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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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und die Frauen taten ihr Bestes, um die Kunden zufriedenzustel len und sie dazu zu verleiten, viel vom teuren Wein zu trinken.
    »Lisa, der Ratsherr hat nach dir verlangt. Beeil dich!«
    Sie ließ sich von Jeanne das Mieder noch ein wenig enger schnüren und trat dann mit wiegenden Hüften zu dem Mann, der alleine am Ende des Tisches saß und sich nicht an dem Würfelspiel beteiligte, das zwischen Bäcker Ecken, einem fremden Geharnischten und dem Krämer Wilhelm Mor ausgetragen wurde. Gret saß auf dem Schoß des Bäckers und feuerte ihn an, während Anna dem Geharnischten Glück zu bringen suchte. Der reiche Krämer bestand mal wieder auf die Gesellschaft zweier Frauen und hatte sich Marthe und Jeanne gewählt.
    »Ratsherr Maintaler, Ihr habt nach mir verlangt? Womit kann ich Euch Freude bereiten?«
    Es dauerte eine Weile, ehe der Mann aufblickte. Seine Augen waren rot gerändert. Er hatte dem Wein offensichtlich schon mächtig zugesprochen.
    »Ich? Nach dir? Oh ja, das stimmt, sonst hat immer Jeanne meinen Kummer vertrieben, doch wie ich sehe, ist sie beschäftigt, und ich kann nicht länger warten. Da dachte ich, du machst einen hübschen Eindruck, und ich möchte dich kennenlernen.« Er trank seinen Becher leer und ließ sich noch einmal einschenken.
    »Ihr habt gut gewählt«, hörte sich Elisabeth mit dieser fremden Stimme sagen, die sie sich den Gästen gegenüber angewöhnt hatte. In ihren Ohren klang sie wie das falsche Geschnurre einer Katze, doch den Männern schien es offensichtlich zuzusagen. »Ich bin sehr gut darin, Kummer zu vertreiben. Erzählt mir, was bedrückt Euch und womit kann ich die dunklen Wolken vertreiben?«
    Er seufzte und trank noch einen Becher leer. Er würde ein leichter Gast werden. Manche der Besucher waren sogar so betrunken, dass sie es nicht einmal mehr schafften, völlig einzudringen, ehe sich der Druck bereits entlud, doch das war dann ihr eigenes Problem. Die Meisterin ließ da nicht mit sich handeln. Der Preis stand fest!
    »Er wird bald zurückkehren«, sagte der Ratsherr düster.
    »Wer wird zurückkehren?«, erkundigte sich Elisabeth mit gespieltem Interesse und sorgte dafür, dass ihm der Wein nicht ausging.
    »Unser edler Herr Bischof mit seinem Gefolge!« Er spuckte die Worte geradezu aus. »Du weißt doch, dass er gegen die Hussiten gezogen ist, oder? Oh ja, der edle Verteidiger des rechten Glaubens, nur dass am Ende wieder wir die Zeche bezahlen müssen!«
    Etwas regte sich in der Düsternis ihres Gedächtnisses. Da war wieder die Stimme des jungen Mannes, die sie auf dem Judenplatz zu hören geglaubt hatte. Seine wohlgeformten Beine wurden von den engen, strumpfartigen Hosen gut zur Geltung gebracht. Sein Rock war kurz und aus edlem Brokat. Ein Schwert lag über seinen Knien. Doch nun konnte sie auch seine Züge erkennen. Schöne, aristokratische Züge! Seine Haut schimmerte in einem warmen, leicht gebräunten Ton, das Haar hatte die Farbe dickflüssigen Honigs. Sein Gesicht war glatt rasiert, und das durch die grünlichen Scheiben hereinfallende Licht betonte die Linie seines Kinns.
    »Einen edlen Verteidiger des rechten Glaubens nennst du ihn? Ich bitte dich! Du weißt so gut wie ich, dass es hier um ganz andere Dinge geht, also habe auch den Mut, sie auszusprechen!«
    Ein anderer Mann trat in ihr Blickfeld. Er war älter, das Haar dunkler, und seine Züge waren nicht so harmonisch, dennoch sah er dem jungen Mann ähnlich. Er trug jedoch ein langes, wertvolles Gewand, wie die, in denen die Stiftsherren sich in der Stadt zu zeigen pflegten. Der Mann beugte sich zu dem jüngeren herab.
    »Es geht hier nicht um Mut! Dies hier ist nicht der Turnierplatz, wo sich ein paar junge Geck en die Köpfe einrennen. Es geht hier um den Schauplatz der großen Politik und darum, wer sich dort am Ende behaupten wird.«
    »Ah, du sagst es, Bruder! Es geht darum, wer am Ende die größte Macht in Händen hält - sei es als Krone oder als Bischofsstab. Und das Gerede über ketzerischen Glauben, den man um Gottes willen auszulöschen habe, ist nur Geschwätz! Böhmen hat es gewagt aufzubegehren, und nun muss es bestraft und wieder an den festen Zügel genommen werden.«
    »Und wenn er zurück ist, geht der Tanz von Neuem los!«, sagte der Ratsherr.
    »Was?« Elisabeth schreckte aus ihren Erinnerungen hoch. Anscheinend hatte der Gast nichts bemerkt, denn er redete weiter.
    »Die Stiftsherren und der Rat werden wieder Ermahnungen schreiben, erst freundlich, dann immer schärfer

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