Die Dirne und der Bischof
zur Treppe zurück und dann hoch in den Saal, der inzwischen leer war. Das Mahl war beendet. Die Gäste gegangen. Nur ein paar Diener trugen noch die letzten Teller und Krüge hinaus.
Albrecht schob Elisabeth auf einen Stuhl und schickte einen Knecht nach Wein und Bechern, dann ließ er sich neben ihr nieder und ergriff ihre Hand.
»Ein Jahr! Ich hatte die Hoffnung bereits aufgegeben, du könntest es dir noch einmal überlegen und das Kloster wieder verlassen.«
»Kloster?«, stieß Elisabeth hervor, doch er achtete nicht auf ihre erstaunte Miene.
»Dein Vater hat es mir gesagt, als ich von dem Zug gegen die Hussiten zurückkehrte. Ach Elisabeth, ich war so voller Freude, dich wiederzusehen.«
»Ich war in Prag«, sagte sie ein wenig verwirrt. »Ich war selbst dort auf dem Zug. Ich war in der Burg, als sie eingeschlossen wurde, und im Feldlager, als die Verwundeten zurückkehrten.«
»Ja, ich weiß, das war mein erster Zug vor acht Jahren. Ich hatte gerade den Ritterschlag erhalten, und dein Vater befahl mir, auf dich aufzupassen. Du warst noch ein Kind, und ich war wütend auf ihn. Ich fühlte mich so stolz und erwachsen und wollte in der ersten Reihe kämpfen.«
»Ja, du warst bei mir«, sagte sie und lächelte.
Nun wirkte er ein wenig verwirrt. »Ja, ich glaube, schon damals habe ich mich in dich verliebt, und als du heranwuchst, hast du meine Gefühle erwidert.«
Elisabeth zog die Nase kraus. »Du bist noch einmal weggegangen.«
Er nickte. »Du warst so unglücklich, dass dein Vater mich mit ins Feld beorderte. Du hast getobt und ihm manche Szene gemacht, aber er blieb dieses eine Mal hart und befahl mich an seine Seite und dir, auf der Festung zurückzubleiben.«
Elisabeth nickte. »Ich erinnere mich. Wir trafen uns und …«, sie brach ab und sah errötend zu Boden.
»Wir haben uns einander versprochen, ja, so war es«, führte er fort. »Du versprachst, auf mich zu warten und mich zu heiraten, wenn ich von diesem Feldzug zurückkehren würde.«
Elisabeth schwieg. Was war dann geschehen? Warum war sie nicht mehr auf der Festung gewesen, als die Kämpfer aus Böhmen heimkehrten? Warum war sie ohne eine Erinnerung im Frauenhaus erwacht?
»Dein Vater, der schon früher zurückgereist war, empfing mich und brachte mir die Botschaft, du hättest dich in ein Kloster der Zisterzienserinnen zurückgezogen und würdest von nun an dem weltlichen Leben entsagen. Auch er war von dieser Botschaft überrascht und drängte mich, ihm zu sagen, was vorgefallen sei. Ich war so verzweifelt. Das Leben wurde grau und leer. Dein Vater gab mir die Schuld für deine Entscheidung und wollte mich nicht länger unter seinen Rittern sehen. Aber wie konnte mein Verhalten Schuld sein? Wir hatten nichts getan! Daher frage ich mich seit diesem Tag: Was ist geschehen, das dich zu diesem Schritt trieb? Und warum bist du nun zurückgekommen, ohne das Kleid einer Nonne?«
Sie schwieg. Er griff nach ihren Händen.
»Elisabeth, ich weiß, dass du deinen Vater sehr liebst und dich, seit deine Mutter zu ihrem Gatten in die Stadt zurückgekehrt ist, noch enger an ihn gelehnt hast, dennoch darfst du nicht blind für seine Fehler sein! Wir haben uns von ihm abgewandt und uns zusammengeschlossen, um seinem Treiben ein Ende zu setzen. Er ist kein guter Landesherr und kein guter Hirte, das musst auch du einsehen. Das Kapitel steht auf der richtigen Seite! Hast du deshalb mit mir gebrochen, ohne auch nur ein Wort der Erklärung?«
Was sollte sie ihm antworten? Es gab so viele offene Fragen.
Die Rückkehr seines älteren Bruders Johann, der, wie sie wusste, seit einigen Jahren Mitglied des Domkapitels war, gab ihr für ihre Antwort ein wenig Aufschub. Er trat näher, begrüßte sie und musterte sie neugierig, doch Elisabeth begnügte sich mit ein paar höflichen Worten. Plötzlich fiel ihr etwas auf. Sie sah von Johann von Wertheim in seinem langen Gewand der Domherren zu seinem jüngeren Bruder, der ähnlich gekleidet war. Kein Ritter würde in diesen Zeiten noch mit solch einem langen Rock herumlaufen! Elisabeth keuchte und entzog ihm ihre Hände.
»Du hast das Schwert gegen das Kreuz getauscht?«
Albrecht von Wertheim nickte. »Ja, dein Vater wollte mich nicht mehr unter seinen Rittern sehen, als er merkte, dass ich mit der Partei seiner Gegner sympathisiere, und du hattest dich in ein Kloster zurückgezogen und unser Verlöbnis gelöst. Was lag näher, als dem Weg meines Bruders zu folgen?«
»Dann gehörst du jetzt auch zum
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