Die Deutschen
Führung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Trotz einer Teilniederlage wächst der Einfluß der Partei und der Gewerkschaften.
1872 11.–27. März: Die Führer der Sozialdemokratie August Bebel und Wilhelm Liebknecht werden wegen ihres Verhaltens im deutschfranzösischen Krieg und ihres Eintretens für die Pariser Kommune als Hochverräter zu zwei Jahren Festungshaft verurteilt.
17. Juni–28. Juli: 20000 Ruhrbergarbeiter streiken erfolglos für Lohnerhöhung und Achtstundenschicht.
26.–28. Juli: Aus Aktionen gegen das Wohnungselend in Berlin – ein Zehntel aller Wohnungen befindet sich in Kellern – entwickeln sich Straßenschlachten mit der Polizei. Aus ähnlichen Aktionen entstehen 1871 der »Butterkrawall« in Nürnberg, Braunschweig und Wolfenbüttel und 1872 in Halberstadt und 1872/73 die »Bierkrawalle« in Würzburg, Frankfurt am Main und Mannheim.
2.–7. September: Auf dem Kongreß der 1. Internationale in Den Haag werden die Eroberung der politischen Macht durch die Arbeiterklasse und die Notwendigkeit der Schaffung selbständiger politischer Arbeiterparteien als programmatische Leitsätze anerkannt.
1873 1. Februar: Auf den Streik von 400 Leipziger Buchdruckern antworten die Unternehmer ganz Deutschlands mit Aussperrung, erleiden aber eine völlige Niederlage. Der Abschluß des ersten deutschen Reichstarifvertrages wird erzwungen.
1.–9. Mai: Unter Führung Bismarcks beschließt der preußische Landtag die sogenannten »Maigesetze«, die gegen den Einfluß der katholischen Kirche und gegen die Politik der katholischen Zentrumspartei gerichtet sind. Die Bischöfe erkennen diese Gesetze nicht an. Im sogenannten »Kulturkampf«, der sich bis zum Jahre 1886 hinzieht, geht die Regierung Bismarck mit diktatorischen und brutalen Maßnahmen gegen Priester und Gläubige vor.
1874 25. Juni: Der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein wird durch das Berliner Stadtgericht verboten. Das endgültige Verbot für Preußen erfolgt am 16. März 1875.
1875 14.–15. Februar: Auf einer Vorkonferenz zwischen Vertretern der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei und der Allgemeinen Deutschen Arbeitervereinigung in Gotha werden die Entwürfe für Programm und Statut einer Einheitspartei ausgearbeitet.
1. April: Der Arbeiterführer August Bebel wird nach einunddreißigmonatiger Festungs- und Gefängnishaft entlassen.
22.–27. Mai: Der Vereinigungskongreß der sdap und des adav in Gotha beschließt die Gründung der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands. Der Kampf der Arbeiterorganisationen untereinander ist damit zunächst überwunden.
1876 Ende März: Staatliche Maßnahmen gegen die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands häufen sich und führen zum Verbot von zentralen und lokalen Vereinen, von Versammlungen und Zeitungen und zu Verhaftungen von Redakteuren.
1877 10. Januar: Die Sozialistische Arbeiterpartei erreicht im Reichstag 12 Sitze. Danach beginnt eine Kampagne in der Presse aller übrigen Parteien, die ein Ausnahmegesetz fordert.
1878 Februar: Die deutschen Gewerkschaften verfügen über 36 Verbände mit etwa 50.000 Mitgliedern in etwa 1300 Ortsvereinen.
2. Juni: Das Attentat des geisteskranken und keiner Parteiangehörigen Nobiling auf Kaiser Wilhelm i. gibt Bismarck die Möglichkeit, die Regierung und alle bürgerlichen Parteien zu einer zügellosen Hetze gegen die Sozialdemokratie zu veranlassen und den Reichstag aufzulösen.
30. Juli: Trotz der Pogromhetze erreichen die Sozialdemokraten bei den Reichstagswahlen, den sogenannten »Attentatswahlen«, 9 Sitze.
September-Oktober: Der Reichstag beschließt das »Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie« (Sozialistengesetz). Parteiorganisationen und Gewerkschaften werden verboten, desgleichen Zeitungen und Druckschriften sowie Versammlungen und andere öffentliche Veranstaltungen mit sozialdemokratischer Tendenz; die Teilnahme wird mit Geld- oder Gefängnisstrafen oder meist Ausweisungen geahndet. Die Polizeivollmachten werden wesentlich erweitert.
28. November: Über Berlin, Charlottenburg, Potsdam, Teltow, Niederbarnim und Osthavelland wird der »Kleine Belagerungszustand« verhängt. 67 führende Sozialdemokraten werden aus Berlin ausgewiesen.
1879 28. September: Die erste Nummer der Zeitung »Sozialdemokrat« erscheint in Zürich. Wöchentlich werden bis zu 11.000 Exemplare illegal in Deutschland verbreitet.
1880 28. Oktober: Der »Kleine Belagerungszustand« wird über Hamburg verhängt. 75 aktive
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