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Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft

Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft

Titel: Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Falk;Beckedahl Lüke
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Verhältnis zwischen Netz und Politik als noch vor wenigen Jahren. In Zeiten, wo beinahe täglich neue Politiker auf Twitter und anderen sozialen Medien begrüßt werden, scheint die Situation der Kinderreporter, wie im Kapitel ›Politiker und ihr Umgang mit dem Netz‹ beschrieben, mittlerweile in etwas weitere Ferne gerückt. Aber noch immer überraschen Politiker wie Siegfried Kauder oder Hans-Peter Uhl mit Vorschlägen zur Netzpolitik und dem Internet, die sich wie verzweifelte Schreie aus einer anderen Zeit anhören.
    Debatten wie die rund um das Zugangserschwerungsgesetzoder den Jugendmedienschutzstaatsvertrag im Jahr 2010 haben gezeigt, dass zivilgesellschaftliches Einmischen in die Diskussion zum Erfolg führen kann   – oder zumindest zum Verhindern von schlechten Ideen mit potenziellen Kollateralschäden für Freiheit und Demokratie. Aber noch immer werden Debatten wie die um die Vorratsdatenspeicherung geführt, obwohl niemand auf die Idee kommen würde, vergleichbare Gesetze für den analogen Raum schaffen zu wollen. Wer will schon, dass ab Verlassen des Hauses jede Bewegung, jedes betrachtete Schaufenster, jeder Gesprächspartner für Monate in einer Datenbank gespeichert wird? Oder das Kaffeekränzchen bei den Nachbarn mit allen Beteiligten, der Uhrzeit und dem Ort?
    Die Medienkompetenz vieler Beteiligter in den öffentlichen Debatten rund um das Netz hat sich gesteigert. Dazu beigetragen hat sicherlich die stärkere Verbreitung von modernen Smartphones, durch die das Internet in die Jackentasche gewandert ist und bei vielen zum ständigen Begleiter wurde. Wer persönlich betroffen ist, denkt vielleicht etwas mehr über die Konsequenzen von neuen Gesetzen nach. Aber ausreichend ist das immer noch nicht.
    Medienpolitiker waren es in den vergangenen Jahrzehnten gewöhnt, Medien mit einem festen Raster zu regulieren. Wer über einen längeren Zeitraum mit einem Regulierungsrahmen arbeitet, wer vor allem in Rundfunkänderungsstaatsverträgen, Bundesländern und fest eingefahrenen Strukturen denkt, wird vor der Herausforderung stehen, vernünftige Regulierungen für ein transnationales Netz zu finden. Wenn auf einmal jeder zum Sender werden kann, ist die Komplexität etwas größer als wenn man eine beschränkte Anzahl von UKW- und Kabelfrequenzen zu vergeben und zu kontrollieren hat. Alleine schon die Frage, welches Bundesland für einen Server eines Nutzers aus Köln, der in einem Rechenzentrum in Nürnberg steht, verantwortlich ist, überfordert die meisten.
    Diese Komplexität und das oft kaum vorhandene technische Wissen um die Entwicklungen im Netz nutzten in den vergangenen Jahren Interessenvertretungen der Industrie gerne aus. Kaum ein Tag vergeht in Berlin oder Brüssel, wo nicht zahlreiche Unternehmen, ihre Verbände oder von ihnen beauftragte Public-Affairs-Agenturen mit Veranstaltungen zum Thema um die Aufmerksamkeitund die knappe Zeit von Entscheidungsträgern ringen. In einer andauernden Berieselung werden nicht nur den Fachpolitikern Botschaften eingehämmert und Kontakte gepflegt, die dann bei zukünftigen Vorhaben genutzt werden, um für die eigenen Positionen zu werben. Doch auch wenn es immer wieder zu der überraschenden Erkenntnis kommt, dass braune Umschläge und schwarze Kassen nicht von allen Politikern abgelehnt werden, greifen Verschwörungstheorien zu kurz, um zu beschreiben, wie Entscheidungen entstehen.
    Zwischen 2002 und 2005 lief auf internationaler Ebene ein Prozess rund um den Weltgipfel zur Informationsgesellschaft der Vereinten Nationen. Erstmalig sollte bei diesem Gipfel ein Multi-Stakeholder-Prozess ausprobiert werden: Regierungen waren zu der Ansicht gekommen, dass ein Weltgipfel ohne diejenigen, denen die Kabel und Infrastrukturen gehörten, nicht möglich sei   – und auch nicht ohne die Menschen, die diese digitale Gesellschaft bevölkern. Und so wurde mit der Einbindung zivilgesellschaftlicher Gruppen, Initiativen und Einzelpersonen experimentiert und ausprobiert, wie man diese in festgefahrene diplomatische Strukturen und Verhandlungen einbinden konnte. Auch die Bundesregierung konnte sich nicht dagegenstellen. Und so kam es immer wieder zu Konsultationen im Wirtschafts- oder Außenministerium in Berlin, um mit Vertretern beider Akteure die aktuellen Themen der Debatte zu diskutieren. Konkret sah das so aus, dass die zivilgesellschaftlichen Vertreter um 15   Uhr in einen Raum gelassen wurden, wo die Ministerialvertreter bereits mit Siemens, Bitkom und den

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