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Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft

Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft

Titel: Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Falk;Beckedahl Lüke
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Afghanistan-Pakistan-Strategie der U S-Regierung . Darin finden sich nicht nur unverblümte Aussagen zur Rolle Indiens in Afghanistan aus pakistanischer Sicht. Sondern die Botschafterin sagt auch unverblümt, dass die langjährige U S-Strategie , mit Militärhilfe-Geldern die pakistanische Regierung zur Zusammenarbeit zu bewegen, nicht tragen könne: »Instabilität in Afghanistan führt per Definition dazu, dass das pakistanische Establishment seine Unterstützung für die Taliban erhöht und so, unabsichtlich, Räume für Al-Qaida schafft. Kein Geldbetrag wird diese Verbindung trennen.«
    Die U S-Regierung ging mit allen verfügbaren   – außer militärischen– Mitteln gegen WikiLeaks vor, versuchte, die Finanzierung der Seite zu untergraben, und bewegte anscheinend auch Zahlungsdienstleister wie PayPal, MasterCard und Visa dazu, die über deren Systeme abgewickelten Spenden an WikiLeaks zurückzuhalten. Firmen, deren Rechner WikiLeaks für seine Website gemietet hatte, kündigten spontan die Verträge. Aber das alles half nichts: Zwar war die eigentliche WikiLeaks-Adresse zeitweise nicht erreichbar. Aber es gab jede Menge Seiten, die die Inhalte spiegelten   – die politische Büchse der Pandora war nicht wieder zu versiegeln, die Macht der Supermacht reichte nicht aus, um die von einigen wenigen verursachten Probleme zu bekämpfen. Das Netz entzieht sich staatlicher Kontrolle, zumindest noch und in derartigen Fällen. Die Aufmerksamkeit und die Unterstützung vieler Einzelner waren es, die WikiLeaks zu einem vorläufigen Sieger in diesem ungleichen Kampf machte.
    Die Betrachtung der Enthüllungen unterscheidet sich stark, je nachdem, wen man fragt. In den USA ist die Meinung weit verbreitet, dass es sich bei WikiLeaks um einen Haufen schamloser Terroristen handle. In den arabischen Staaten hingegen gelten Assange und seine Truppe eher als Helden: Was oftmals und mit gutem Grund vermutet wurde, nämlich die aktive Unterstützung diverser diktatorischer Regime durch die U S-Regierung und die engen Beziehungen, die oft aus geostrategischen Erwägungen gepflegt wurden, war nie zuvor so unverhüllt ans Licht der Öffentlichkeit gelangt. Viele der Informationen waren zwar vorher schon grundsätzlich bekannt gewesen. Aber es macht einen Unterschied, ob ein Journalist in einer Schweizer oder britischen Tageszeitung darüber berichtet oder ob es die internen Dokumente der U S-Diplomatie sind, die über zarte Bande und harte Interessen der Vereinigten Staaten, ihrer Verbündeten und Feinde Auskunft geben. Zugleich zeigten die Cables etwas, was in ihrer Betrachtung nur wenig gewürdigt wurde: Was für ein hartes Brot die Diplomatie ist, dass sich die U S-Politik zuhause oft auch gegen die Einschätzung ihrer Experten vor Ort richtet und dass viele Verschwörungstheorien diesem tiefen Einblick in die Außenbeziehungen der Supermacht nicht standhalten.
    Der Schaden für die U S-Diplomaten war gewaltig: Viele ihrer Quellen wurden bekannt, teils musste Botschaftspersonal ausgetauscht werden. Und dass nun die ganze Welt wusste, wie U S-Diplomaten diese sehen, vereinfachte sicherlich ebenfalls nicht die politische Konversation. In Deutschland musste Helmut Metzner, Büroleiter des damaligen FD P-Parteichefs Guido Westerwelle, der freimütig aus den laufenden Koalitionsverhandlungen der späteren schwarz-gelben Bundesregierung erzählt hatte, deshalb den Hut nehmen. Bei der Lektüre der U S-Dokumente kann man an vielen Stellen nur feststellen, wie beschränkt offenbar selbst das Wissen der Auslandsvertretungen der USA über manche Länder, politische Geflechte und Interessen ist. Die Cables gaben einen Einblick sowohl in die Leistungsfähigkeit als auch in die Beschränktheit des diplomatischen Apparats. Ein nicht zu kleiner Teil der als vertraulich klassifizierten Berichte zeigte: Die Botschaftsmitarbeiter sind nicht zuletzt damit beschäftigt, in ihren Gastländern Zeitung zu lesen und sich mit Menschen über deren Einschätzung der politischen Lage zu unterhalten.
    Es ist grundsätzlich nichts Neues, dass Journalisten Informationen veröffentlichen, die die Mächtigen geheim halten wollen. Ebenso bekannt ist, dass das Aufdecken allein ohne die notwendige Aufmerksamkeit dafür nicht ausreicht. Der Journalist Bernard Lazare deckte 1896 die Diskriminierung und Fehlverurteilung des jüdischen Hauptmanns der französischen Armee Alfred Dreyfus auf. Doch erst Emile Zolas berühmte Anklage des Skandals unter dem Titel

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