Die Deutschen
Lebensmittel in reichlichen Mengen aus der Schweiz, von Italien. Wir wollen den Frieden für immer. Immanuel Kant: ›Vom ewigen Frieden‹, 1795, Thesen 2–5 …
Erst nach einigen Tagen merkt man, daß er geisteskrank ist; er wird in eine Heilanstalt eingewiesen.
Finanzminister ist Silvio Gesell, Anarchist und Gründer des »Freiland-Freigeld-Bundes«. Er erläßt folgende Verordnung: »Da die absolute Währung nur mit Freigeld dauernd durchführbar ist, da außerdem das Freigeld die ganze Volkswirtschaft auf das kräftigste belebt, da endlich unter der dauernden Wirkung des Freigeldes der Zinsfuß automatisch sinkt und die Löhne entsprechend steigen, kann das Freigeld allein für die Räterepublik in Betracht kommen. Für alle Einzelheiten, betreffend das Freigeld und die absolute Währung, verweisen wir auf die reichhaltige Literatur des Freiland-Freigeld-Bundes. Wir legen großen Wert auf die feststehende Tatsache, daß durch Freigeld der Kapitalismus restlos beseitigt und am Wiedererstehen mit absoluter Sicherheit verhindert wird. Wir können, um der Arbeitsteilung willen, auf den Gebrauch des Geldes nicht verzichten. Dagegen müssen wir unter allen Umständen das bisherige kapitalistische Geld ausschalten, sonst würde es uns auf Schritt und Tritt immer wieder einen Strich durch die Rechnung machen …«
Der Schriftsteller Gustav Landauer, ein höchst ehrenwerter Mann, schreibt in diesen Tagen: »Wer ist denn kein Arbeiter? Die tüchtige Hausfrau ist eine Arbeiterin, der in seinem organisierenden Beruf tätige Kaufmann oder Fabrikant ist ein Arbeiter, der Maler, der Bildhauer, der Musiker, der Schriftsteller sind Arbeiter, die Beamten sind Arbeiter.« Über die Rolle der Räte: »Für die Dinge des Gemeinwesens sitze der Fabrikant mit seinen technischen und kaufmännischen Gehilfen und seinen Arbeitern zusammen, ein Tätiger unter vielen; diese Gemeinschaft wird allen Teilen sehr guttun; der Schriftsteller schließe sich an Verleger und Drucker, Buchhändler und Zeitungsverkäufer an; der Pfarrer an Ärzte und Totengräber; und wenn der Minister, der die Kanalräumer und Straßenkehrer ernennt, sie überredet und informiert, so wird es für alle Teile und für den Geist unseres Volkes ein Segen sein.« Über die Diktatur des Proletariats: »Und wer fürchtet jetzt noch eine Diktatur des Proletariats? Ich würde sie auch, nein, nicht fürchten, sondern hassen und bekämpfen als Pest, wenn sie drohte; sie steht nicht bevor; bevor steht, früher als irgend jemand ahnt, nicht die Diktatur, sondern die Abschaffung des Proletariats und die Erstehung der neuen Menschengesellschaft. «
Der Bauernbündler Konrad Kubier nimmt die Stellung als Volksbeauftragter für die Justiz nur auf Zureden an, »um diesen Posten keinem Kommunisten zu überlassen«.
Staatsoberhaupt der Räterepublik wird in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Zentralrates der Sozialdemokrat Ernst Niekisch, der aber nach wenigen Tagen von dem Schriftsteller Ernst Toller abgelöst wird. Er und andere Idealisten lassen sich »ehrlichen Herzens und in schöner Begeisterung« von der Massenstimmung tragen, sind aber nicht fähig, diese Massen durch die Fährnisse revolutionärer Situationen zu führen.
Der Ministerpräsident Hoffmann ist nach Ausrufung der Räterepublik sofort von München nach Bamberg geflohen. Die Regierungsmitglieder geben sich hier ihr Stelldichein.
Von der Situation gibt ein Artikel der »Münchener Roten Fahne« vom 9. April 1919 folgendes Bild: »Der Rätetag der Republik. Alles wie sonst … In den Ämtern sitzen nach wie vor die früheren kgl. Wittelsbacher Beamten. An den Straßen die alten Hüter der kapitalistischen Wirtschaftsordnung mit dem Schutzmannsäbel. Kein bewaffneter Arbeiter. Keine roten Fahnen. Keine proletarische Besetzung der Machtpositionen … Noch liegen die Kapitale in den Safes der Banken … An den Straßen von Wind und Regen zerfetzte Plakate. ›Nationalfeiertag!‹ steht darauf … Von der Nation sprechen sie, der einigen Nation der Arbeiter und Kapitalisten … Und wollten doch die Diktatur des Proletariats errichten? Ein anderes Plakat gibt uns die Antwort. ›Belagerungszustand‹ steht darüber und ›Generalkommando‹. Wie hieß es noch am ersten Tag so schön in dem Aufruf, den sie hinausfunkten in alle Winde: ›Vom heutigen Tag an ist das bayerische Proletariat Herr seines Geschickes geworden‹, und an dem gelben Plakat steht, nach 8 Uhr darf niemand seine Wohnung verlassen … Kein
Weitere Kostenlose Bücher