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Die Deutschen

Die Deutschen

Titel: Die Deutschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Artur Müller
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Levine. Vor den Betriebsräten, die die Mitglieder des Vollzugsrates gewählt haben, erstatten die Vollzugsratsmitglieder täglich eine Stunde lang Bericht über ihre Tätigkeit.
    Die »Rote Armee«, die aus bewaffneten Arbeitern gebildet wird, steht unter dem Kommando des revolutionären Matrosen Rudolf Egelhofer. Die Regierung Hoffmann wendet sich nun an die Reichsregierung, und Noske ist bereit, gegen die Revolutionäre in Bayern vorzugehen. Freikorps und Gardeinfanteriedivisionen, zusammen mit württembergischen Verbänden und den bayerischen Freikorps stehen bereit, der Räterepublik den Todesstoß zu versetzen. Während Ernst Toller mit der Regierung Hoffmann einen Waffenstillstand schließt, rollen die Eisenbahnzüge heran, um die weißen Truppen auf das Kampffeld zu bringen. Für den Vormarsch auf München werden drei Heeresgruppen formiert; ihre Ansatzpunkte sind Donauwörth, Ingolstadt und Regensburg. Die schlecht ausgerüstete Rote Armee zählt rund 30.000 Mann, die ihr gegenüberstehenden gutgerüsteten Weißgardisten mehr als das Doppelte. Immer näher rücken die Weißen in den folgenden Tagen an München heran. Am 27. April treten die Kommunisten aus dem Aktionsausschuß aus, da Ernst Toller und seine Freunde die Wiederzulassung der bürgerlichen Zeitungen und die Wiedereinstellung der alten bürgerlichen Polizei durchsetzen. Die Weißgardisten sind in diesem Augenblick nicht mehr zu Verhandlungen bereit. Noske erklärt, man müßte mit den Tollhäuslern in München aufräumen, »auch wenn es Blut kostet«. Am 14. April erläßt die Räteregierung folgende Bekanntmachung:
    »Wer in Wort, Schrift oder Tat öffentlich gegen den Vollzugsrat, seine Organe und seine amtlichen Anordnungen auftritt, wird unverzüglich vor ein Revolutionstribunal gestellt und sofort abgeurteilt.« Das Revolutionstribunal bleibt zunächst allerdings völlig passiv. Auf seine Mitglieder, »die sich von Gefühlen leiten lassen«, erfolgt mehr und mehr »Druck von unten«. Schließlich greift die Rote Garde zur »Selbsthilfe« und erschießt am 30. April 1919 im Luitpold-Gymnasium zehn Gegenrevolutionäre. In München werden Gerüchte verbreitet über das, was den Hingerichteten geschehen sein soll. Es wird damit eine Art Freibrief geschaffen für alles, was die Weiße Armee später an den Roten begehen wird.
    Als sich am 30. April der Ring um München schließt, wollen Mitglieder des Aktionsausschusses mit der Regierung Hoffmann in Bamberg verhandeln. Die Regierung lehnt jede Verhandlung ab; das Gesetz des Handelns bestimmen jetzt allein die Generale und Freikorpsführer. Am 1. Mai 1919 wird rings um München gekämpft; die ersten weißen Truppen dringen in die Stadt ein. Die Truppen der Roten Armee leisten noch bis zum 3. Mai erbitterten Widerstand. Am Bahnhof, am Karlsplatz und in den Vorstädten entwickeln sich die hartnäckigsten Kämpfe. Nach dem Einsatz von Geschützen gelingt es den Weißen, den Widerstand zu brechen.
    Am gleichen 3. Mai ziehen die Freikorps in München ein, Kriegszustand und Standrecht werden verhängt und in den Straßen Stacheldrahtverhaue errichtet. Der Oberbefehlshaber der Roten Armee, Rudolf Egelhofer, wird wie andere Kommunisten von den Soldaten erschlagen. Aber auch Gegner jeder Gewalt wie Gustav Landauer und der Anarchist Sontheimer werden auf grausame Weise umgebracht. Allein am 3. Mai werden 27 Angehörige der Roten Armee und 50 Zivilisten standrechtlich erschossen. Eugen Levine, Ernst Toller und andere Führer der Rätebewegung werden verhaftet, vor Gericht gestellt und entweder zum Tode oder zu jahrelangem Kerker verurteilt. Eine Woche lang haben die Eroberer »Schießfreiheit«, und alles, was »spartakusverdächtig« ist, gilt als vogelfrei. Schrecken herrscht in München. Eugen Levine erklärt in seinem Schlußwort vor dem Sondergericht: »Wir Kommunisten sind alle Tote auf Urlaub. Sie mögen jetzt entscheiden, ob mein Urlaubsschein noch einmal verlängert wird, oder ob ich eingezogen werde zu Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg.« Zwei Stunden später wird er erschossen.
    Ministerpräsident Hoffmann gibt am 31. Mai 1919 im Landtag sein Mandat zurück. In die neue Regierung treten neben vier Sozialdemokraten fünf Bürgerliche ein. Am 16. März 1920 wird dann eine neue Regierung gebildet, in der kein Sozialdemokrat mehr sitzt.

    Chronik Juni 1919-März 1920
    Der Kapp-Putsch. 14.–17. März 1920

    1919 Ende Mai-Anfang Juli: Streiks der Arbeiter und Beamten der Deutschen Reichsbahn in vielen

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