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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Die Brüder von Wertheim dagegen schienen davon keine Ahnung zu haben. Sie wussten nichts von der Falle, in die der Bischof gelockt werden sollte! War es allein Domherr von Grumbachs Werk? Oder doch eine Sache des Propstes?
    »Was blieb uns also anderes übrig, als unsere Becher zu leeren und zur Stadt zurückzukehren? In dem Wissen, dass wir wieder nichts erreicht haben.«
    »Wir waren die Letzten und wollten eben gehen, als Albrecht dich unvermittelt vor sich sah«, schloss sein Bruder Johann. »Und nun komm«, sagte er zu seinem Bruder. »Ich möchte nicht in Schwierigkeiten geraten. Du weißt, seine Stimmungen sind unberechenbar. Vielleicht sucht er sich heute Nacht noch etwas anderes zum Spielen, wenn ihm sein geheimnisvolles Geschenk nicht so zusagt wie erwartet.«
    Elisabeth schloss für einen Moment die Augen und unterdrückte ein Stöhnen. Er konnte nicht wissen, wie recht er mit seinen Worten haben könnte. Elisabeth erhob sich.
    »Ich begleite euch noch bis zum inneren Tor.«
    Albrecht wollte ihre Hand gar nicht loslassen. »Darf ich morgen vorsprechen und dich sehen?«
    Nein!, wollte sie rufen. Wer konnte schon sagen, wo sie sich morgen befinden würde? Bereits auf der Landstraße nach Nürnberg? Auf der Flucht vor dem Domherrn und vor ihrem eigenen Vater?
    »Gerne«, sagte sie stattdessen und brachte ein gequältes Lächeln zustande.
    Auf dem Weg zum Tor sprachen sie kein Wort. Albrecht umarmte sie zum Abschied. Johann verbeugte sich vor ihr. Dann verschwanden die beiden Brüder von Wertheim in der Nacht.
    »Du bist es also wirklich!« Elisabeth fuhr herum. Sie hatte im Schatten verborgen gewartet, bis die Brüder von Wertheim die Brücke überquert und im Vorhof ihre Pferde bestiegen hatten. Nun wollte auch sie die Burg verlassen, als sie die seltsam vertraute Stimme hörte.
    »Elisabeth!«
    »Vater?«
    Der Bischof hatte sich wieder angekleidet und stand nun hoch aufgerichtet vor ihr. Er war ein großer Mann, der früher sicher einmal stattlich zu nennen gewesen war. Nun war sein Haar gelichtet, Wangen und Kinn in Falten gelegt, und ein mächtiger Bauch wölbte sein Gewand. »Du hast es dir also anders überlegt«, sagte er. »Willst du mir nicht sagen, warum du das Kloster so plötzlich wieder hinter dir lässt und warum du überhaupt erst dort hingegangen bist? Und vor allem, was diese Maskerade dort oben in meinem Gemach sollte!«, fügte er mit Schärfe in der Stimme hinzu.
    Elisabeth hob die Arme. »Das ist eine sehr lange Geschichte, die ich selbst noch nicht ganz verstehe.«
    »Ich habe Zeit, und ich möchte sie von Anfang bis zum Ende hören!«, sagte der Bischof und griff nach ihrem Arm. »Komm mit. Hier ist nicht der rechte Ort, über solche Dinge zu reden.«
    Elisabeth ließ sich zurück zum Ostflügel und in die Gemächer des Bischofs führen. Was blieb ihr anderes übrig? Auf ihrem Weg überlegte sie fieberhaft, was sie ihm erzählen und was besser verschweigen sollte. Doch dann saß sie ihrem Vater in einer üppig ausgestatteten Stube gegenüber und sah in sein Gesicht, das normalerweise gutmütig wirkte, nun aber streng zu ihr herüberblickte.
    »Du kannst beginnen!«
    Elisabeth schwieg und suchte nach Worten.
    »Nun? Ich warte! Wir werden dieses Zimmer nicht eher verlassen, bis du mir alles gesagt hast. Wenn du Hunger oder Durst verspürst, kann ich dir etwas bringen lassen.« Elisabeth schüttelte den Kopf. »Nein, danke, es ist nur … der Anfang liegt im Nebel verborgen. Ich weiß ihn selbst nicht! Jedenfalls habe ich mich nie entschlossen, mich in ein Kloster zurückzuziehen, und ich war das vergangene Jahr auch nicht bei den Zisterzienserinnen.«
    Der Bischof starrte sie verblüfft an. »Nein? Aber deine Nachricht, die ich ausgehändigt bekam, als ich von meinem Zug nach Böhmen zurückkehrte?«
    »Ich habe sie nicht geschrieben - oder kann mich zumindest nicht daran erinnern. Es gibt überhaupt einige Dinge, die meinem Gedächtnis noch immer entfallen sind. Es sind weniger geworden. Viel weniger. Vor ein paar Stunden wusste ich nicht einmal mehr, wer ich bin, wie ich heiße und wo ich aufgewachsen bin. Ich wusste nicht, dass Ihr mein Vater seid!«
    »Was? So etwas gibt es doch gar nicht!«, polterte der Bischof.
    »Mir ist es aber so geschehen«, sagte Elisabeth schlicht. »Mein Gedächtnis reichte nur bis zu einem Tag des vergangenen Frühjahrs zurück, als mich zwei betrunkene Männer aus der Kürnach zogen und zum Frauenhaus trugen, wo ich erwachte. Nicht nur mein Körper war

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