Die Deutschen
der Revolution« steht: »Der Revolutionär verachtet die öffentliche Meinung. Er verachtet und haßt die gegenwärtige gesellschaftliche Moral in all ihren Antrieben und allen ihren Kundgebungen. Für ihn ist alles sittlich, was den Triumph der Revolution begünstigt, alles unsittlich und verbrecherisch, was ihn hemmt.«
Am Abend des 7. Mai ist der Aufstand gebrochen. Am 8. Mai finden nur noch vereinzelte Feuergefechte statt. Am Morgen des 9. Mai, früh 3 Uhr, verläßt die provisorische Regierung Dresden. Aus den Häusern und von den Barrikaden wehen weiße Fahnen. Tzschirner findet einen Fluchtweg in die Schweiz.
Die Regierungstruppen haben den Befehl, jeden, der mit der Waffe in der Hand angetroffen wird, niederzuschießen. Der Direktor des Zuchthauses Waldheim, wo man die Aufständischen »sammelt«, empfängt die Revolutionäre immer wieder mit dem Ruf: »So, du verfluchter Schweinehund, bist du jetzt auch hier; na, dir wollen wir’s gründlich besorgen.« Furchtbar haust die Soldateska. Einzelne Mitglieder der provisorischen Regierung müssen bis 1854 im Zuchthaus sitzen. Bakunin entkommt nach Chemnitz, wird dann aber dort verhaftet. Man liefert ihn den Österreichern aus. Die übergeben ihn der Polizei des Zaren. Und der sperrt ihn für viele Jahre in die Schlüsselburg; später wandert er in die Verbannung nach Sibirien, von wo er nach dem Westen entkommt, um sich in neue Revolutionen zu stürzen.
Minister von Beust wütet gegen alle, die ihn einmal bekämpft haben. Unter den nichtigsten Vorwänden läßt er alle Demokraten, deren er habhaft wird, zu Gefängnis verurteilen. Ihre berufliche Existenz wird vernichtet.
Aufstandsversuch in Rheinpreußen. 9.–10. Mai 1849
Friedrich Engels, der Fabrikantensohn aus Elberfeld, schien geradezu prädestiniert, die wirtschaftliche Entwicklung Rheinpreußens vom Ausgang des 18. bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts darzustellen und die Voraussetzungen für eine revolutionäre Entwicklung zu analysieren. Im 1. Kapitel seiner Artikelserie über »Die deutsche Reichsverfassungskampagne« heißt es:
»Rheinpreußen hat seit 1815 als eine der fortgeschrittensten Provinzen Deutschlands gegolten, und mit Recht. Es vereinigt zwei Vorzüge, die sich in keinem anderen Teile Deutschlands vereinigt finden.
Rheinpreußen teilt mit Luxemburg, Rheinhessen und der Pfalz den Vorteil, seit 1795 die Französische Revolution und die gesellschaftliche, administrative und legislative Konsolidierung ihrer Resultate unter Napoleon mitgemacht zu haben. Als die revolutionäre Partei in Paris erlag, trugen die Armeen die Revolution über die Grenzen. Vor diesen kaum befreiten Bauernsöhnen zerstoben nicht nur die Armeen des Heiligen Römischen Reichs, sondern auch die Feudalherrschaft des Adels und der Pfaffen. Seit zwei Generationen kennt das linke Rheinufer keinen Feudalismus mehr; der Adelige ist seiner Privilegien beraubt, der Grundbesitz ist aus seinen Händen und denen der Kirche in die Hände der Bauern übergegangen; der Boden ist parzelliert, der Bauer ist freier Grundbesitzer wie in Frankreich. In den Städten verschwanden die Zünfte und die patriarchalische Patrizierherrschaft zehn Jahre früher als irgendwo in Deutschland vor der freien Konkurrenz, und der Code Napoleon sanktionierte schließlich den ganzen veränderten Zustand in der Zusammenfassung der gesamten revolutionären Institutionen.
Rheinpreußen besitzt aber zweitens – und darin liegt sein Hauptvorzug vor den übrigen Ländern des linken Rheinufers – die ausgebildetste und mannigfachste Industrie von ganz Deutschland. In den drei Regierungsbezirken Aachen, Köln und Düsseldorf sind fast alle Industriezweige vertreten: Baumwollen-, Wollen- und Seidenindustrie aller Art nebst den dabei abhängigen Branchen der Bleicherei, Druckerei und Färberei, der Eisengießerei und Maschinenfabrikation, ferner Bergbau, Waffenschmieden und sonstige Metallindustrie finden sich hier auf dem Raum weniger Quadratmeiler konzentriert und beschäftigen eine Bevölkerung von in Deutschland unerhörter Dichtigkeit. An die Rheinprovinz schließt sich unmittelbar, sie mit einem Teile der Rohstoffe versorgend und industriell zu ihr gehörend, der märkische Eisen- und Kohlendistrikt an. Die beste Wasserstraße Deutschlands, die Nähe des Meeres, der mineralische Reichtum der Gegend begünstigen die Industrie, die außerdem zahlreiche Eisenbahnen erzeugt hat und ihr Eisenbahnnetz noch täglich vervollständigt. Mit der Industrie in
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