Die Dirne und der Bischof
formuliert, und der Bischof wird weiterhin seine Feste feiern, Turniere geben und Bankette, Gaukler und Huren in Scharen auf ›Unser Frauenberg‹ holen. Mal wird er sich einsichtig zeigen, mal wird er uns drohen, doch er wird nicht aufhören, alles zu verschleudern, was uns und dem Land lieb und teuer sein müsste. Und dann kommt die Kriegsrechnung, und ich sage dir, dieses Mal werden wir sie auf die saure Weise bezahlen müssen!«
»Dieses Mal sind keine Juden mehr da, denen man das Geld abpressen könnte«, entschlüpfte es Elisabeth, bevor sie es verhindern konnte. Der Kopf des Ratsherrn ruckte hoch, und er sah plötzlich gar nicht mehr so betrunken aus wie zuvor.
»Ach, du weißt davon? Ich dachte, du seist noch nicht lange hier. Nun ja, es stimmt, die Juden haben den Löwenanteil des letzten großen Kriegszuges getragen, aber glaube ja nicht, wir Bürger seien ungeschröpft geblieben! Er wird Mittel und Wege finden, uns alle zu ruinieren. Er würde nicht zögern, uns dem Hungertod preiszugeben, ehe er daran dächte, sich ein wenig zu bescheiden und keinen Hof zu führen wie der Kaiser und der Papst nicht einmal zusammen! Ich sage dir, es kommen schlimme Zeiten auf uns zu!« Sein Blick verschleierte sich wieder. Tränen glänzten in seinen Augen.
Elisabeth legte ihm tröstend den Arm um die Schultern. »Vielleicht seht Ihr es zu schwarz.«
»Ach, wie du das sagst, könnte ich fast glauben, meine Teresa wäre noch am Leben. Sie hat mir immer so zugehört wie du jetzt, hat mich getröstet und mir neuen Mut gegeben, wenn ich so verzagt war. Sie war eine kluge Frau und wusste in vielen Dingen Rat, nicht nur in denen des Haushalts und mit den Kindern! Selbst die Machenschaften bei Hof und im Stift konnte sie oft klarer erkennen als ich. Doch nun ist meine Teresa nicht mehr, und wenn ich heimkomme, sehen mich die Kinder mit diesen traurigen Augen an. Natürlich bin ich ihr starker Vater, der ihnen sagt, wie es weitergeht, und der als Ratsherr stets weiß, was das Beste ist - für unsere Familie und für die ganze Stadt.«
Tränen rannen über seine Wangen, als er sich an Elisabeths Brust ziehen ließ.
»Es wird alles wieder gut«, sagte sie, streichelte sein Haar und kam sich schrecklich einfältig vor.
Der Ratsherr befreite sich aus ihrer Umarmung und richtete sich auf. »Ach ja? Niemand kann uns Teresa zurückgeben, und der Bischof wird sich nicht ändern! Oh nein, diese Hoffnung habe ich schon zu häufig gehegt. Weißt du, was das Erste war, das er in seiner Amtszeit getan hat?«
Elisabeth schüttelte den Kopf. Hans Maintaler wischte sich energisch die Tränen von den Wangen.
»Unser Bischof erfuhr, dass Ritter Hans von Hirschhorn eine größere Summe Gold zu verleihen habe. Wäre es da nicht wunderbar, wenn das Bistum den verpfändeten Anteil von Kitzingen auslösen könnte? So ging der Bischof zum Kapitel und brachte die Domherren dazu, eine gemeinschaftliche Schuldverschreibung aufzusetzen. Auch wir, ja wir, die Gemeinden der Stadt, haben uns mit verbürgt und unterschrieben. Doch als Bischof Johann von Brunn die fünfzehntausend Gulden in Händen hatte, da löste er nicht die Stadt Kitzingen davon aus, oh nein! Er gab sie seinen Mätressen, seinen Freunden und Verwandten, baute ihnen ihre eigenen Paläste und verschleuderte die Gulden mit riesigen Banketten und Turnieren! Und du glaubst doch nicht etwa, der Bischof hätte seither auch nur einen Pfennig an Zinsen bezahlt! Die Herren von Hirschhorn bedrängen uns zu Recht und drohen uns mit einer blutigen Fehde! Doch woher sollen wir das Geld nehmen?« Ein trotziger Zug trat in seine Miene. »Und außerdem haben nicht wir den Vertrag so schändlich missbraucht. Es ist seine Aufgabe, Zins und Tilgung zu leisten!«
Es klopfte bereits zum dritten Mal. Normalerweise scheuten sich die Besucher des Frauenhauses nicht, nach dem ersten Klopfen die Tür selbst zu öffnen, oder sie verzichteten ganz auf solche Höflichkeiten und traten sofort ein. Es schien sich also nicht um einen der üblichen Besucher zu handeln. Elisabeth warf einen Blick in die Runde. Die anderen Frauen waren alle beschäftigt, die Meisterin gerade nicht zu sehen. So entschuldigte sie sich beim Ratsherrn Maintaler und ging zur Tür, um sie zu öffnen.
Ein junges Mädchen von vierzehn oder fünfzehn Jahren stand draußen, ein langes Umschlagtuch wie zum Schutz eng um sich geschlungen. Statt in den Lichtschein zu treten, der nun aus dem Frauenhaus in die Nacht flutete, zog sie sich, als die
Weitere Kostenlose Bücher