Die Dirne und der Bischof
röten. Du sollst nicht aussehen wie der Tod, wenn unsere Gäste gleich kommen. Ich werde dir schon einen aussuchen, der dich nicht zu sehr fordert. Du schaffst das schon!«
Die Meisterin war so schlau, Elisabeth nicht zu zerbrechen. Sie behielt sie im Auge und teilte ihr keinen der Männer zu, von denen sie wusste, dass sie außergewöhnliche Vorlieben pflegten. Ihr war klar, wenn sie es zu weit trieb, dann würde sich ein Teil von Elisabeths Wesen in eine verborgene Kammer zurückziehen und nur eine schöne, weibliche Hülle übrig bleiben, die bereit war, Befehle auszuführen, die aber nicht mehr richtig lebte. Das war nicht das, was die Männer hier suchten. Teilnahmslose Weiber im Bett, die mit trübem Blick zur Decke starrten, hatten so manche von ihnen in der heimischen Schlafkammer. Wenn sie nach einem anstrengenden Arbeitstag hierher ins Frauenhaus kamen, dann wollten sie trinken und spielen, lachen und scherzen, ein wenig übermütig wie die Knaben sein und wenn sie ihre Lust auslebten - sich einreden können, dass sie auch den Weibern Wolllust bereitet hatten und es sich gelohnt hatte, die acht Pfennige dafür auszugeben.
Elisabeth betrachtete die Meisterin bald mit Respekt und ohne Groll. Sie hatte ihre Stärken und ihre Schwächen kennengelernt und wusste die Dinge zu meiden, die sie in Zorn versetzten, denn dann saß ihre Hand locker -und war sie einmal in Wut, fehlte nicht viel, dass sie zu einem Riemen oder der Peitsche griff. Andere Strafen waren die Streichung von Mahlzeiten oder eine Nacht ohne Decke in den Binsen. Allerdings war Else so weitsichtig, diese Strafe nicht in den eisigen Nächten des Winters zu verhängen. Was würde ihr eine kranke Dirne noch nützen?
Ritter Philipp von Thann, der Elisabeth die Jungfräulichkeit geraubt hatte, kam immer wieder zu ihr, wenn er in der Stadt weilte. Manches Mal saß er, nachdem er sich an ihr befriedigt hatte, noch lange bei einem Becher Wein mit ihr zusammen und erzählte ihr von seinen Schwierigkeiten mit den zahlreichen Gläubigern, von den Streitereien in der Familie und von der Burg, in der er aufgewachsen war.
»Man sollte nicht meinen, dass ich mich noch immer wie ein einfältiges Mädchen nach diesen alten Mauern von Burg Meinungen sehne«, sagte er eines Abends. Elisabeth zog sich ihr Hemd über den Kopf und setzte sich dann mit einem Becher neben ihn.
»Warum seid Ihr von Meinungen fortgegangen? Könnt Ihr nicht zurückkehren, wenn Ihr wisst, wohin Euch Euer Herz zieht?« Sie seufzte tief. Wenn sie nur wüsste, wonach sich ihr Herz sehnte! Sie würde keinen Augenblick zögern.
Der Junker lachte auf. Er legte den Arm um sie und küsste ihren Hals. Elisabeth zuckte nicht zurück.
»Ach, du bist so ein unschuldiges Lämmlein. Ich kann nicht zurück, weil uns Burg und Stadt heimtückisch geraubt wurden.«
Elisabeth riss die Augen auf. »Was? Wisst Ihr, von wem? Ich habe schon gehört, dass sich ehrlose, räuberische Ritter in unserem Land mit Strauchdieben verbünden, um Kaufleute und Junker zu überfallen. Könnt Ihr denn nicht zum Bischof gehen und ihn um Hilfe bitten?«
Der junge Mann gluckste und küsste sie noch einmal. »Wie kommt eine solch kindliche Seele in dieses Haus?«, rief er. »Der Raubritter ist unser Herr Bischof höchstpersönlich, und seine Strauchdiebe heißen von Thüngen und von Castell, sind Grafen von Henneberg und von Wertheim.«
»Der Bischof hat Euch aus Eurer eigenen Burg vertrieben?«
»Ja, also nicht aus unserem Erblehen«, gab der Junker zu. »Die drei Burgen über Dahn sind noch in der Familie, doch wir saßen durchaus zu Recht auch auf Burg Meinungen, und hätte der Bischof auch nur einen seiner Verträge eingehalten, dann hätten die Bürger von Meinungen nicht beschlossen, ihm ihren Gehorsam aufzukündigen! Bischof Johann bezichtigte uns, wir hätten ihm widerrechtlich die Stadt entrissen. Wir, die Herren von Thann, Junker des ältesten fränkischen Adels! Mein Ahn hat bereits unter Friedrich Barbarossa als Hofmeister gedient, und da kommt dieser Bischof aus einer armseligen elsässischen Familie und behauptet, wir hätten ihm Burg und Stadt entrissen! Dabei hat er die Rechte des Bistums verpfändet und das Geld bei seinen Jagden und Banketten verschleudert. Nicht einmal seine Zinsen begleicht er. Wie kann er da weiterhin Gehorsam verlangen?«
Seine Stimme war mit jedem Satz lauter geworden. Die Erregung trieb ihm die Röte ins Gesicht. Elisabeth wusste nicht, was sie sagen sollte. Wie konnte sie
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