sich in der nächsten Querstraße.
„Brauchst du mein Heft?“ fragte
Joschi. Es bedurfte für beide keiner Erläuterung, welches Heft gemeint war.
„Hast du alle Lösungen?“ fragte
Sandra glücklich.
Joschi nickte. „Ob sie richtig
sind, weiß ich nicht.“
Sie waren bestimmt alle
richtig. Sandra wäre bereit gewesen, darauf zu schwören.
Sie blieben vor einem
Textilgeschäft stehen, wandten sich der Auslage zu, und Joschi zog aus seinem
Bücherpacken das Matheheft hervor.
Sandra verstaute es rasch
zwischen ihren eigenen Schulsachen. „Du, meine Mutter backt Reibekuchen. Sollst
mitkommen“, sagte sie.
Joschi strahlte.
Hübsch ist er ja, der Joschi,
da gibt‚s nichts, stellte Sandra wieder einmal fest. Er hatte ein nettes,
offenes Gesicht, schöne graue Augen und ein echt sympathisches Lachen. Astrid,
die im Haus neben Willis Kneipe wohnte und aufs Gymnasium ging, war ganz wild
auf den Joschi. Die eingebildete Ziege! Aber sie kannte ihn auch nicht so gut,
wie Sandra Joschi kannte. Wenn er nur nicht so langweilig wäre!
Doch damit tat sie Joschi
unrecht. Was Sandra für langweilig hielt, war in Wahrheit nichts anderes als
Joschis Schüchternheit. Sie ließ ihn in Sandras Gegenwart verstummen.
Früher war Joschi nie
langweilig erschienen. Sandra hatte offensichtlich vergessen, wie ihre Clique,
von Joschi angeführt, die Hinterhöfe unsicher machte; wie sie die Anwohner mit
ihrem Indianergeheul nervten und ihre Eltern mit ihren Schornsteinfegerspielen
auf den Dächern fast in Nervenzusammenbrüche trieben. Sie waren der Schrecken
der Landwehrstraße. Später wurden sie die Plage des Stadtparks, in dem sie die
Parkwächter verzweifeln ließen, wenn sie auf ihren Fahrrädern immerzu übermütig
um sie herumkurvten. — Wo das Fahrradfahren erstens im Stadtpark verboten war,
und es sich zweitens nicht gehörte, Parkwächter zu umkreisen, wie der
Schuldirektor ihnen vorhielt, bei dem die geplagten Ordnungshüter sich
beschwerten.
Erst seit Joschi entdeckt
hatte, daß er Sandra liebte, benahm er sich unnormal.
Natürlich hätte Sandra es albern
gefunden, wenn Joschi sie jetzt noch zu Indianerspielen aufgefordert hätte.
Diesem Alter und allen anderen Streichen fühlte Sandra sich längst entwachsen.
Doch daß er sie ständig mit
großen fragenden Glupschaugen ansah, sobald er mit ihr allein war, nahm sie ihm
übel. (Die gleichen Glupschaugen zeigte Sandra übrigens selber, wenn sie Mischa
begegnete. Doch das wußte sie nicht.)
Sie schien auch vergessen zu
haben, daß sie Joschi bei dem unbeholfenen Versuch, sie zu küssen, eine
runtergehauen hatte.
Joschi hingegen erinnerte sich
nur zu gut daran. Er liebte Sandra nach wie vor. Doch er war vor sich selbst
auf der Hut. Daß Sandra sich für Mischa interessierte, war ihm nicht entgangen.
Und es machte Joschi nicht gerade fröhlich, daß Sandra einen anderen bevorzugte.
Doch sie brauchte ihn. Sie brauchte seine Hilfe bei den Matheaufgaben, von
denen sie nichts verstand, nie etwas verstanden hatte. Und solange er ihr
dadurch unentbehrlich war, brauchte er Mischa
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