die Detektivin in Jeans
er nach
Harting hinaus, einem kleinen Vorort mit ländlichem Charakter.
Als er dort ankam, ging es
mittlerweile auf 12 Uhr zu. Aus den offenen Fenstern der Ziegelsteinhäuser
drang der Duft von Bratenfleisch, Wirsing- und anderem Gemüse. Die Schulkinder
der unteren Grundschulklassen tobten lärmend mit ihren gelben Schultaschen
heimwärts.
Harting hatte nur eine
Hauptstraße. Ihre beiden Häuserreihen wurden in unregelmäßigen Abständen von
bebauten Nebengassen unterbrochen, die in den Feldwegen rings um den Ort
endeten.
Florian Seibold suchte eine
dieser Nebengassen. Er entdeckte sie schließlich nahe dem Ortsausgang.
„Backhausgasse“ stand auf einem verbeulten Straßenschild, das an einem Eckhaus
angebracht war. Das Gemeindebackhaus, in dem die Frauen die großen
Familienbrote backten, hatte wohl früher einmal hier gestanden. Jetzt war die
Straße mit eingeschossigen Reihenhäusern aus Sandstein besiedelt.
Die Reihenhäuser sahen
ungepflegt aus und klebten schiefwinkelig aneinander. An den meisten
Vorderfronten war der Putz abgebröckelt. Die Fensterläden brauchten dringend
einen neuen Farbanstrich. Die Bauweise deutete darauf hin, daß die Häuser in
den ersten Nachkriegsjahren entstanden waren, als die Wohnungen knapp und viele
Bauherren mit Hilfe ihrer Familienangehörigen ihre Häuser in Eigenleistung
erstellten.
Markus Siebert wohnte im Haus
Nr. 44.
Florian Seibold fing im Haus
Nr. 7 mit dem Anbieten seiner Karten an. Probeweise. Um eine Vorstellung von
den Bewohnern der Straße zu erhalten; um sein Verkaufstalent zu testen, und um
sich warm zu machen für sein letztes, wichtigstes Gespräch.
Im ersten Haus öffnete niemand
auf sein Klingeln, obwohl Florian Seibold jemand hinter der dünnen,
durchsichtigen Gardine sich hatte bewegen sehen.
Im zweiten Haus fing ein Hund
auf sein Klingeln hin an zu bellen. Das regte Susi auf, die auf den
vermeintlichen Angreifer loszugehen versuchte und bellend gegen die
verschlossene Tür ansprang. Florian Seibold, der kein Aufsehen erregen mochte,
fand es ratsam, mit Susi auf dem Arm die nächsten fünf Häuser zu überspringen.
Im Haus Nr. 15 öffnete eine
mürrisch aussehende Frau die Tür. „Guten Tag, Frau Mahlein“, grüßte Florian
Seibold mit einer artigen Verbeugung. Der Name stand auf dem Klingelschild.
„Haben Sie Mitleid mit einem alten Mann und seinem kleinen Hund. Ich habe sehr
schöne Karten...“ Weiter brauchte er nicht zu sprechen. Die Frau schlug wortlos
die Tür zu.
Sechs weitere Versuche endeten
ebenso enttäuschend.
Schließlich stand er vor einer
älteren, freundlichen Frau, die sich sofort mit Susi anzufreunden versuchte.
Sie bat Florian Seibold in ihre Küche und holte für Susi einen Keks aus dem
Schrank. An den Karten zeigte sie sich allerdings nicht interessiert. Sie sei
so allein, klagte sie, und fragte, was er für den Hund haben wollte. Sie hätte
sehr schöne, fast neuwertige Anzüge von ihrem verstorbenen Mann, die Susis
Herrchen sicher passen würden.
Florian Seibold nahm Susi
wieder auf den Arm und schlurfte eilig davon.
Draußen besann er sich jedoch,
kehrte noch einmal um und klingelte erneut bei der einsamen Witwe. „Ich weiß da
‚ne alte Frau. Die ist immer sehr nett zu mir. Wirklich, ‚ne freundliche Dame
mit ‚nem Herz für Tiere und Menschen. Die hat Hunde zu verschenken. Fahren Sie
da mal hin“, sagte er im breiten Tippelbruderjargon und gab der Frau die
Adresse von der Katzen-Marie.
„Das ist aber nett von Ihnen“,
sagte die Frau und ging zum Küchenschrank. „Da will ich Ihnen aber doch eine
Karte abkaufen.“
„Ne, ne, lassen Sie mal!“
wehrte Florian Seibold ab.
„Ich hab ja eigentlich auch
niemand, dem ich sie schreiben könnte“, sagte die Frau. Sie griff trotzdem in
ein Wasserglas, in dem sich ein Geldschein und mehrere Münzen befanden, und
holte zwei Groschen heraus. „Hier, lieber Mann! Für ein Schnäpschen reicht‚s ja
wohl noch nicht ganz, aber vielleicht legt jemand noch was dazu.“ Sie blinzelte
ihm verschwörerisch zu.
Florian Seibold wurde rot vor
Scham. Doch er nahm das Geld, um die Frau nicht zu kränken und auch, um kein
Mißtrauen zu erregen. „Ach, ‚s Geschäft geht schlecht. Nicht alle Leute sind so
mitfühlend wie Sie. Vor allem in dieser Straße weist man mir überall die Tür.
Was sind das bloß für Menschen!“ klagte er und tastete sich damit vorsichtig an
sein eigentliches Anliegen heran.
„Tja, wissen Sie, die Leute
hier...“ Der Deckel eines auf dem
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