Die Deutschen
haben die Absicht, dem Korps MacDonald den Rückweg abzuschneiden und es zu vernichten. Gleichzeitig wollen sie versuchen, die Preußen über die Situation aufzuklären und sie zu einer positiven Haltung gegenüber den Russen zu bewegen. General Diebitsch – selbst ein Preuße – führt die Verhandlungen auf russischer Seite, auch hat er den Auftrag, den Kampf zu führen, falls er notwendig werden sollte. Es kommt zu einer ersten Fühlung zwischen ihm und dem preußischen General Yorck.
Daraufhin versuchen die Russen, den General zum förmlichen Abfall zu bewegen. Als es am 25. Dezember zu einem persönlichen Gespräch zwischen dem russischen und preußischen Oberbefehlshaber kommt, erfahren die Preußen, daß die Russen planen, das Korps MacDonald zu vernichten; doch seien die russischen Generale vom Zaren angewiesen, die Preußen nicht als Feinde zu behandeln, sondern im Hinblick auf die früheren freundschaftlichen Verhältnisse der beiden Mächte, die bald erneuert werden könnten, einen Neutralitätsvertrag anzubieten. Der spätere General Clausewitz, schon damals ein führender Taktiker und Stratege, der dem »Deutschen Komitee« angehört, wird Vermittler bei General Yorck. So kommt es am 31. Dezember zu dem Vertrag von Tauroggen, der das preußische Korps für neutral erklärt und ihm neutrale Quartiere anweist.
Am 30. Dezember schreibt General Yorck an den König nach Potsdam: »Fest überzeugt, daß bei einem weiteren Marsch die Auflösung des ganzen Korps, der Verlust seiner ganzen Artillerie und Bagage ebenso unausbleiblich gewesen sein würde wie bei der Großen Armee, glaubte ich, als Untertan Eurer Majestät, nur auf Allerhöchst Ihr Interesse und nicht mehr auf das Ihres Verbündeten sehen zu müssen, für den das ganze Korps nur aufgeopfert worden wäre, ohne ihm in seiner Lage noch wahre Hilfe zu leisten. – Eurer Majestät lege ich willig meinen Kopf zu Füßen, wenn ich gefehlt haben sollte; ich würde mit der freudigen Beruhigung sterben, als treuer Untertan und wahrer Preuße das Beste meines Vaterlandes gewollt zu haben.« – Aber der König schweigt.
Am 3. Januar 1813 belehrt General Yorck seinen »Herrn und König« bereits sehr deutlich. Freiherr vom Stein und die führenden Köpfe des »Deutschen Komitees« waren wohl die Inspiratoren. Da konnte der König lesen: »Der Schritt, den ich getan, ist ohne Befehl Eurer Majestät geschehen. Die Umstände und wichtige Entdeckungen rechtfertigen ihn, selbst wenn meine Person in dem Drang politischer Rücksichten verurteilt werden müßte. In der Lage, worin sich das Korps befand, war es mit mathematischer Gewißheit zu berechnen, daß es durch gewaltsame Märsche und durch verzweiflungsvolles Schlagen, wo nicht gänzlich vernichtet, doch aufgelöst an die Weichsel kommen mußte … In dieser Alternative blieb mir nur der Weg, den ich eingeschlagen.
Auf dem vaterländischen Boden hätten Eurer Majestät Untertanen für die Rettung der Banden, die das Vaterland als Feinde und als Verbündete verwüstet haben, ihr Blut vergeuden müssen, um dann noch ohnmächtiger die Fesseln eines bis zum Wahnsinn exaltierten Eroberers zu tragen …
Eurer Majestät Monarchie, obgleich beengter als im Jahre 1805, ist es jetzt vorbehalten, der Erlöser und Beschützer aller deutschen Völker zu werden. Es liegt zu klar am Tage, daß die Vorsehung dieses große Werk leite. Der Zeitpunkt muß aber schnell benutzt werden, jetzt oder nie ist der Moment, Freiheit, Unabhängigkeit und Größe wieder zu erlangen, ohne zu große und zu blutige Opfer bringen zu müssen. In dem Entschluß Eurer Königlichen Majestät liegt das Schicksal der Welt …«
Der König setzt den meuternden General ab und erläßt den strikten Befehl an die Soldaten, sich sofort wieder dem französischen Oberbefehl zu unterstellen. Die Berliner Zeitungen bekämpfen Yorck und seine Entschlüsse auf das wütendste.
Yorck läßt sich davon nicht beirren und marschiert mit seinen Truppen in die Provinz Ostpreußen und richtet sich in Königsberg ein. Mit Yorck kommt auch Freiherr vom Stein mit der Vollmacht des Zaren in die befreite Provinz Ostpreußen.
Er soll nach der Vollmacht des Zaren »… von der Lage des Landes Kenntnis nehmen, um die Kriegs- und Geldmittel zur Unterstützung Unserer Unternehmungen gegen die französischen Heere in Tätigkeit zu setzen. Wir beauftragen ihn außerdem, darüber zu wachen, daß die öffentlichen Einkünfte des Landes mit Treue verwaltet und dem erwähnten
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