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Die Deutschen

Die Deutschen

Titel: Die Deutschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Artur Müller
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eines »Kabinetts des Ausnahmezustandes und Übergangs mit direktoralem Charakter««.
    8.–9. November: Hitler, unterstützt von General Ludendorff und zeitweise von dem Generalstaatskommissar Kahr und den bayerischen Reichswehrführern organisiert einen Putsch, der am nächsten Tag mit einer Niederlage endet.
    Reichspräsident Ebert überträgt General Seeckt den Oberbefehl und die vollziehende Gewalt in Deutschland.

    Der Hitler-Putsch in München. 8.–9. November 1923

    Als am 11. Januar 1923 französische Truppen in das Ruhrgebiet einmarschieren, hält Adolf Hitler in München Reden, in denen er zum Sturz der »Novemberverbrecher« auffordert, da sie das ganze Unglück herbeigeführt hätten. Die Aufrufe des bis dahin noch fast unbekannten Rechtsextremisten Hitler finden kaum Echo. Das Volk, das hinter dem Reichspräsidenten Ebert und dem Reichskanzler Cuno steht, einigt sich auf die gemeinsame Front des passiven Widerstandes. Die Regierungen von Preußen, Sachsen, Thüringen, Baden und Mecklenburg verbieten Hitlers politische Partei, so daß er gezwungen ist, sich auf Bayern zu beschränken.
    Im September 1923 sieht es so aus, als ob Deutschland aus der Verwirrung zu politischer und staatlicher Klarheit finden wolle. Am 26. September übernimmt Gustav Stresemann den Vorsitz der Reichsregierung.
    Stresemann verkündet den Abbruch des passiven Widerstandes. Bereits einen Tag vorher treffen die Führer des »Kampfbundes«, in dem alle Wehrorganisationen der Rechten in Bayern vereinigt sind, zusammen. Hitler erklärt in zweieinhalbstündiger Rede seine Einschätzung der politischen Lage und fordert am Ende für seine Person die politische Führung des Kampfbundes, dessen oberster militärischer Führer General Ludendorff ist. Am selben Tage noch setzt Hitler seine 15000 sa -Männer in Alarmbereitschaft und läßt 14 Massenkundgebungen organisieren.
    Am nächsten Tag, dem 26. September, proklamiert das bayerische Kabinett unter Führung des Barons von Knilling den Staatsnotstand und überträgt dem bisherigen Regierungspräsidenten von Oberbayern, Gustav Ritter von Kahr, als Generalstaatskommissar die oberste Gewalt in Bayern. Er soll sowohl »für die Ordnung im Innern« des Landes sorgen, wie auch den Kampf gegen die Regierung in Berlin führen. Kahr ist einer der bekanntesten Rechtspolitiker in Bayern, entschiedener Monarchist und Verfechter der Eigenstaatlichkeit des Landes.
    Kahr verbietet sofort Hitlers 14 Kundgebungen und stellt an die Spitze seiner eigenen Freiwilligenorganisationen den Kapitänleutnant Ehrhardt.
    Am gleichen Tage überträgt Reichspräsident Ebert, gestützt auf den Artikel 48 der Weimarer Verfassung, dem Reichswehrminister Geßler und dem Chef der Heeresleitung, General von Seeckt, alle Vollmachten. Er verpflichtet sie, für die »Sicherheit im Reich und die Unverletzlichkeit der republikanischen Verfassung« zu sorgen,
    Hitler erklärt später, daß er in jener Zeit an nichts anderes gedacht habe als an einen Staatsstreich. Aber er ist sich darüber im klaren, daß er dazu als mächtige Bundesgenossen braucht: sowohl den Generalstaatskommissar Kahr als auch den Oberkommandierenden der Reichswehr in Bayern, General von Lossow. Unentwegt propagiert er den »Marsch auf Berlin« und den Sturz der republikanischen Regierung. Lossow, der Ludendorff respektiert und Hitlers demagogische Fähigkeiten nicht unterschätzt, bezieht fürs erste eine abwartende Position. Die Verwirrung unter den führenden Männern ist nicht gering.
    Kahr versucht Lossow zu bewegen, mit seinen Truppen in Sachsen einzumarschieren, gegen die dortige Arbeiterregierung vorzugehen und damit eine Gegenrevolution auszulösen. Aber General von Seeckts Truppen sind schneller; sie werfen die Aufständischen in Sachsen, Thüringen und Hamburg rasch nieder. Hitler ändert sofort seine Taktik: er steigert seine Angriffe auf Berlin in einem solchen Maße, daß die Reichsexekutive sich zu Gegenmaßnahmen gezwungen sieht. Tatsächlich befiehlt Seeckt am 6. Oktober dem General von Lossow, den »Völkischen Beobachter« zu verbieten und den Hauptmann Heiss, Kapitän Ehrhardt und Leutnant Roßbach zu verhaften. Kahr, der sich weigert, Befehle von Berlin entgegenzunehmen, veranlaßt auch Lossow zur Befehlsverweigerung. Er begründet das Nichtverbot der Zeitung mit den Worten, daß Hitler »zu den besten deutschen Patrioten« gehöre. Am 20. Oktober wird Lossow seines Kommandos enthoben. Aber Kahr verkündet, daß Lossow im Dienst

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