Die Dirne und der Bischof
Holzknüppels oder ihres Dolches.
»Ich soll mich nicht aufregen? Ich bin für den Bischof nach Prag gezogen, habe für ihn und den König Kuttenberg und Königgrätz erobert und das Hussitenpack bekämpft und dann, als das Blatt sich wendete, mit den anderen dafür gesorgt, dass die hohen Herren ihre Haut sicher außer Landes bringen konnten. Meine Hand und mein Blut habe ich ihnen geopfert, und nun wollen sie mich nicht mehr - oder wenn, nur für den halben Preis, denn ich sei ja auch nur noch ein halber Mann!« Sein Kopf wandte sich mit einem Ruck zur Seite, seine hellen Augen fixierten die junge Frau.
»Glaubst du auch, dass ich nur noch ein halber Mann bin? Soll ich dir das Gegenteil beweisen?« Elisabeth schüttelte hektisch den Kopf. Das ging in keine Richtung, die ihr gefiel. Sein Arm schoss nach vorn, und seine Finger packten sie grob. »Ich bin sehr wohl noch in der Lage, meinen Mann zu stehen - auf dem Schlachtfeld und bei den Weibern!«
Nun nickte sie eifrig. Wenn er sie doch loslassen würde. Er war erstaunlich kräftig, und sie hätte sich nicht gewundert, wenn ihr Arm unter seinem Griff gebrochen wäre. Else trat heran und legte dem Söldner beschwichtigend die Hand auf die Schulter.
»Stefan, beruhige dich, und lass mein Mädchen los. Sie hat dir nichts getan, und du tust ihr weh.«
Seine Finger entspannten sich. Er zog die Hand zurück. Elisabeth seufzte erleichtert und rieb sich ihren schmerzenden Arm.
»Entschuldige, das wollte ich nicht«, sagte er und hielt ihr seinen Becher entgegen. Sie trank gehorsam und gab ihn dann zurück.
»Weißt du, es ist nicht leicht, so einfach abgeschoben zu werden, nachdem man für die Herren mehr als einmal Kopf und Kragen riskiert hat.«
Elisabeth setzte eine verständnisvolle Miene auf und fragte mit weicher Stimme: »Willst du mir von deinem ersten Zug berichten? Wie war es bei den Hussiten?«
Seine Miene entspannte sich. »Wenn du willst, dann erzähle ich dir, wie wir nach Königgrätz gezogen sind - siegesge wiss und in einem seltsamen Taumel von Vorfreude.« In seiner Stimme schwang zwar immer noch ein sarkastischer Unterton, doch er schien sich wieder im Griff zu haben. Else beobachtete die beiden noch eine Weile, dann zog sie sich zurück, um ein Auge auf die anderen Gäste zu haben, die sich nun nach und nach mit den Frauen auf die Matratzen zurückzogen.
»Der Papst hatte also mit seiner Bulle dazu aufgerufen, ein Kreuzheer gegen die Ketzer zu sammeln. Wie seinerzeit die heiligen Stätten Jerusalems von den muselmanischen Heiden befreit worden waren, sollten wir Böhmen mit dem Schwert von diesem neuen Unkraut erlösen. Manche haben da ja unterschieden, zwischen denen, die nur friedlich den Lehren des verbrannten Hus folgen und mit dem König in Frieden leben wollten …«
»Den Ultraquisten«, murmelte Elisabeth abwesend, doch der Söldner hatte sie vermutlich nicht gehört, denn er sprach weiter: »Und dann den Anhängern dieses Zeli..., ach, der Name will mir nicht über die Zunge kommen. Der jedenfalls, der die ganze Kirche samt Papst und allen Bischöfen absetzen will.«
»Jan Želivský, ein radikaler Prediger, der die Massen aufhetzt, dass sie unter der Führung des Johann Žižka von Trocnov die Waffen ergreifen.«
Nun klappte dem Söldner der Mund auf, und er starrte Elisabeth einige Augenblicke sprachlos an.
»Woher weißt du das?«
»Oh, ich habe es mal gehört«, wehrte sie ab.
»Und was weißt du noch alles über die Hussiten und den Krieg dort?«
»Nichts«, beteuerte sie, obwohl eine Stimme in ihrem Kopf von den radikalen Taboriten erzählte - wie sie sich nach ihrer Festung, die sie als Hauptquartier gewählthatten, nannten -, die unter Žižkas Führung versucht hatten, Prag an sich zu rei ßen, nach erbitterten Straßenkämpfen jedoch vorerst gescheitert waren und sich dann nach Pilsen gewandt hatten.
»Er nahm die Stadt ein und zerstörte Kirchen und Klöster im Umland.«
»Gar nichts! Erzähl bitte weiter.«
»Kurz darauf wurde Žižkas Truppe von einem ansässigen Adeligen mit zweitausend Mann Reiterei und Fußvolk angegriffen. Er selbst hatte nur eine kleine Truppe, doch glaubst du, das hätte ihn aus der Ruhe gebracht? Man sagt, er habe nur kalt seine Befehle erteilt, die Wagen als schützendes Bollwerk für seine Männer zuFuß aufstellen lassen und die anstürmende Reiterschar geschlagen. Ungehindert konnte Žižka nach Pilsen zurückkehren. So sehr ich ihn auch verabscheue, er hat das Zeug zu einem großen
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