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Die Diebe von Freistaat

Die Diebe von Freistaat

Titel: Die Diebe von Freistaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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graniten Tempelwände hoben sich senkrecht der vergoldeten Kuppel entgegen, die hell schimmerte. Dieser Tempel war das höchste Bauwerk von Freistatt.
    Cappen trat auf die unterste Stufe. »Halt!« Jamie zupfte an des Spielmanns Umhang. »Wir können nicht einfach hineinmarschieren! Sie haben Wachen in der Vorhalle.«
    »Ich möchte mir nur diese Sickintairs näher ansehen«, erklärte Cappen.
    »Hm, das ist vielleicht gar keine so schlechte Idee! Aber es muß schnell gehen. Wir könnten in größte Schwierigkeiten geraten, käme ein Trupp Wachen vorbei.« Sie konnten nicht behaupten, sie wollten den Tempel lediglich zur Andacht betreten, denn in diesem Viertel durften Zivilisten im Höchstfall als Bewaffnung ein Messer bei sich haben. Cappen und Jamie hatten jeder eines, aber keine Kerzen, wie echte Gottesanbeter. Zusätzlich trug Cappen noch sein Rapier und Jamie sein Breitschwert, letzterer außerdem einen Spitzhelm mit Visier und ein knielanges Kettenhemd. Beide hatten auch noch je eine Lanze bei sich, die Jamie zur Verfügung gestellt hatte.
    Cappen nickte und rannte die Stufen hoch. Auf halber Höhe blieb er stehen und betrachtete die geradezu furchteinflößende Stahle. Sie war aus poliertem Obsidian und hätte gut dreißig Fuß gemessen, wäre der Schwanz nicht unter dem schmalen Körper eingeringelt gewesen. Die beiden Beine, die den vorderen Körperteil stützten, hatten die Länge von Jamies Dolch. Ein aufgerichteter Schlangenhals trug einen lanzettförmigen Schädel mit aufgerissenem Rachen, aus dem spitze F änge ragten, die der Bildhauer aus Diamanten geschnitten hatte. Aus dem Rücken wuchsen Schwingen, Fledermausflügeln ähnlich, wären nicht die spitzen Zacken gewesen; ausgebreitet mochten sie gut einen Umfang von dreißig Fuß haben.
    »Ja«, murmelte Jamie. »Ein solches Ungeheuer könnte ohne Schwierigkeiten zwei Frauen davonschleppen wie ein Adler zwei Hasen. Es braucht wohl allerhand zu fressen, ehe es satt ist. Ich frage mich, welche Beute diese Ungetüme bei sich zu Hause jagen.«
    »Das finden wir vielleicht heraus«, murmelte Cappen und wünschte sich, er hätte es nicht gesagt.
    »Komm!« Jamie zog ihn die Treppe wieder hinunter und um die linke Seite des Tempels herum. Er nahm fast das ganze Grundstück ein, so daß nur ein schmaler Plattenweg hier entlangführte. Unmittelbar daran anschließend erhob sich die Mauer um den blumenduftenden Tempel Eshis, der Göttin der Liebe. Dadurch war dieser Weg beruhigend dunkel und die Eindringlinge konnten von der Allee aus nicht erblickt werden, während sie doch gerade soviel Licht hatten, zu sehen, was sie taten. Cappen fragte sich, ob das vielleicht bedeutete, daß die Liebesgöttin ihnen für ihr Wagnis ihre Gunst schenkte. Schließlich unternahmen sie es ja, zumindest hauptsächlich, der Liebe wegen. Und ganz abgesehen davon war er immer ihr begei sterter Verehrer gewesen, oder zumindest der ihrer Schwestern in den Pantheons anderer Länder. Bestimmt viel öfter als die meisten Männer hatte er ihr auf ihre liebste Weise Opfer dargebracht.
    Jamie hatte gemeint, daß das Gebäude weitere, kleinere Türen haben müßte; denn schließlich mußten ja auch von hier Besorgungen gemacht werden und so weiter. Und bald fanden sie auch eine. Sie war für die Nacht verschlossen und gesäumt von zwei Fenstern, nicht größer als Schlitze, durch die man sich unmöglich hindurchwinden konnte. Natürlich ließe das Holz der Tür sich spalten, aber der Krach wäre zu laut. Cappen hatte eine bessere Idee. Er bat Jamie, sich auf Hände und Knie zu stützen, dann stellte er sich auf seinen breiten Rücken, stieß die Lanze durch ein F enster und fummelte damit an der Tür. Nach einigen geflüsterten Verwünschungen gelang es ihm endlich, den Riegel aufzuschieben. »Ich glaube, du hast deinen Beruf verfehlt«, sagte der Nordmann, als er aufstand und die Tür öffnete.
    »Nein, Einbrechen ist zu gefährlich für meinen Geschmack«, antwortete Cappen in einem schwachem Versuch zu spaßen. Tatsache war, daß er noch nie jemanden bestohlen oder betrogen hatte, außer er hatte es wirklich verdient.
    »Selbst ein Einbruch in einem Götterhaus?« Jamies Grinsen war breiter als nötig.
    Cappen schauderte. »Erinnere mich nicht daran!«
    Die Tür führte in einen Lagerraum. Sie schlössen sie hinter sich, tasteten sich durch die Dunkelheit zur Tür ins Tempelinnere und gelangten auf einen Korridor. Die weit auseinanderhängenden Lampen verliehen ihm eher Düsternis als

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