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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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von... ich meine, die ich kommen ließ...?«
    Hans von Grumbach unterbrach ihn hastig. »Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht. Doch nun kommt herein. Wir haben einiges zu beraten. Was sich der Bischof nun wieder geleistet hat, können wir ihm nicht durchgehen lassen.« Er dirigierte die Gäste zur Haustür, doch der Propst wandte immer wieder den Kopf und sah zu Elisabeth hinüber. Sie spürte, wie Röte in ihre Wangen schoss, und wandte den Blick ab.
    Am nächsten Abend ließ Hans von Grumbach Elisabeth wieder in sein Gemach rufen und wartete, bis der Diener sich entfernt hatte, ehe er zu sprechen begann.
    »Ich hoffe, du fühlst dich hier wohl«, sagte er.
    Ihr war klar, dass diese Frage nicht der Grund sein konnte, weshalb er sie in sein Gemach gerufen hatte. »Ja«, sagte sie gedehnt. »Ich danke Euch für Eure Güte.«
    »Nun ja, mit der Güte ist das so eine Sache«, fuhr er fort. »Nur selten ist einer immer der Gebende und der andere stets der Nehmende. Meist ist jede Beziehung ein Geschäft.«
    Elisabeth horchte auf. Was mochte er von ihr wollen? Konnte und wollte sie seine Forderung erfüllen? Ihr Blick wanderte zu seinem Bett. Hans von Grumbach, der das offensichtlich bemerkt hatte, lachte kurz auf.
    »Du bist nicht auf den Kopf gefallen. Ja und nein, lautet die Antwort. Ich möchte, dass du einen Auftrag für mich erfüllst. Es geht um deine... hm... bisherige Arbeit, aber nicht ich möchte sie in Anspruch nehmen.«
    Obwohl Elisabeth mit so etwas hätte rechnen müssen, fühlte sie einen Stich. Er hatte sie so gar nicht wie eine Dirne behandelt und auch nicht wie eine gekleidet, sodass sie selbst schon begonnen hatte zu glauben, sie wäre keine mehr. Doch dies war keine Arbeit, die man ablegen und so einfach durch eine neue ersetzen konnte!
    »Du bist gekränkt?« Er verstand in ihrem Mienenspiel zu lesen. »Auch wenn du dazu keinen Grund hast, glaube ich zu verstehen, was in dir vorgeht. Dennoch bitte ich dich, dir meine Worte anzuhören und mir dann zu sagen, ob du diesen Auftrag erledigen wirst.«
    »Ich habe eine Wahl?«, stieß Elisabeth hervor.
    »Hat man die nicht immer? Ich kann dich schlecht zwin gen - mit Prügel und Kerker etwa? Was denkst du!«
    »Aber Ihr werdet mich wegschicken, wenn ich mich nicht füge«, vermutete Elisabeth laut.
    »Nein, das werde ich nicht. Aber ich hoffe, dass du darüber nachdenkst und mir dann dein Einverständnis gibst. Setz dich!«
    Elisabeth ließ sich auf der Stuhlkante nieder und lauschte den Worten, die der Domherr ihr zu sagen hatte.
    »Hast du alles verstanden?«
    Elisabeth nickte und erhob sich. »Ja, und ich werde es tun.«
    »Gut, dann zieh dich um. Hier liegen deine Kleider.«
    Ein wenig befangen machte sie sich daran, die Gewänder zu tauschen. Der Domherr blieb in seinem Stuhl sitzen und beobachtete sie. Wie immer verriet seine Miene nicht, was er dachte. Als sie fertig war, nickte er anerkennend.
    »Und denk an den Schleier!«, mahnte er sie, als er sie zur Tür begleitete. Bevor er ihr in die Kutsche half, die bereits im Hof wartete, legte er ihr ein Geschmeide um den Hals. Elisabeth griff danach und fühlte die vertraute Form des Medaillons in ihren Händen.
    »Woher habt Ihr das?«, rief sie erstaunt. Sie konnte sich das nicht erklären. Hatte sie das Schmuckstück nicht zuletzt in den Händen der Eselswirtin gesehen, nachdem sie es ihr nach ihrem Besuch bei dem päpstlichen Legaten zurückgegeben hatte?
    »Ich habe so meine Quellen und nicht gerade geringe Möglichkeiten«, sagte der Domherr sanft und schloss den Schlag. »Ich wünsche gutes Gelingen!«, sagte er noch. Dann hob er die Hand, und der Kutscher fuhr an.
    Die Kutsche ratterte durch die Nacht. Elisabeth schob den Vorhang ein wenig beiseite, um hinaussehen zu können. Die Räder holperten über die Brücke. Dann verlangsamten die Pferde ihren Schritt, um ihre Last die Steige hinaufzuziehen. Gemächlich zockelten die beiden Rösser dahin. Elisabeth konnte bereits die Silhouette der Festung ausmachen, die sich schwarz gegen den Nachthimmel abhob. Ein seltsames Kribbeln hatte sich ihrer bemächtigt und breitete sich nun von den Fingern und Zehen her über den ganzen Körper aus.
    Was war das für ein Spiel, das Domherr von Grumbach mit ihr trieb - oder war dies ein Einfall des Propstes? Es kam ihr nicht zum ersten Mal der Verdacht, der Auftrag habe etwas mit seinem Besuch vor zwei Tagen zu tun. Hatte der Propst Domherr von Grumbach dazu überredet, seine Dirne für diesen Plan herzugeben?

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