Die Dirne und der Bischof
die ungewöhnlich demütige Antwort.
Elses Miene entspannte sich ein wenig. Sie trat auf Marthe zu und tätschelte ihr die Hand. »Das kriegen wir schon wie der hin. Ich mache dir einen kräftigen Sud, der deine Säfte flie ßen lässt, und schon fühlst du dich wieder besser. - Du hast doch das Schwämmchen immer benutzt?« Marthe nickte.
»Gut, tu das weiterhin. Es ist gut, auch wenn manches Mal trotzdem was passiert.« Ungewöhnlich sanft fasste sie Marthe am Arm und zog sie wieder zu ihrem Bett.
»Ich mach mich gleich ans Werk, und du sagst mir, wenn das Blut anfängt zu fließen.« Marthe nickte noch einmal und verkroch sich dann wieder unter ihrer Decke.
»Und dennoch ist es seltsam«, murmelte die Meisterin, als sie zu ihrem Häuschen hinübereilte, um den Sud anzusetzen, der die Säfte bei verstockter Mensis wieder zum Flie ßen brachte. Sie kochte Frauenminze und Beifuß auf kleiner Flamme und gab noch ein wenig Frauenmantel bei. Sie war keine Heilerin und hatte keine so große Erfahrung wie die alte Hebamme, die im Schatten der Gertraudenkirche wohnte, doch wenn die Essigschwämmchen versagten, konnte sie sehr gut selbst etwas unternehmen, damit alles wieder seinen gewohnten Gang ging und das Leben ihres Schützlings nicht zu sehr gefährdet wurde. Als der Sud ein wenig abgekühlt war, brachte sie Marthe den Becher und blieb neben ihrem Bett stehen, bis sie ihn leergetrunken hatte.
»Du kannst heute Abend im Bett bleiben. Die anderen sollen es dort an die Wand schieben und den Schirm herum aufstellen. Du sagst mir Bescheid, wenn die Krämpfe beginnen!«
Marthe blieb stumm. Sie stand auf, tappte neben den anderen her, die das Bett verschoben, und verkroch sich dann wieder unter der Decke. Den ganzen Tag sprach sie mit niemandem ein Wort und rührte sich nur, wenn sie ihre Notdurft verrichten musste. Esters Versuche, sie zum Essen zu überreden oder zumindest zu einem Becher Wein, ignorierte sie.
Else kam alle paar Stunden vorbei. »Noch nichts?«
Marthe blieb stumm und schüttelte den Kopf. Am nächsten Morgen musste sie sich noch zweimal übergeben, und sie hatte offensichtlich auch Bauchschmerzen, aber die Blutungen blieben aus.
»Ich verstehe das nicht.« Else wurde immer gereizter, und die Frauen hüteten sich, der Meisterin in die Quere zu kommen. Sie gingen ihrer Arbeit nach, hielten die Gäste bei Laune, verleiteten sie zu möglichst viel Weingenuss und versuchten sie anschließend in jeder sonstigen Weise zufriedenzustellen. Mit grimmiger Miene sammelte die Wirtin die Münzen ein. Nicht einmal das Klimpern in ihrem Geldsack entlockte ihr an diesem Abend ein Lächeln.
Am folgenden Tag stand die Wirtin ungewöhnlich früh an Marthes Bett. »Immer noch nichts? Dann muss ich mir etwas anderes überlegen. Ich verstehe das nicht!«
Marthe begann zu weinen. Die anderen sahen betreten zur Seite. »Ich habe das nicht gewollt«, schluchzte sie.
»Natürlich hast du das nicht gewollt«, gab die Wirtin ungeduldig zurück. »Und wenn du dein Schwämmchen benutzt hast, dann ist dir auch kein Vorwurf zu machen.«
»Ich habe mir immer wieder eingeredet, dass alles wieder gut wird«, weinte sie.
»Ja, ja, nun beruhige dich. Es sind ja erst ein paar Tage.«
Marthe schniefte, sagte aber nichts.
Die Meisterin sah sie scharf an. »Das ist doch richtig? Deine Unreinheit ist noch keine zehn Tage zu spät?« Die junge Frau starrte zu Boden.
Die Stimme der Wirtin wurde hart. »Marthe, wann hast du das letzte Mal geblutet?«
»Ich weiß es nicht mehr so genau. Ich habe immer gedacht, es kommt schon wieder.«
»Ich habe dich aber jedes Mal gefragt, und du hast gesagt, alles sei in Ordnung!«
Marthe heulte auf.
»Du hast mich angelogen!«, rief Else voller Entsetzen. Sie packte Marthe an beiden Armen und schüttelte sie, dass ihre Zähne aufeinanderschlugen. »Wie oft sind deine unreinen Tage schon ausgeblieben? Sag mir die Wahrheit, wenn dir dein Leben noch etwas wert sein soll!« »Das ist jetzt das dritte Mal«, hauchte sie, sodass die Meisterin sich vorbeugen musste, um die Worte zu verstehen. Die anderen, die der Unterhaltung aufmerksam folgten, wurden nicht lange im Unklaren gelassen.
»Dreimal? Bist du denn des Teufels? Und du hast mich jedes Mal angelogen?«
Sie brauchte keine Antwort. Marthes jämmerliches Weinen war Zustimmung genug. Die Meisterin gab ihr eine kräftige Ohrfeige, doch dann verrauchte ihr Zorn, und sie begann grübelnd auf und ab zu gehen.
»Und was wird nun?«, wagte Ester zu
Weitere Kostenlose Bücher