Die Deutschen
Teilnehmern in Leipzig fordert August Bebel ein konstituierendes Parlament, Volkswehr und Volkserhebung gegen Preußen bei Ausbruch eines Bürgerkrieges.
5. Juni: Bismarck erteilt den preußischen Truppen den Befehl, in das von Österreich verwaltete Holstein einzumarschieren.
21. Juni: Kriegserklärung Preußens an Österreich.
16. August: Preußen annektiert Hannover, Kurhessen, Nassau und Frankfurt.
Bismarcks Revolution von oben.
1866
Nach der Schlacht von Königgrätz am 3. Juli 1866, in der die preußischen Armeen über das Heer Österreichs den Sieg davontrugen, wurden bereits wenige Wochen später, am 26. Juli, im Vorfrieden von Nikolsburg die Friedensbedingungen festgelegt, die am 23. August in Prag bestätigt wurden: der Deutsche Bundestag wurde für aufgelöst erklärt; an einem neuen Bund der deutschen Staaten sollte sich Österreich nicht mehr beteiligen. Österreich mußte ferner die Annexion folgender Gebiete durch Preußen anerkennen: Schleswig-Holstein, Hannover, Kurhessen, Nassau und die Freie Stadt Frankfurt. Außerdem hatte sich Preußen das Recht zur Gründung des Norddeutschen Bundes vorbehalten. Damit vergrößerte Preußen mit einem Federstrich seine Bevölkerungszahl auf 20 Millionen! Mit den süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg und Baden schloß Preußen im Laufe des August, nachdem es zuerst noch Kriegskontributionen von ihnen kassiert hatte, Schutz- und Trutzbündnisse ab, die in einem Kriegsfalle die Unterstellung der süddeutschen Truppen unter den preußischen Oberbefehl vorsahen.
Auf diese Weise hatte Preußen den großdeutschen Traum des Revolutionsjahres 1848/49 von der Einheit eines deutschen Reiches nach seinen machtpolitischen Wünschen korrigiert und nach seinem Zuschnitt Wirklichkeit werden lassen. Die Völker mußten dafür ihr Blut anstatt auf den Barrikaden auf den Schlachtfeldern der Mächte opfern.
Bismarck verlor keine Zeit, nach den Friedens- und Bündnisverträgen mit der eigenen Bourgeoisie Frieden zu schließen und den fünfjährigen Verfassungskonflikt, der sich an dem durch den König verweigerten Budgetrecht des Parlamentes entzündet hatte, aus der Welt zu schaffen. In der sogenannten Indemnitätsvorlage suchte die Regierung beim Parlament um nachträgliche Genehmigung der während der budgetlosen Zeit des Verfassungskonfliktes gemachten Ausgaben nach. Bemerkenswert ist der Hochmut, mit dem Bismarck vor dem Preußischen Hause der Abgeordneten am 1. September 1866 den Antrag vertritt: »… Wir wünschen den Frieden, weil unserer Meinung nach das Vaterland ihn im gegenwärtigen Augenblicke in höherem Grade bedarf als früher; wir wünschen ihn und suchen ihn namentlich deshalb, weil wir glauben, ihn im gegenwärtigen Moment zu finden; wir hätten ihn früher gesucht, wenn wir früher hätten hoffen können, ihn zu finden; wir glauben ihn zu finden, weil Sie erkannt haben werden, daß die königliche Regierung den Aufgaben, welche auch Sie in ihrer Mehrzahl erstreben, nicht so fern steht, wie Sie vielleicht vor Jahren gedacht haben, nicht so fern steht, wie das Schweigen der Regierung über manches, was verschwiegen werden mußte, Sie zu glauben berechtigen konnte … Wenn man oft gesagt hat: ›Was das Schwert gewonnen hat, hat die Feder verdorben‹, so habe ich das volle Vertrauen, daß wir nicht hören werden: ›Was Schwert und Feder gewonnen haben, ist von dieser Tribüne vernichtet worden!‹«
Während Bismarck in strahlend weißer Galauniform, flankiert vom Kriegsminister Roon und dem Generalstabschef Moltke, dem Parlament das entsprechende Gesetz vorlegt, zieht die siegreiche preußische Armee in Berlin ein.
Das Parlament, noch betäubt von Artilleriesalut, Glockenläuten und Militärmusik, stimmte mit Mehrheit dem Annexionsgesetz und dem Indemnitätsgesetz zu. Selbst gute Demokraten vergessen ihre demokratischen Rechte, die sie vier Jahre standhaft verteidigt haben, und die Legitimisten werfen ihr legitimistisches Staatsidol von 1848 über Bord.
Aber das ist erst der Beginn der Bismarckschen Revolution von oben. In einem zweiten Akt schiebt er den altersschwachen Bundestag beiseite, der für die Durchsetzung der preußischen Hegemonialwünsche und die Vorstellungen der Bourgeoisie über eine zukünftige Wirtschaftsentwicklung unbrauchbar geworden ist.
Bismarck knetet aus den Ländern nördlich des Mains den »Norddeutschen Bund«; er umfaßt außer den Ländern, die jetzt Preußen bilden, das nördliche Großherzogtum Hessen, die freien
Weitere Kostenlose Bücher