Die deutsche Peitsche
kontrollieren und rief mit hochrotem Kopf »Das werdet Ihr nicht tun! Fasst meine Tochter an und ich bringe Euch auf der Stelle um.«
Graf Charles lächelte lediglich und Herzog Honoré de Ravfleur wandte seinen nun erstaunten Blick wieder Maximilien zu. »Oh, ich fürchte, das werdet Ihr nicht tun. Oder meine Soldaten hier werden Euch vor unseren Augen dahinschlachten wie ein quiekendes, kleines Schwein.«
Maximilien war im Begriff, sich auf Charles zu stürzen, als die feste Stimme seiner Tochter durch den Saal hallte. »Vater, bitte. Ich habe mich entschieden. Und ich allein werde entscheiden, ob ich die Strafe auf mich nehme oder nicht.« Maximilien verharrte mit verblüfftem Blick. Obwohl er zutiefst beschämt war, sein Innerstes sich in völligem Aufruhr und Auflösung befand, konnte er nicht umhin, den Mut seiner Tochter zu bewundern. Sie würde einst eine glorreiche Gräfin, ja sogar eine Königin abgeben, der selbst Armeen folgen würden ohne einen Atemzug nachzudenken. Es gab nur zwei Wege an diesem Punkt, zu dem ihn sein Schicksal geführt hatte: seinen Tod oder die Schändung seiner geliebten Tochter. Sie wollte sich für ihn opfern und bewies ihm dadurch, wie sehr sie ihren Vater liebte. Er wollte dieses Geschenk nicht annehmen, doch er wusste, dass sein Tod Yseult brechen würde, da sie sich die Schuld daran geben würde.
Er nickte daher und konnte kaum seine Tränen zurückhalten. Graf Charles de Jousfeyrac jedoch sagte »Ich bin kein solcher Lustbock wie Maximilien und daher werde ich die Ausführung der Strafe gerne meinem Sohn Damian überlassen, der ohnehin schon ein Auge auf Yseult geworfen hat.«
Nun war es Yseult, die überrascht und durchaus erfreut dreinschaute. Damian jedoch keuchte vor Entsetzen und ergriff den Arm seines Vaters. »Ich kann doch nicht die Frau, die ich liebe, vor aller Augen schänden!«, rief er aus. Yseult blickte ihn liebevoll an, als sie in diesem Moment die wahren Gefühle Damians erfuhr und dass er sie tatsächlich liebte. Etwas in ihr ahnte, dass es möglicherweise in nicht allzuferner Zukunft ihrer beider Schicksal sei, die verfeindeten Familien St. Courchose und Jousfeyrac zu vereinen.
Charles de Jousfeyrac runzelte irritiert die Stirn, denn er war es nicht gewohnt, dass sein Sohn ihm widersprach. Barsch fuhr er den braunhaarigen, jungen Mann an. »Es geht hier nicht um Liebe, sondern Politik! Ich dachte, du hättest längst begriffen, dass man beide Dinge sorgfältig auseinanderhalten muss.«
Damian blickte seinen Vater finster an. »Du kannst mir nicht erzählen, dass dies im Sinne unserer Politik ist, die Tochter unseres Nachbarn geschändet zu sehen. Ich weigere mich, solche Praktiken zu unterstützen!«
»Jetzt ist es aber genug! Verhalte dich wie ein Jousfeyrac und gehorche deiner Pflicht!«, fauchte Charles erbost.
»Das werde ich nicht tun!«, behielt Damian de Jousfeyrac seine ablehnende Haltung bei und verschränkte demonstrativ die Arme.
Honoré de Ravfleur schlug gereizt mit der Hand auf die Stuhllehne. »Wenn Ihr das von mir angebotene Geschenk nicht annehmen wollt, werde ich den hässlichsten Diener im Schloss auftreiben und ihn die Ausführung der Strafe übernehmen lassen!«, drohte er.
Charles de Jousfeyrac hob die Hände. »Nicht nötig. Wenn mein Sohn nicht Manns genug ist, werde ich die Aufgabe übernehmen.« Der Graf von Meyzieu trat vor. In diesem Moment ergriff Manon de Bettencourt die Hand ihres Onkels und kniete neben ihm nieder.
»Onkel. Ich bitte dich, lass dies nicht zu«, hauchte sie. Der Herzog schaute sie verblüfft an. »Aber es geht doch darum, deine Ehre wieder herzustellen und deine Schändung zu rächen.«
Bittende, große Augen blickten den Herzog an. »Ja, aber nun, da es soweit ist … ich möchte nicht, dass ein gleichaltriges Mädchen wie Yseult das Gleiche durchmachen muss wie ich, nur damit ich als Höhergestellte meine Rachegelüste befriedige.« Manon war entsetzt, dass ihr ursprünglicher Plan, ihr unmögliches Verhalten bei der ärztlichen Untersuchung Graf Maximilien zur Last zu legen, zur Schändung eines unschuldigen Mädchens führte, das sich im gleichen Alter wie sie selbst befand.
Honoré de Ravfleur blinzelte irritiert. »Sind denn die jungen Leute alle verrückt geworden?«, hauchte er ungläubig. Dann hob sich seine Stimme. »Vielleicht seid ihr wirklich noch zu jung, um dies zu verstehen«, sagte er wütend und hob warnend den Zeigefinger, als Manon widersprechen wollte. »Schweigt still. Alle.
Weitere Kostenlose Bücher