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Die Diktatorin der Welt

Die Diktatorin der Welt

Titel: Die Diktatorin der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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sei, sondern daß er Weiteres vorhatte.
    Während er nachdachte, unterhielt er mit Dado ein leicht dahinplätscherndes Gespräch über alltägliche Dinge – über Felip, der weiblicher Schönheit überaus aufgeschlossen war und trotzdem keine Anstalten machte zu heiraten (oder gerade deswegen, fügte Ken hinzu, um die Unterhaltung aufzulockern), über den neuen Mann, der morgen oder übermorgen eintreffen sollte, über Dados Garten (sie pflanzte Hibiskus und hatte keinen Erfolg damit) und über den Ausflug zur Küste am nächsten Wochenende.
    Über alles Mögliche – nur nicht über Nenu, Linth und Kori.
    Schweigen senkte sich über den Tisch, als der Hauptgang serviert wurde und Ken sich mit einem Appetit, dessen er sich nicht mehr für fähig gehalten hatte, über sein Filet Mignon stürzte. Er war glücklich und ein wenig betrunken. Wenn er zu Ende gegessen hatte, würde er Dado einladen, mit ihm nach Hause zu kommen. Er fühlte sich danach.
    Es war Dado mit ihrer wissenschaftlichen Hartnäckigkeit, die ihn wieder auf den Boden der Wirklichkeit zurückbrachte. Mit einem Bissen Canard Bigarrade auf der Gabel, die Gabel in halber Höhe über dem Teller haltend, erkundigte sie sich in unbefangenem Tonfall:
    »Was wirst du tun, wenn Nenu den Weg hierher findet?«
    Er spülte seinen Ärger mit einem halben Glas Wein hinunter.
    »Mußtest du das aufbringen?« fragte er grob.
    Dado schob den Bissen in den Mund und zuckte mit den Schultern.
    »Es ist ein Punkt, über den es sich klarzuwerden lohnt – oder nicht?«
    Ken faßte den Entschluß, sich den Appetit auf keinen Fall verderben zu lassen. Er strich in Gedanken den Plan, Dado zu verführen. Sie war nicht in der richtigen Stimmung. Ein andermal, vertröstete er sich.
    »Ich habe darüber nachgedacht«, antwortete er. »Ich halte es für unmöglich, daß Nenu meine Spur findet. Schön, Kori kann ohne Mühe feststellen, welche meiner Wahrnehmungszentren aktiviert waren. Nenu kann versuchen, dieselben Zentren in ihrem Gehirn zu aktivieren – aber wohin bringt sie das? Weißt du, wie viele Forderungen erfüllt sein müssen, bevor Nenu in der Lage ist, eine Serie von Universen wahrzunehmen, in der ich mich befinde?«
    Dados Augen glitzerten amüsiert.
    »Nein«, gestand sie geradeheraus. »Und du weißt es auch nicht.«
    Er stocherte in seinem Teller.
    »Richtig. Aber wir beide haben eine recht deutliche Vorstellung davon, wie schwierig es sein muß, Perzeptionszentren so zu aktivieren, daß ein bestimmtes Ziel erreicht wird. Sieh uns an – wir sind Spezialisten auf diesem Gebiet und operieren in völliger Dunkelheit. Als du heute nachmittag die Punktur ansetztest, hatte ich nicht die geringste Ahnung, an welcher Stelle ich herauskommen würde.«
    Dado, der der Ernst des Themas nichts anzuhaben schien, verzehrte den letzten Bissen Ente. Sie trank einen Schluck Wein hinterher und gab dann zu bedenken:
    »Ich weiß das alles, Ken. Wir stehen noch am Anfang der Entwicklung. Aber was für eine Logik ist das zu behaupten, daß Nenu keine Gefahr bedeutet, weil sie ebenso weit hintendran ist wie wir? Wer sagt's denn? Nenu und ihre Leute können Genies auf dem Gebiet der Perzeptionstheorie sein, mit hundert, zweihundert oder wer weiß wieviel Jahren Erfahrung!«
    Ken hatte plötzlich keinen Appetit mehr. Er schob den halbvollen Teller auf die Seite und lehnte sich zurück.
    »Schau her, Einhundert«, sagte er tadelnd. »Der Abend fing so schön an – warum mußtest du ihn verderben?«
    Dado blieb ernst. Sie nahm nicht zur Kenntnis, daß er sie bei dem Namen nannte, den Felip ihr gegeben hatte – was er äußerst selten tat.
    »Weil es wichtig ist, Ken«, antwortete sie ruhig. »Nenu bedeutet Gefahr, und solange wir nicht wissen, was auf dem Spiel steht, sehen wir uns am besten vor.«
    Ken nickte schwerfällig. Er hatte vier Gläser Wein getrunken und war nicht mehr so schnell im Denken. Er wollte nicht mehr denken. Nachdem seine Begeisterung über das Beisammensein mit Dado wie eine Seifenblase geplatzt war, fühlte er sich müde. Er winkte der Bedienung und verlangte die Rechnung.
    »Tut mir leid«, entschuldigte er sich bei Dado. »Ich fühle mich plötzlich wie gerädert.«
    Dado erwiderte seinen Blick ungerührt.
    »Ich weiß schon. Aber wenn du denkst, du kommst so billig davon, dann täuschst du dich. Ich werde die gleiche Frage morgen wieder zum Gespräch bringen. Du mußt eine Entscheidung treffen. Du bist der einzige, der sie treffen kann.«
    Ken antwortete nicht.

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