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Die deutsche Götterlehre

Die deutsche Götterlehre

Titel: Die deutsche Götterlehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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geweiht wurde, so erhielt auch die Rede einen solchen Schmuck, den der Poesie: die Sprüche und Segen erscheinen nur in gebundnen Worten, sie sind Gesänge und Lieder. Aber auch die Art und Weise, in welcher sie hergesprochen wurden, war nicht die gewöhnliche: nur selten wird der Segen oder Fluch laut gesprochen, meist leise, lispelnd oder flüsternd. Man hiess das rûnên , raunen, daher die germanische weise Frau Aliruna. Dieselbe Gewalt wie das gesprochene, hatte aber auch das geschriebene Wort. Goth. runa heisst Geheimnis, d. i. die geheime Rede oder Schrift: die Schwertweihe, welche der Waffe siegende Kraft verlieh, geschah, indem man Siegrunen, d. h. Buchstaben, die dem Gott des Siegs Zio, Tyr heilig waren, auf das Schwert einritzte und seinen Namen, der der Rune Namen ist, feierlich zweimal nannte, ihn also zweimal dabei anrief.
    Als Erfinder der Runen galt Odhin dem Norden, also uns wohl Wuotan. Da er der höchste der Götter ist, muss ihnen auch hohe Kraft beiwohnen: sie und die Lieder können, wie man wähnte, sowohl tödten, als gegen den Tod sichern und den Gestorbenen vom Tod erwecken, sie vermögen krank zu machen und die Krankheit zu vertreiben, das der Wunde entrinnende Blut zu hemmen, sie zu schliessen und alle ihr entspringenden Schmerzen zu bannen. Mit ihnen kann man den nahenden Feind in unsichtbare Fesseln schlagen, seine Waffen stumpfen, gefesselte Glieder lösen und befreien, den Pfeil im Fluge hemmen, das hochflammende Feuer bändigen und löschen, Hader schlichten, Winde stillen u. v. a.
    Besondere Gewalt wohnt dem Fluch und der Verwünschung bei, die wir noch täglich in den kräftigsten Formen hören können. Andere Beschwörungen sind uns in grosser Zahl erhalten und meist nur mit geringen Veränderungen aus dem Heidnischen ins Christliche übersetzt: so die bekannten sogen. Merseburgischen Gedichte, zwei noch echt heidnische Beschwörungen, welche etwa im zehnten Jahrhundert aufgezeichnet wurden und die wir noch heute fast in allen Ländern germanischer Zunge wiederfinden.
    Jedes bedeutende Unternehmen wurde von dem frommen Alterthum durch Segen geheiligt, die meist in Gebete überliefen, worunter manche von hoher Schönheit sind. Bevor der Landmann zu pflügen begann, weihte er den Acker durch Segen und Opfer, der Hirt sprach seinen Segen über die Heerde, der Hausvater über seine Bienen, bei jedem Unfall endlich, der den Menschen zustiess, war sein erstes Hülfs- und Rettungsmittel der Segen, d. i. die Anrufung der Götter. Man erinnerte sie an ihre Macht, oder an Vorfälle ans ihrem Leben und Thun, welche mit demjenigen Aehnlichkeit hatten, der einem eben selbst zugestossen war, wie sie damals sich geholfen, so sollen sie nun auch dem sie Anrufenden helfen.

Informationen zum Autor
    Johann Wilhelm Wolf
    Geboren am 23.4.1817 in Köln; gestorben am 28/29.6.1855 in Hofheim/Hessen
    Wolf wuchs in streng katholischem Milieu auf. Über seine Ausbildung ist nichts Näheres bekannt. Er arbeitete anfangs in einem kaufmännischen Beruf, floh aber bald nach Brüssel, wo er sich mit dem Studium und der Sammlung volkstümlicher flämischer Überlieferungen beschäftigte. Über Gent ging er zurück nach Köln. Um 1846 heiratete er Marie von Ploennies; 1847 zog die Familie nach Darmstadt. Zusammen mit seinem Schwager, dem Lieutnant Wilhelm von Ploennies, sammelte er auf Streifzügen durch den Odenwald und bei systematischen Befragungen der Soldaten aus dessen Kompanie das Material zu Märchen- und Sagensammlungen.
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    Werke u.a.
1843 Niederländische Sagen
1851 Deutsche Hausmärchen
1852 Deutsche Götterlehre
1853 Hessische Sagen

Impressum
    Verlag: ekz.bibliotheksservice GmbH, Reutlingen
    Ebook erstellt durch epublius GmbH , Berlin
    ISBN: 978-3-95608-263-4

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