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Die Deutschen

Die Deutschen

Titel: Die Deutschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Artur Müller
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einziger Proletarier hat noch eine Waffe erhalten, keinem einzigen Bürger ist noch die Waffe abgenommen … Während das Proletariat nach Aufklärung dürstet und in die Versammlungen strömt, darf es nicht einmal nach 8 Uhr abends auf der Straße sein. Erst eine erregte Menge auf der Straße, die das Automobil eines der Mitglieder der neuen Regierung anhält und es mit Drohungen überschüttet, bewirkt die große Gnade, daß das Aufenthaltsrecht auf der Straße um drei Stunden verlängert wird. Allerdings: Es waren wunderbare Dekrete ausgearbeitet. Ein ganzer Berg von Blättern …
    Papier ist geduldig. Auf den Straßen aber gehen die Bourgeois und lächeln. Man könnnte förmlich erschrecken über diese sorglose Heiterkeit am ersten Tage der sogenannten Räterepublik.
    Erst als die Rote Fahne das Proletariat aufrief, revolutionäre Obleute zu wählen, da änderte sich das Bild. Da sausten Autos der Bourgeoisie durch die Straßen und schleuderten Flugblätter mit Aufruf zu Pogromen in die Menge. Sie appellierten an den unaufgeklärtesten Teil der Massen und an die dunkelsten Instinkte. Nun ging’s los: Judenhatz, Preußenhatz, Kommunistenhatz. Und die neue Regierung sitzt noch immer im Wittelsbacher Palais und dichtet Dekrete … Sozialisierung des Bergbaues, Kommunalisierung der Hotels, rote Armee, sie dichten, dichten und dichten. Räterepublik ohne Räte … Revolutionäre Worte ohne revolutionäre Taten … Schon zieht Oberst Epp seine Freiwilligen zusammen … Was werden die nächsten Tage dem Proletariat bringen?«
    Am 9. April beruft die Kommunistische Partei eine Versammlung des »Rates der revolutionären Betriebsobleute« und der »revolutionären Soldatenvertreter« ein. Die Versammlung beschließt, die Räteregierung und den provisorischen Zentralrat zur Abdankung zu zwingen. Doch am 10. April wird der Beschluß gefaßt, die »Scheinräteregierung« angesichts des bevorstehenden Kampfes gegen die Weißen Garden zu unterstützen, ohne selbst in die Regierung einzutreten. Am n. April stellen sich die Kommunisten dem Zentralrat als »Berater« zur Verfügung, mit der Begründung: »Die Räterepublik ist nicht lebensfähig, und kein noch so großer Heroismus kann sie jetzt dazu machen. Aber es ist nicht möglich, einfach das Geschehene ungeschehen zu machen. Die Reaktion wendet sich gegen die Räterepublik, um das revolutionäre Proletariat niederzuschlagen. Indem wir Kommunisten in den Zentralrat hineingehen, bereit, als Soldaten der Revolution mitzukämpfen, sagen wir den Massen: Gebt alle Illusionen über die Räterepublik auf, konzentriert all euer Denken, euren ganzen Willen auf die Verteidigung des Proletariats.«
    Die Bamberger Regierung Hoffmann hat zahlreiche Agenten in München und steht auch in Verbindung mit der Thulegesellschaft, damals einem monarchistischen Verschwörerbund. Die Konterrevolutionäre sind entschlossen, in München das Gesetz des Handelns an sich zu reißen. Es gelingt ihnen, Teile der Münchener Garnison und das Infanterie-Leibregiment für einen gegenrevolutionären Putsch zu gewinnen. In der Nacht vom 12. zum 13. April besetzen sie das Wittelsbacher Palais, den Sitz des Zentralrates, und verhaften 12 Mitglieder der Regierung. Der »Kriegsminister« Schneppenhorst stellt »Weiße Garden« außerhalb Münchens bereit. Am Morgen des 13. April lesen die Münchner, daß in der Nacht der Zentralrat für abgesetzt erklärt worden ist.
    Angesichts dieser Entwicklung rufen die Kommunisten zum Kampf auf und erklären die Räteregierung durch eine unter ihrem Einfluß stehende Versammlung der Betriebs- und Kasernenräte für abgesetzt. Der gegenrevolutionäre Putsch wird niedergeschlagen. Am 14. April wird auf Antrag Eugen Levines ein zehntägiger Generalstreik beschlossen, um die Bewaffnung des Proletariats durchzuführen oder zu vollenden. Die Unternehmer werden vom Vollzugsrat angewiesen, den Arbeitern den Lohn für die Streiktage zu zahlen; für Kleingewerbetreibende, die dazu nicht in der Lage sind, muß der Unternehmerverband des entsprechenden Geschäftszweiges eintreten. Am 22. April ist die Bewaffnung so weit durchgeführt, daß der Streik beendet wird. Jetzt versucht man, die revolutionären und militärischen Kräfte so zu organisieren, daß sie in der Lage sind, den von Norden her anrückenden weißgardistischen Truppen entgegenzutreten. Die eigentliche Regierung bildet der Aktionsausschuß. An dessen Spitze steht ein Vollzugsrat. Vorsitzender des Vollzugsrates ist Eugen

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