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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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dass ihr euch alle heimlich ins Fäustchen lacht, weil es mich erwischt hat. Ihr könnt es doch gar nicht erwarten, bis ihr mich endlich losgeworden seid. Dann bist du die Schönste hier und alle Männer werden nur Augen für dich haben.«
    Elisabeth schüttelte den Kopf. »Ach, Marthe, ich hoffe, du weißt, was für einen Unsinn du redest. Niemand will dich loswerden -und ich möchte alles andere lieber, als von den Männern begafft und befingert zu werden.« Sie wandte sich ab, ohne eine Antwort abzuwarten.
    Den ganzen nächsten Tag hielten sich die Frauen in der Nähe von Marthes Bett auf und beobachteten sie mit verstohlenen Blicken. Begann der Trank die erhoffte Wirkung zu zeigen? Dass der Kampf in ihrem Körper begonnen hatte, zeigte sich schon in der Nacht. Sie musste sich noch häufiger als sonst erbrechen, und ihre Eingeweide protestierten mit lautem Getöse. Sie klammerte sich an dem Eimer vor ihrem Bett fest, während sich ihre Gedärme entluden. Der Gestank war unerträglich, doch trotz Geschimpfe und Drohungen der Meisterin war Marthe nicht in der Lage, bis zur Grube hinter dem Haus zu gehen. Mit finsterer Miene befahl die Wirtin, Marthe am Abend in ihrem Häuschen vor den Ofen zu betten, bis die letzten Kunden wieder gegangen waren.
    »Ich schreibe es auf deine Schuldenliste, wenn deinetwegen die Gäste vergrault werden«, schimpfte sie. Marthe weinte. Die anderen Frauen versuchten den Gestank mit frischen Kräutern zu vertreiben. Ausnahmsweise ließ die Meisterin die Tür des Frauenhauses in dieser Nacht offen stehen. Ester jammerte zwar, dass die kühle Nachtluft ihnen schaden würde, doch die anderen waren alle dafür, die Tür offen zu halten.
    Der nächste Tag brachte keine Änderung. Noch immer floss kein Blut, und obwohl Marthes Leib sich verkrampfte und keine Nahrung mehr bei sich behalten wollte, umklammerte er die noch winzige Leibesfrucht und war nicht bereit, sie herauszugeben. Das Gesicht der Meisterin wurde immer verkniffener, und die Frauen machten mit gesenktem Blick einen großen Bogen um sie. Wehe dem, die sie ansprach oder ihr in den Weg trat! Ihre Hand saß locker in diesen Tagen, und ihr Schlag war hart und unbeherrscht. Am vierten Abend verschwand sie noch einmal, um mit einem kleinen Fläschchen zurückzukommen, aus dem ein unangenehmer Geruch aufstieg, als sie den Korken entfernte.
    »Was ist das?«, hauchte Marthe. Die anderen Frauen spitzten die Ohren.
    »Das ist Sadebaumöl«, sagte die Meisterin. Ihre Stimme klang grimmig. Sie ließ vier Tropfen in einen Becher mit Wein fallen. »Da, trink es. Ich habe es von jemandem gekauft, der sich damit auskennt, um das Risiko nicht unnötig zu vergrö ßern. Es war teuer, aber es wird seine Wirkung tun!«
    »Danke, Meisterin.« Marthe würgte den Wein herunter und ließ sich dann in ihre Kissen zurücksinken.
    Die Wirkung ließ nicht lange auf sich warten. Marthe schlang die Arme um den Leib und schrie. Ihr Körper krampfte sich zusammen. Blut strömte an ihren Beinen herab. Sie bäumte sich auf. Krämpfe schüttelten sie. Ester wich nicht von ihrer Seite, säuberte sie von Blut und Erbrochenem und ertrug ihr Gezeter mit Gleichmut. Am Abend wurden Marthes Schreie leiser. Ihre Stirn glühte, dann wieder bedeckte kalter Schweiß ihren Körper. Sie brabbelte wirres Zeug vor sich hin und schien die anderen nicht mehr zu erkennen.
    »Müsste das Blut nicht wieder aufhören zu fließen?«, fragte Ester zaghaft, die einen ganzen Berg blutiger Leinenstreifen in einem Eimer auswusch.
    Elisabeth fühlte ihre Stirn. »Sie ist viel zu heiß«, sagte sie und sah besorgt auf den in wenigen Tagen abgemagerten Körper herab, der immer häufiger von Krämpfen geschüttelt wurde. Hilflos standen die Frauen um Marthes Bett.
    »Sie wird sterben«, sagte Anna. Tränen rannen über ihre Wangen.
    »Unsinn!«, wandte die Meisterin ein, die zu ihnen getreten war, doch ihrer Stimme fehlte es an der gewohnten Überzeugungskraft. Sie hob die Decke und ließ sie dann schnell wieder über den zuckenden Körper fallen.
    »Was ist hier los?«
    Beim Klang der Männerstimme fuhren die Frauen herum. Keine hatte den Henker bemerkt, bis er nun mit schweren Schritten eintrat und sich dem Bett näherte, vor dem sich die Frauen wie eine schützende Mauer aneinanderdrängten.
    »Was ist los?«, fragte er noch einmal. »Gar nichts!«, gab die Eselswirtin mit unnatürlich hoher Stimme zurück. »Else, lüg mich nicht an! Geht zur Seite, Mädchen!« Die Frauen wagten nicht, dem

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