Die Deutschen
Wechselwirkung steht ein für Deutschland sehr ausgedehnter Ausfuhr- und Einfuhrhandel nach allen Weltteilen, ein bedeutender direkter Verkehr mit allen großer Stapelplätzen des Weltmarkts und eine verhältnismäßige Spekulation in Rohprodukten und Eisenbahnaktien. Kurz, die industrielle und komerzielle Entwicklungsstufe der Rheinprovinz ist, wenn auch auf dem Weltmarkt ziemlich unbedeutend, doch für Deutschland einzig.
Die Folge dieser – ebenfalls unter der revolutionären französischen Herrschaft aufgeblühten – Industrie und des mit ihr zusammenhängenden Handels in Rheinpreußen ist die Erzeugung einer mächtigen industriellen und kommerziellen großen Bourgeoisie und, im Gegensatz zu ihr, eines zahlreichen industriellen Proletariats, zweier Klassen, die im übrigen Deutschland nur sehr stellenweise und embryonisch existieren, die aber die besondere politische Entwicklung der Rheinprovinz fast ausschließlich beherrschen.«
Unter dem Eindruck der bereits ausgebrochenen oder unmittelbar vor dem Ausbruch stehenden revolutionären Kämpfe in Dresden, in der Pfalz, in Baden, Württemberg, Franken, in ganz Süddeutschland und nicht zuletzt in Berlin, beruft der Kölner Gemeinderat einen Kongreß von Deputierten, den die Regierung prompt verbietet. Man setzt sich über das Verbot hinweg und hält den Kongreß trotzdem ab. Die Deputierten protestieren vor allem gegen die Einberufung der Landwehr, fordern die Zurücknahme der Verordnung und drohen im Weigerungsfalle mit dem Abfall der Rheinprovinzen von Preußen. Das signifikante Dokument dieses Widerstandes der Deputierten der rheinischen Gemeinderäte lautet:
»Da die preußische Regierung die Zweite Kammer, nachdem dieselbe sich für die unbedingte Annahme der deutschen Verfassung vom 28. März dieses Jahres ausgesprochen hatte, aufgelöst und dadurch das Volk seiner Vertretung und Stimme in dem gegenwärtigen entscheidenden Augenblicke beraubt hat, sind die unterzeichneten Verordneten der Städte und Gemeinden der Rheinprovinz zusammengetreten, um zu beraten, was dem Vaterlande not tue. Die Versammlung hat unter dem Vorsitze der Stadtverordneten Zell von Trier und Werner von Koblenz und in Assistenz der Protokollführer, der Stadtverordneten Boecker von Köln und
Bloem II von Düsseldorf, beschlossen, wie folgt:
1. Sie erklärt, daß sie die Verfassung des deutschen Reiches, wiesolche am 28. März dieses Jahres von der Reichsversammlung verkündet worden, als endgültiges Gesetz anerkennt und bei dem von der preußischen Regierung erhobenen Konflikte auf der Seite derdeutschen Reichsversammlung steht.
2. Die Versammlung fordert das gesamte Volk der Rheinlande und namentlich alle waffenfähigen Männer auf, durch Kollektiverklärungen in kleineren und größeren Kreisen seine Verpflichtung und seinen unverbrüchlichen Willen, an der deutschen Reichsverfassung festzuhalten und den Anordnungen der Reichsverfassung Folge zu leisten, auszusprechen.
3. Die Versammlung fordert die deutsche Reichsversammlung auf, nunmehr schleunigst kräftigere Anstrengungen zu treffen, um dem Widerstande des Volkes in den einzelnen deutschen Staaten und namentlich auch in der Rheinprovinz jene Einheit und Stärke zu geben, die allein imstande ist, die wohlorganisierte Gegenrevolution zuschanden zu machen.
4. Sie fordert die Reichsgewalt auf, die Reichstruppen baldmöglichst auf die Verfassung zu beeidigen und eine Zusammenziehung derselben anzuordnen.
5. Die Unterzeichneten verpflichten sich, der Reichsverfassung durch alle ihnen zu Gebote stehenden Mittel in dem Bereiche ihrer Gemeinden Geltung zu verschaffen.
6. Die Versammlung erachtet die Entlassung des Ministeriums Brandenburg-Manteuffel und die Einberufung der Kammer ohne Abänderung des bestehenden Wahlmodus für unbedingt notwendig.
7. Sie erblickt insbesondere in der jüngst erfolgten teilweisen Einberufung der Landwehr eine unnötige, den inneren Frieden in hohem Grade gefährdende Maßregel und erwartet deren sofortige Zurücknahme.
8. Die Unterzeichneten sprechen schließlich ihre Überzeugung dahin aus, daß bei Nichtbeachtung des Inhaltes dieser Erklärung dem Vaterlande die größten Gefahren drohen, durch die selbst der Bestand Preußens in seiner gegenwärtigen Zusammensetzung gefährdet werden kann.
Beschlossen am 8. Mai 1849 zu Köln.«
Die Regierung in Berlin befiehlt ohne Rücksicht auf die gefaßten Beschlüsse die Einberufung der Landwehr. Die Bataillone treten zwar zusammen, wehren sich aber
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