die Detektivin in Jeans
herrschen katastrophale
Zustände. Viele Familienväter trinken. Von manchen auch die Frauen. Und dann
gibt es Schlägereien und schlimme Szenen. Dauernd fährt die Polizei hier herum.
Das haben wir früher nicht gekannt. Die Kinder können einem leid tun. Die haben
kaum eine Chance, daß sie einmal anders werden. Da heißt es früh: raus und Geld
verdienen. Wie die Verrückten rasen sie auf ihren Motorrädern durch die Straße.
Die reagieren ihre Aggressionen ab, sagte mein Mann immer. Na ja, wenn‚s dabei
bliebe...!“
„Was machen die Bengel denn
beruflich?“
Die Frau zuckte die Schultern.
„Das weiß niemand so recht. Den Eltern ist es egal, wo das Geld herkommt.
Hauptsache, es wird genügend zu Hause abgegeben. Einer von den Gerolds, der
hätte es fast geschafft. Ein netter, sympathischer Junge war das. Auf vier
Jahre hatte er sich bei der Bundeswehr verpflichtet. Sauber und adrett sah er
aus, wenn er mal nach Hause kam. Aber dann hat er krumme Dinger gedreht und ist
unehrenhaft aus der Bundeswehr entlassen worden.“
Florian Seibold hob
interessiert die Augenbrauen. „Was hat er denn angestellt?“
„Gestohlen soll er haben. Die
Polizei hat das ganze Haus auf den Kopf gestellt. Aber gefunden haben sie nur
ein paar leere Benzinkanister. Es soll aber viel mehr gestohlen worden sein.
Auch eine Waffe...“
„Eine Pistole?“ warf Florian
Seibold atemlos ein.
„Das weiß ich nicht. Möglich
wär‚s. Ein Gewehr ist ja auch schwerer abzusetzen. Aber was es auch war, die
Waffe blieb verschwunden. Der Bruder, das ist ein ganz ausgekochter Bursche,
der wird die Waffe rechtzeitig beiseite geschafft haben. Überhaupt, seit der
wieder hier ist, kann man sich am Abend kaum noch auf die Straße trauen.“
„Wieso? Wo war er denn?“
„Er hat eine Jugendstrafe
abgesessen wegen Raubüberfall auf eine Tankstelle. Und das war nicht sein
erstes Ding, das er gedreht hat. Seit einem halben Jahr ist er wieder draußen.
Jetzt hängt er dauernd mit den Hofelsmädchen und dem ältesten Siebertjungen
zusammen. Vorher schien der Siebertjunge ganz ordentlich zu sein. Frech war er
natürlich wie alle anderen. Aber das scheint heute ja an der Tagesordnung zu
sein. Die Kinder haben keinen Respekt mehr. Aber der Markus arbeitete ganz
ordentlich in der Bimsgrunde draußen. Sie haben sicher die hohen Bagger hinter
dem Dorf gesehen.“
„Das ist aber auch keine
Beschäftigung für einen Halbwüchsigen. Eine richtige Ausbildung wäre besser“,
meinte Florian Seibold empört.
„Sicher. Aber wer kümmert sich
darum? Wenn sie mal aus der Schule raus sind, ist der am meisten angesehen, der
das meiste Geld verdient, egal wie. Aus dem Markus hätte an sich was werden
können. Er hat eine Handwerkslehre angefangen. Die Sieberts sind noch eine von
den Familien, die mit uns hier gebaut haben. Der Vater verunglückte vor zwei
Jahren tödlich auf seiner Arbeitsstelle. Er war Dachdecker. Trank gerne, aber
sonst war er ein ordentlicher, fleißiger Mann. Leider war er auch betrunken, als
der Unfall passierte. Deshalb klappt‚s nicht mit der Rente. Die Frau geht jetzt
putzen. Ja, ja, das sind so Schicksale...! Vorige Woche kommt der Markus mit
einem funkelnagelneuen Motorrad an. Möchte wissen, woher er das hat. Arbeitet
nicht. Liegt bis Mittag im Bett. Abends treibt er sich herum. Jede Nacht weckt
er die ganze Straße mit seinem Motorrad auf. Die Mutter sieht ganz verhärmt
aus. Die sorgt sich um den Jungen, das sieht man ihr an. Aber was erzähle ich
Ihnen das alles. Sicher interessiert Sie das nicht.“
Die Frau trug die Teller zur
Spüle.
Susi hatte sich neben Herrchens
Stuhl ausgestreckt und schnarchte leise.
„Ich unterhalte mich gerne. Die
meisten Leute haben ja keine Zeit dazu. Sind alle dauernd in der Hetze“, sagte
Florian Seibold und stand auf. „Aber jetzt muß ich wohl weiter.“ Susi spürte
die Bewegung und sprang auf die Beine.
„Ja, ja, wenn man alt ist und
dauernd allein, dann wird man geschwätzig. Manchmal ertappe ich mich dabei, wie
ich laut mit mir selber rede.“ Die Frau lachte verlegen.
„Dann vergessen Sie nicht, sich
nach einem Hund umzusehen. Die Katzen-Marie ist froh, wenn man ihr einen ihrer
Schützlinge abnimmt“, sagte Florian Seibold.
„Ja, ich werde gleich nächste
Woche hinfahren“, sagte die Frau und begleitete Herrn und Hund zur Tür. „Gute
Geschäfte wünsche ich noch!“
„Danke! Und vielen Dank für die
Suppe! Sie war wirklich ausgezeichnet.“ Florian Seibold öffnete
Weitere Kostenlose Bücher