Die Deutschen
Schlettstadt in der Karwoche des Jahres 1493 geführt werden soll, an Verrat. Viele der Verschworenen werden verhaftet, gefoltert, gevierteilt, enthauptet, an Händen und Füßen verstümmelt oder des Landes verwiesen.
Aber der Bundschuh lebt weiter. Die Flüchtlinge sind seine besten Agenten.
1502. Fast zehn Jahre sind seit der ersten Niederlage des Bundschuhs vergangen. Zehn Jahre der Konspiration, der Vorbereitung, des Nachdenkens. Da taucht er in der Gegend um Bruchsal im Bistum Speyer wieder auf. »An 7000 Männer«, schreibt Friedrich Engels, »waren in der Verbindung, deren Zentrum zu Untergrombach, zwischen Bruchsal und Weingarten, war und deren Verzweigungen sich den Rhein hinab bis an den Main, hinauf bis über die Markgrafschaft Baden erstrecken. Ihre Artikel enthielten: es solle kein Zins noch Zehnt, Steuer oder Zoll mehr an Fürsten, Adel und Pfaffen gezahlt werden; die Leibeigenschaft soll abgetan sein, die Klöster und sonstigen geistlichen Güter eingezogen und unter das Volk verteilt und kein andrer Herr mehr anerkannt werden als der Kaiser … Der erneuerte Bundschuh hatte, wie der alte, seinen geheimen Versammlungsort, seinen Eid der Verschwiegenheit, seine Aufnahmezeremonien und seine Bundschuhfahne mit der Inschrift: ›Nichts denn die Gerechtigkeit Gottes!‹ Der Plan der Handlung war dem der Elsässler ähnlich; Bruchsal, wo die Majorität der Einwohner im Bunde war, sollte überrumpelt, dort ein Bundesheer organisiert und als wandelndes Sammlungszentrum in die umliegenden Fürstentümer geschickt werden.
Der Plan wurde verraten durch einen Geistlichen, dem einer der Verschworenen gebeichtet hatte. Sogleich ergriffen die Regierungen Gegenmaßregeln … Man zog Truppen zusammen und ließ massenhafte Verhaftungen bewerkstelligen. Kaiser Maximilian, der »letzte Ritter«, erließ die blutdürstigsten Strafverordnungen gegen das unerhörte Unternehmen der Bauern. Hier und dort kam es zu Zusammenrottungen und bewaffnetem Widerstand; doch hielten sich die vereinzelten Bauernhaufen nicht lang. Einige der Verschworenen wurden hingerichtet, manche flohen; doch wurde das Geheimnis so gut bewahrt, daß die meisten, selbst der Führer, entweder in ihren eigenen Ortschaften oder doch in benachbarter Herren Länder ganz ungestört bleiben konnten.«
1513. Fünfzehn Jahre dauert es, bis es gelingt, die zerrissenen Fäden wieder zu einer großen Verschwörung zu verweben. In Schwaben ist es der »Arme Konrad« und im Schwarzwald wiederum der »Bundschuh«.
»Der Wiederhersteller des oberrheinischen Bundschuhs Joß Fritz aus Untergrombach« – so weiterhin Friedrich Engels –, »Flüchtling von der Verschwörung von 1502, ein ehemaliger Soldat und ein in jeder Beziehung hervorragender Charakter … Es gelang dem diplomatischen Talent und der unermüdlichen Ausdauer dieses Musterkonspirateurs, eine ungemeine Anzahl von Leuten der verschiedensten Klassen in den Bund zu verwickeln: Ritter, Pfaffen, Bürger, Plebejer und Bauern; und es scheint ziemlich sicher, daß er sogar mehrere, mehr oder minder scharf geschiedene Grade der Verschwörung organisierte. Alle brauchbaren Elemente wurden mit der größten Umsicht und Geschicklichkeit benutzt. Außer den eingeweihteren Emissären, die in den verschiedensten Verkleidungen das Land durchstreiften, wurden die Landstreicher und Bettler zu den untergeordneteren Missionen verwandt. Mit den Bettlerkönigen stand Joß in direktem Verkehr und hielt durch sie die ganze zahlreiche Vagabundenbevölkerung unter der Hand. Diese Bettlerkönige spielen in seiner Verschwörung eine bedeutende Rolle … Es waren ihrer mindestens zehn – sie sollten, gegen 2000 Gulden Belohnung, zu gleicher Zeit im Elsaß, in der Markgrafenschaft Baden und im Breisgau Feuer anlegen und sich mit wenigstens 2000 Mann der Ihrigen auf dem Tag der Zaberner Kirchweih in Rosen unter das Kommando Georg Schneiders, eines ehemaligen Landsknechthauptmanns, stellen, um die Stadt einzunehmen. Unter den eigentlichen Bundesmitgliedern wurde von Station zu Station ein Stafettendienst eingerichtet, und Joß Fritz und sein Hauptemissär, Stoffel von Freiburg, ritten fortwährend von Ort zu Ort und nahmen nächtlich Heerschau ab über die Neuangeworbenen. Über die Verbreitung des Bundes am Oberrhein und im Schwarzwald legen die Untersuchungsakten hinreichend Zeugnis ab; sie enthalten unzählige Namen von Mitgliedern, nebst den Signalements aus den verschiedensten Orten jener Gegend. Die meisten sind
Weitere Kostenlose Bücher