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Die Deutschen

Die Deutschen

Titel: Die Deutschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Artur Müller
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überhaupt kein Bürger mehr durch Eid verpflichtet …«
    Auf mühsamen Wegen wird versucht, mit den Alliierten, vor allem mit England, in ein Gespräch zu kommen und Verständnis für die deutsche Situation und den deutschen Widerstand zu wecken. Aber Churchill und Roosevelt verschließen vor allen Dokumenten und Beschwörungen des »anderen Deutschland« die Augen. Für sie gibt es nur die Vorstellung einer kollektiven Schuld des ganzen deutschen Volkes und deshalb die Forderung nach bedingungsloser Kapitulation. Ende 1943 und Anfang 1944 erleidet die deutsche Opposition schwerste Verluste.
    Am 6. Juni 1944 landen die Alliierten in der Normandie. Die Verschwörer wissen: es bleibt nun nicht mehr viel Zeit, Deutschland aus eigener Kraft von Hitler zu befreien.
    General von Stülpnagel, Befehlshaber in Frankreich, wird zum Haupt der Verschwörung im Westen, deren Ziel es ist, Verhandlungen mit den Alliierten zu führen und einen Waffenstillstand zu schließen. Feldmarschall von Kluge, seit Juli 1944 Oberbefehlshaber West, scheint bereit, die Verschwörer zu unterstützen. Auch Feldmarschall Rommel, Befehlshaber an der Invasionsfront, bietet sich als Verbündeter an. In seinem Fernschreiben an Hitler über die Lage an der Invasionsfront vom 15. Juli 1944 heißt es:
    »Die Lage an der Front der Normandie wird von Tag zu Tag schwieriger, sie nähert sich einer schweren Krise. Die eigenen Verluste sind bei der Härte der Kämpfe, dem außergewöhnlich starken Materialeinsatz des Gegners, vor allem der Artillerie und Panzern, und bei der Wirkung der den Kampfraum unumschränkt beherrschenden feindlichen Luftwaffe derartig hoch, daß die Kampfkraft der Divisionen rasch absinkt … Neue nennenswerte Kräfte können der Front in der Normandie nicht mehr zugeführt werden … Unter diesen Umständen muß damit gerechnet werden, daß es dem Feind in absehbarer Zeit – 14 Tage bis drei Wochen – gelingt, die eigene dünne Front, vor allem die der 7. Armee, zu durchbrechen und in die Weite des französischen Raumes zu stoßen. Die Folgen werden unübersehbar sein. Die Truppe kämpft allerorts heldenmütig, jedoch der ungleiche Kampf neigt dem Ende entgegen. Ich muß Sie bitten, die Folgerungen aus dieser Lage unverzüglich zu ziehen. Ich fühle mich verpflichtet, als Oberbefehlshaber der Heeresgruppe dies klar auszusprechen …«
    Zu diesem Zeitpunkt werden in Deutschland die beiden wichtigsten Männer der sozialdemokratischen Opposition verhaftet, die auch für die Zeit nach einem gelungenen Attentat als Regierungsmitglieder vorgesehen sind: Julius Leber und Adolf Reichwein. Auch gegen Goerdeler, der untergetaucht ist, wird ein Haftbefehl erlassen. Unter diesen Umständen haben die Verschwörer keine Zeit mehr zu verlieren, ihre geplante Aktion durchzuführen. Am 6. 11. und 15. Juli will Stauffenberg das Attentat ausführen, muß es aber jedesmal unter dem Zwang äußerer Gründe verschieben. Am 17. Juli wird Feldmarschall Rommel bei einem Tieffliegerangriff schwer verletzt. Am 18. Juli erfährt Stauffenberg von dem Haftbefehl gegen Goerdeler.
    Am 20. Juli soll im Führerhauptquartier in Rastenberg eine Besprechung stattfinden, an der auch Oberst Stauffenberg teilzunehmen hat.
    20. Juli, 6 Uhr morgens: Stauffenberg verläßt seine Wohnung in Berlin-Wannsee.
    7 Uhr: Stauffenberg fliegt zusammen mit seinem Adjutanten von Haeften vom Flugplatz Rangsdorf nach Rastenburg in Ostpreußen. 10 Uhr 15: Stauffenberg trifft im Führerhauptquartier »Wolfsschanze« ein, wo er mehrere Gespräche führt, unter anderem mit General Fellgiebel, der die Nachrichtenverbindungen im Hauptquartier in der Hand hat.
    12 Uhr 30: Die tägliche Lagebesprechung mit Hitler findet nicht wie sonst immer im engen betonierten »Führerbunker« statt, der gerade ausgebessert wird, sondern in einer geräumigeren Holzbaracke. Hitler tritt mit den Offizieren an den Kartentisch; er steht in der Mitte, links von ihm Generalfeldmarschall Keitel und Generaloberst Jodl, rechts von ihm Generalleutnant Heusinger, der mit dem Vortrag über die Lage an der Ostfront beginnt. Im Vorraum drückt Stauffenberg mit einer Flachzange den Zeitzünder der Bombe in seiner Aktentasche ein. Am Kartentisch ist Stauffenbergs Platz rechts von Hitler. Er stellt die Aktentasche unter den Tisch und wird dann zu einem bestellten Telefongespräch aus dem Raum gerufen. Sicher ohne Absicht wird die Aktentasche von einem der Offiziere auf die von Hitler abgewendete Seite des Tischfußes

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