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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Domkapitel?«
    »Ja, obgleich ich noch am Anfang meiner Studien bin.«
    Elisabeth wusste genug über Politik und Ämter, um zu ahnen, dass dies irgendjemanden - vermutlich den alten Grafen von Wertheim - eine Menge Geld gekostet haben musste.
    Sie gab ein unsicheres Lachen von sich. »Dann gehörst du nun zum geistlichen Stand.« Er nickte gequält.
    Sie versuchte sich einzureden, dass dies gut sei. Es gab kein Zurück in ihr altes Leben! Sie war nicht ein Jahr im Kloster gewesen, um zu beten und sich über ihren Lebensweg im Klaren zu werden. Sie war niedergeschlagen und dabei fast getötet worden. Sie hatte sich ein Jahr lang im Frauenhaus verkauft! Nur mühsam blinzelte Elisabeth ihre Tränen weg.
    »Bedeutet dein farbiges Gewand, dass du nicht mehr ins Kloster zurückgehst?«, fragte er mit Hoffnung in der Stimme und griff wieder nach ihren Händen.
    »Ich weiß es nicht! Ich bin noch so durcheinander. Dränge mich nicht.«
    Ein Kloster. Wäre das nicht der rechte Ort, um sich zurückzuziehen? Seine Wunden zu lecken und die Sünden zu bereuen? -Zu denen sie dich gezwungen haben!, widersprach eine trotzige Stimme in ihr. Ihr Vater könnte es sicher arrangieren.
    Ihr Vater, mit dem sie beinahe Unzucht getrieben hätte! Der Gedanke ließ sie würgen. Er war so widerlich wie ein brünstiges Tier gewesen. Wie alle Männer, wenn der Trieb in ihren Lenden ihr Handeln bestimmte. -Aber er war ihr Vater! Ja, der Bischof Johann von Brunn, der wegen seiner leichtfertigen Lebensweise, der Verschwendungssucht und der zahlreichen Mätressen sein Land verpfändete und seine Bürger und das Kapitel ausbluten ließ. Albrecht hatte Recht, von ihm zu sagen, er sei kein guter Landesherr und kein guter Hirte, und dennoch lösten die Worte Widerspruch in Elisabeth aus.
    Hatte sie die Makel ihres Vaters früher nicht gesehen oder sie nicht sehen wollen?
    Johann beendete das Schweigen, das sich zwischen ihnen ausbreitete.
    »Ich möchte dich ja nicht drängen, kleiner Bruder, aber wir sollten uns auf den Heimweg machen. Der Bischof wird uns sicher nicht mit Freuden ein Nachtlager anbieten - und wenn, könnte es das unbequeme sein, in das er im vergangenen Jahr einige unserer Brüder und Räte der Stadt geworfen hat!«
    In Elisabeth formten sich die Worte, dass ihr Vater nie so etwas Niederträchtiges tun würde, doch sie lösten sich in Nichts auf, noch ehe sie sie hätte aussprechen können. Er hatte so etwas getan! Er hatte die Delegation, die von ihm zu Verhandlungen auf die Festung geladen worden war, in den Kerker werfen lassen, um die Stadt zu erpressen. Er hatte den Ratsherrn Maintaler ohne Grund monatelang unter der hohen Warte im tiefsten Kellergelass schmachten lassen.
    Plötzlich kam ihr ein Gedanke. »Warum seid ihr überhaupt hier auf der Burg, wenn ihr zu den Gegnern des Bischofs zählt?« Sie brachte die Worte »meines Vaters« nicht über die Lippen.
    »Wir waren zusammen mit unserem Propst von Rotenhan, dem Dechant von Masbach und den Domherren Voit und von Weckmar hier, um den Bischof zur Einsicht zu bringen. Ich weiß nicht, ob du davon gehört hast, dass er den letzten Vertrag, den er mit Rat und Kapitel geschlossen hatte, nun wieder einmal gebrochen hat. Er hat Briefe an die Viertelmeister geschickt und alle Schuld von sich gewiesen! So geht das nicht weiter. Die Bürger getrauen sich kaum mehr, den Schutz der Stadtmauern zu verlassen, da ihnen an den Grenzen die Gläubiger des Bischofs auflauern und sie in ihre Burgen verschleppen, um so wenigstens ihre Zinsen einzutreiben, die der Bischof nach wie vor nicht zu bezahlen bereit ist.«
    »Und wie ist euer Gespräch verlaufen?«, wollte Elisabeth wissen.
    »Oh, er war freundlich und ließ uns ein üppiges Mahl auftragen. Der großzügige Gastgeber! Er ließ uns reden, doch ich sage dir, er hat nicht einmal zugehört. Seine Gedanken waren ganz woanders. Er lächelte, wiegelte ab und sagte, alles wäre nicht so schlimm und würde sich finden. Wir sollten versuchen, in Frieden mit ihm auszukommen und uns an unser Treuegelöbnis erinnern!« Albrechts Wangen glühten vor Zorn. »Und kaum war das letzte Gericht abgetragen, erhob er sich, obwohl der Propst mit seiner Rede noch nicht zu Ende war, sprach irgendetwas von einem wichtigen Geschenk, um das er sich nun kümmern müsse, und ging davon!«
    Elisabeth senkte den Kopf, damit er die Röte nicht sah, die in ihren Wangen aufflammte. Sie wusste genau, was für ein »Geschenk« den Bischof von seiner Tafel fortgelockt hatte.

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