Die Deutschen
mit den bürgerlichen Parteien und der uspd, um eine Regierungsbildung zustande zu bringen, mit deren Hilfe die Räte ausgeschaltet werden können.
Endlich, am 17. März 1919, tritt der Landtag zusammen, um die Regierung zu bilden. Ministerpräsident wird der Sozialdemokrat Johannes Hoffmann, ein Volksschullehrer. Militärminister wird der Geschäftsführer des deutschen Holzarbeiterverbandes, Ernst Schneppenhorst. Bald zeigt sich jedoch, daß die Räte in München die politische Bühne beherrschen und die Regierung Hoffmann daneben eine relativ geringe Rolle spielt.
Unter diesen Umständen wird – seltsamerweise aus den Reihen der Rechtssozialisten – der Wunsch laut, eine Räterepublik in Bayern auszurufen.
Während der zweiten Verhandlung erscheint eine Delegation der kpd unter Leitung von Eugen Levine. Er erklärt: »Eben habe ich von euren Plänen erfahren. Wir Kommunisten hegen das größte Mißtrauen gegen eine Räterepublik, deren Träger die sozialdemokratischen Minister Schneppenhorst und Dürr sind, die die ganze Zeit den Rätegedanken bekämpften. Wir können es uns nur als einen Versuch, durch eine scheinbare revolutionäre Aktion den Anschluß an die Massen zu gewinnen, oder als bewußte Provokation erklären. Wir wissen aus Beispielen in Norddeutschland, daß Mehrheitssozialisten häufig bestrebt waren, verfrühte Aktionen ins Leben zu rufen, um sie desto erfolgreicher abwürgen zu können … Eine Räterepublik wird nicht vom grünen Tisch proklamiert, sie ist das Ergebnis von ernsten Kämpfen des Proletariats und seines Sieges. Das Münchener Proletariat steht noch vor solchen entscheidenden Kämpfen … Gegenwärtig ist der Augenblick der Proklamierung einer Räterepublik außerordentlich ungünstig. Die Massen in Nord- und Mitteldeutschland sind geschlagen und sammeln sich erst zu neuen Kämpfen, und Bayern ist kein wirtschaftlich geschlossenes Gebiet, das sich selbständig längere Zeit halten könnte. Nach dem ersten Rausch würde folgendes eintreten: die Mehrheitssozialisten würden sich unter dem ersten besten Vorwand zurückziehen … Die uspd würde mitmachen, dann umfallen, verhandeln und dadurch zum unbewußten Verräter werden. Und wir Kommunisten würden mit dem Blut unserer Besten eure Tat bezahlen. Wir lehnen es ab, der Sündenbock für die Dummheit und Verworrenheit der anderen zu sein und setzen uns nicht an einen Tisch mit Schneppenhorst, dem Nürnberger Noske, und Dürr, der Gasbomben gegen streikende Arbeiter verlangte.«
Da die kpd die Ausrufung der Räterepublik abgelehnt hat, liegt die Entscheidung in den Händen der uspd. Zudem sind die Anarchisten nicht mehr zurückzuhalten.
Am 6. April 1919 wird in einer Sitzung am Abend die Ausrufung der Räterepublik für den 7. April 1919 festgelegt und ein Rat der Volksbeauftragten gebildet. Vorsitzender des Vollzugsrates wird der Unabhängige Dr. Lipp. Erich Mühsam sagt: »Da man sonst nicht wußte, wen man wählen sollte, wählte man ihn.« Bald zeigt sich, daß Dr. Lipp diese Regierung sogleich aufs schwerste kompromittiert.
An den »Gesandten der Räterepublik Bayern« in Berlin richtet er folgendes Schreiben: »Da das opus primum sed non ultimum des Herrn Preuß über die deutsche Verfassung für Bayern niemals bindendes Gesetz werden kann, weil ich die durch bayerisches Blut bei Wörth und Sedan erworbenen Reservatrechte Bayerns nicht preisgeben darf, ersuche ich Sie, unverzüglich dem Grafen Brockdorff-Rantzau Ihr Abschiedsgesuch einzureichen.«
An den päpstlichen Nuntius schreibt er: »Ich gebe mir die Ehre, Ihnen mitzuteilen, daß ich es mir zur heiligen Pflicht mache, die Sicherheit Ihrer verehrlichen Person und des gesamten Instituts der Nuntiatur in München zu garantieren. Glauben Sie an meine Ergebenheit.«
Am 10. April verfaßt er den Funkspruch: »Tschitscherin, Lenin, Moskau. Proletariat Oberbayerns glücklich vereint. Sozialisten plus Unabhängige plus Kommunisten fest als Hammer zusammengeschlossen, mit Bauernbund einig. Klerikale uns wohlgesinnt. Liberales Bürgertum als Preußens Agent völlig entwaffnet. Bamberg Sitz des Flüchtlings Hoffmann, welcher aus meinem Ministerium den Abortschlüssel mitgenommen hat. Die Preußenpolitik, deren Handlanger Hoffmann ist, geht dahin, uns von Norden – Berlin, Leipzig, Nürnberg – abzuschneiden und uns gleichzeitig bei der Entente als Bluthunde und Plünderer zu verdächtigen. Dabei triefen die Gorillahände Noskes von Blut. Wir erhalten Kohle und wir erhalten
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