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Die Diktatorin der Welt

Die Diktatorin der Welt

Titel: Die Diktatorin der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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auf der Erde Moskau lag. »Wir sind hier.« Er drückte einen anderen Knopf. Ein grüner Fleck tauchte südwestlich des roten auf, irgendwo in Oberitalien. »Dort liegt Crescent, die Hauptstadt. Knapp zweieinhalbtausend Kilometer von hier. Nenu lebt dort, die Hauptbürgerin. Wir müssen also auf dem schnellsten Weg nach Crescent.«
    Ken begriff langsam.
    »Wie kommen wir hin?« war seine erste Frage.
    »Mit dem Rohrbus. Das sicherste Verkehrsmittel. Alle Festlandmassen sind von Rohrbusbahnen unterkellert. Rohrbusse verkehren hier mit derselben Frequenz wie auf Ihrer Welt die Wagen der Kettenbahn. Sie sind wesentlich schwerer zu kontrollieren als Langstreckenraketen. Allerdings wird man, sobald man Ihr Verschwinden bemerkt, die Ausgänge aller von hier kommenden Rohrbahnen scharf kontrollieren. Wir können uns nicht direkt nach Crescent wenden, sondern müssen einen Umweg nehmen.«
    »Schon richtig«, gab Ken zu. »Aber Rohrbusse kosten Geld, und wir ...«
    »Ich habe Geld«, schnitt ihm Jernigan das Wort ab. »Hier, probieren Sie das!«
    Er hielt ein hauchdünnes Plastikgebilde in der Hand. Ken nahm es und drehte es zwischen den Fingern.
    »Eine dermatophile Maske«, erklärte Jernigan. »Ziehen Sie sie übers Gesicht.«
    Ken gehorchte. Er preßte den oberen Rand der Maske gegen die Stirn und spürte, wie das Plastikmaterial sofort mit der Haut verschmolz. Er fuhr fort, die Maske sacht gegen die Haut zu streichen und die Falten zu glätten. Inzwischen erklärte Jernigan:
    »Das Material der Maske verbindet sich mit der Substanz Ihrer Haut und bildet eine homogene Schicht, die nur durch chemische Analyse von echter Gesichtshaut zu unterscheiden ist. Ihr Bartwuchs wird etwa zwei Tage lang gehemmt sein, dann bricht er durch.«
    Ken hatte die Maske angelegt. Er strich sich übers Gesicht und fühlte eine fremde, merkwürdig glatte Substanz. Aber die Nerven der Gesichtshaut reagierten. Das Gesicht spürte, wie die Finger darüberglitten.
    »Wie kriege ich das Ding wieder ab?« erkundigte er sich und stellte fest, daß seine Stimme unter der Maske noch denselben Klang hatte wie zuvor.
    »Mit einem geeigneten Lösungsmittel«, antwortete Jernigan. »Darum kümmern wir uns später.«
    Er griff ein weiteres Mal in die Tasche und brachte Kens V-Pistole zum Vorschein.
    »Sie werden sie brauchen«, sagte er nüchtern.
    Ken steckte sie ein. Jernigan schritt zur Theke und klappte sie auf. Ken folgte ihm zur Tür. Er warf einen letzten Blick zurück und prägte sich die Lage des roten und des grünen Punkts auf der Landkarte ein. Jernigan hatte es nicht für nötig befunden, die Markierungen zu löschen. Ken glaubte, seine Absicht zu durchschauen. Die Leute in Periklon sollten mit der Nase darauf gestoßen werden, daß die Flüchtigen nichts Eiligeres im Sinn hatten, als nach Crescent zu gelangen.
    Der Gang jenseits der Tür war leer und nur zur Hälfte erleuchtet. Auf der anderen Seite des großen Glasportals war es finster bis auf den Schein einer einsamen Fluorlaterne. Unangefochten verließen Ken und Jernigan das Gebäude. Jernigan hielt sich nach rechts. Ken folgte ihm, ohne zu fragen.
    Die Straße war leer bis auf ein gelegentliches Fahrzeug, das in der einen oder anderen Richtung surrend und mit hoher Geschwindigkeit vorüberglitt. Periklon schlief. Die Fenster der Geschäfte waren dunkel. Die Laternen, die die Straße beleuchteten, standen in Abständen von mehr als zweihundert Metern Periklon schlief nicht nur, es sparte außerdem an Energie.
    »Sie hatten sich also alles vorher ausgerechnet«, sagte Ken schließlich.
    »Nicht allzu lange vorher«, gestand Jernigan. »Es waren die Verhältnisse, die mich zu dieser Lösung zwangen.«
    Ken hatte den linken Ärmel aufgerollt und befestigte das Kästchen, das Jernigan ihm gereicht hatte, über der Schnittwunde. Er hielt sich dabei im Schatten des Roboters, um von der Straße her nicht gesehen zu werden.
    »Ich wäre Ihnen sehr verbunden«, bemerkte er bissig, »wenn Sie mir endlich erklären würden, was für eine Lösung Sie da gefunden haben.«
    »Die Lösung des Problems«, antwortete Jernigan ohne Zögern, »wie wir uns ungehindert auf einer Welt bewegen könnten, über deren Eigenheiten wir im Augenblick unserer Landung nichts wußten. Überlegen Sie selbst! Wie weit wären wir gekommen, wenn wir in unserer Unkenntnis versucht hätten, aufs Geratewohl nach Crescent vorzustoßen? Wir wußten noch nicht einmal, daß unser Ziel Crescent hieß. Wir hatten keine Ahnung,

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