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Die Diebe von Freistaat

Die Diebe von Freistaat

Titel: Die Diebe von Freistaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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sein.«
    Cappen beherrschte sich, innerlich schaudernd, und bemühte sich um eine gleichmütige Stimme: »Wie könnte es denn aussehen, mein Herr?«
    »Oh, es könnte eine Schriftrolle aus einer Truhe sein, in der sie lange Zeit unbeachtet gelegen hat, die nun geöffnet wurde ... Ja, ich würde sagen, im Allerheiligsten, um Kraft aus den heiligen Dingen für sich zu ziehen, und um von so wenigen wie nur möglich gesehen zu werden, die an dieser Verschwörung beteiligt sind ...« Enas Yorl blickte Cappen scharf an. »Vorsichtig! Ich glaube, ich weiß, was Ihr denkt. Verschluckt diesen Gedanken, ehe Ihr daran erstickt!«
    Cappen fuhr mit sandiger Zunge über die ledrigen Lippen. »Womit ... müssen wir ... rechnen, mein Herr?«
    »Das ist eine gute Frage«, entgegnete Enas Yorl. »Ich kann nur raten. Doch bin ich mit der Tempelhierarchie vertraut, und ich glaube nicht, daß der Erzpriester in diese Sache eingeweiht ist. Er ist zu alt und gebrechlich. Dagegen riecht sie mir nach Hazroah, Ils’ Hohemflamen, der vor kurzem übrigens die Leitung des Tempels von seinem nominellen Vorgesetzten übernommen hat. Er ist sowohl verwegen als auch skrupellos - er hätte besser Soldat werden sollen ... Wenn ich mich in ihn versetze, würde ich sagen, er läßt Molin eine Weile schmoren, ehe er vorsichtig mit ihm zu unterhandeln beginnt—angefangen mit einem verschleierten Hinweis —, und natürlich immer mit der Behauptung, es sei Ils’ Wille.
    Niemand, außer dem Kaiser selbst, kann einen Befehl wie den Bau eines Tempels zurückziehen. Ihn zu überreden, wird viel Zeit und Druck kosten. Molin ist ein rankanischer Edler der alten Schule. Er wird hin und her gerissen sein zwischen seinen Pflichten gegenüber den Göttern und dem Staat und der Liebe zu seiner Gattin. Aber ich glaube doch, daß er schließlich dazu gebracht werden kann, beizupflichten, daß es nicht sehr klug sei, Savankala und Sabellia in einer Stadt zu erheben, deren Schutzgötter sie nie waren. Und er wiederum kann den Kaiser wie gewünscht beeinflussen.«
    »Wie lange, glaubt Ihr, würde es dauern?« flüsterte Cappen. »Ich meine, bis die Frauen wieder frei sind?«
    Enas Yorl zuckte die Schulter. »Jahre, möglicherweise. Aber wahrscheinlich wird Hazroah versuchen, die Sache zu beschleunigen, indem er vorgibt, daß Lady Rosanda sich in Gefahr befindet. Ich könnte mir gut vorstellen, daß die sterblichen Überreste einer gefolterten Gesellschafterin vor Molins Hauseingang ihn zu schnellerem Handeln bewegen.«
    Er blickte auf das fahle Gesicht neben sich. »Ich weiß«, sagte er, »Ihr hegt Fieberträume von einer heldenhaften Befreiung. Sie ist unmöglich. Selbst wenn es Euch gelingen sollte, durch das Tor und zurück zu kommen, würde das Tor selbst doch bleiben. Ich bezweifle, daß Ils persönlich Rache suchen würde. Abgesehen davon, daß das seiner unwürdig wäre, könnte es zur offenen Auseinandersetzung mit Savankala und seinen Jüngern führen, die allein schon ernstzunehmende Gegner wären. Dagegen würde Ils bestimmt den Flamen Hazroah nicht zurückhalten, der ungemein rachsüchtig ist. Gelänge es Euch, seinen Knechten zu entgehen, würde er einen Sickintair hinter Euch herschicken und Euch finden, wo immer auf der Welt Ihr Euch auch mit Euren Liebsten zu verbergen versuchtet. Euer Talisman würde Euch in diesem Fall nichts nutzen. Die Sickintair sind nicht übernatürlich, höchstens vielleicht die Macht hinter ihnen, die es ermöglicht, daß eine so gewaltige Masse überhaupt fliegen kann—und sie kommt von keinem Zauberer, sondern von einem Gott.
    Also vergeßt das Mädchen. Die Stadt ist voll von schönen Maiden.« Er fischte in seinem Beutel und warf eine Handvoll Münzen auf den Tisch. »Geht in ein gutes Freudenhaus, vergnügt Euch und hebt einen auf den armen alten Enas Yorl.«
    Er stand auf und watschelte aus der Schenke. Cappen starrte auf die Münzen. Verschwommen wurde ihm bewußt, daß es ein beachtlicher Betrag war—alles Silberlunar, dreißig insgesamt.
    Eindaumen kam zu ihm. »Was hat er gesagt?« erkundigte er sich.
    »Daß ich alle Hoffnung fahren lassen soll«, murmelte Cappen. Seine Augen brannten, sein Blick war verschleiert. Hastig wischte er sich übers Gesicht.
    »Ich habe das Gefühl, daß es besser ist, wenn ich mir nicht mehr anhöre.« Eindaumen legte die verstümmelte Hand sanft auf Cappens Schulter. »Möchtest du dich volllaufen lassen? Als mein Gast? Ich muß zwar dein Geld nehmen, sonst wollen auch die anderen

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