Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft
Personenbezug oder lassen einen solchen herstellen? Hierfür gibt es bis heute keine klaren Richtlinien, denn natürlich soll der Staat nicht die Geheimnisse aller seiner Bürger preisgeben. Aber solche Richtlinien werden in naher Zukunft notwendig sein, auch wenn man erst einmal mit den offensichtlich unkritischen Datenbeständen anfangen und diese standardmäßig, maschinenlesbar und kostenlos zugänglich machen kann. Grundsätzlich sollte für staatliche Daten und Informationen in Zukunft gelten: Nicht die Öffentlichmachung muss begründet werden, sondern die Geheimhaltung. Und das gilt nicht nur für unser staatliches Betriebssystem, wie wir gleich sehen werden.
Das Prinzip Offenheit
In den 1960er-Jahren war die Computer-Hardware der zentrale Kostenfaktor für den Einsatz elektronischer Datenverarbeitungssysteme. Die Programme, die Software, wurden individuellvor Ort programmiert, und da die Großrechner in dieser Frühzeit Programme auch nur nacheinander bearbeiten konnten, tauschten die Nutzer untereinander Programm-Codes aus. Man half sich gegenseitig dabei, die Maschinen zu verstehen, teilte das Wissen mit anderen und baute wiederum auf deren Wissen auf.
Erst ab Mitte der 70er Jahre sollte sich diese Kultur des freien Gebens und Nehmens nachhaltig ändern. Zu den ersten, die hier einen anderen Weg suchten, gehörte ein gewisser William Henry Gates. Mit seinem Unternehmen Micro-Soft (dem Vorgänger von Microsoft) wollte Bill Gates durch den Vertrieb von Software Geld verdienen und war sauer: 1976 schrieb er einen offenen Brief an die »Hobbyisten«. Damit gemeint waren vor allem die Mitglieder des »Homebrew Computer Club«, eines Vereins von einigen Computerenthusiasten, die sich gegenseitig bei allem unter die Arme griffen, was Computer anging. Sie versorgten sich auch gegenseitig mit Software, und das war der Anlass für Gates’ Wut. Mitglieder des Clubs hatten 1975 die Vorabversion einer Software kostenlos weitergegeben, die von Gates und seinen Mitstreitern entwickelt worden war. Um genau zu sein, sie hatten sie auf Papierrollen weitergegeben. Gates aber wollte damit Geld verdienen. Er bekam von einem Hardware-Hersteller Geld für jedes Exemplar, das zusammen mit einem Computer über die Ladentheke ging.
In den 1980er und 1990er Jahren wurde Bill Gates der bekannteste Akteur der Softwarewelt. Seine Karriere ist unmittelbar mit dem Wort »proprietär« verknüpft. »Proprietär« kommt vom lateinischen »proprius«, eigen. Damit werden Programme bezeichnet, die jemandem im Speziellen gehören – und nicht etwa allen. Wir kennen diese Art von Software aus dem Alltag: Microsoft Office und Microsoft Windows sind solche proprietären Programme. Sie sind nicht veränderbar oder einsehbar, niemand, der einen Fehler findet, kann diesen auf eigene Faust beseitigen, weil er nicht weiß, wo. Denn Microsoft verkauft in der Hauptsache Software, die ohne Quelltext ausgeliefert wird. Der Quelltext, das ist das Programm in seiner rohen Form. Früher schrieb man Programme direkt in der Maschinensprache. Heute funktionieren Programmiersprachen als Dolmetscher zwischen dem, was der Mensch schreibt, und dem, was die Maschine versteht. Was wir als Anwender benutzen, ist die Maschinenversion.Was ein Programmierer entwickelt und ändert, ist hingegen die Menschenversion. Nur wer diese Quellversion, den Quellcode (englisch Source), vorliegen hat und die verwendete Programmiersprache beherrscht, kann ohne größere Schwierigkeiten Veränderungen und Anpassungen vornehmen.
Ganz anders ist dies bei sogenannter freier Software, im Volksmund auch gerne Open Source Software genannt. Was nicht genau dasselbe meint, aber dazu kommen wir noch. Ein Mann hatte die Startkultur der Software-Entwicklung an den Universitäten und in den Kreisen der Hard- und Softwarebastler, die man als die ursprünglichen Hacker bezeichnen kann, miterlebt. Er arbeitete seit Anfang der 1970er Jahre am Artificial Intelligence Laboratory (der Abteilung für Künstliche Intelligenz) des Massachusetts Institute of Technology (MIT). Er war nicht damit einverstanden, dass immer mehr Computercodes weggeschlossen und immer mehr Programme nur noch in der Maschinenversion ausgeliefert wurden. Richard Stallman wollte sich nicht damit abfinden, dass die Zukunft von proprietärer und verschlossener Software dominiert würde.
Anfang der 1980er Jahre fand er in dem Juristen Eben Moglin einen Mitstreiter. Sie gründeten die Free Software Foundation, die
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