Die Dirne und der Bischof
ihrem Arm.
»Was tust du hier? Ich habe dir gesagt, du sollst auf der Burg bleiben. In Gottes Namen, nun gehorche doch endlich einmal, bevor du deinen Kopf verlierst!«
»Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Ich musste dich einfach finden. Was ist geschehen? Der König hat gesagt, es wird eine Kleinigkeit, diese ketzerischen Rebellen aufzuhalten!«
»Hat er das?« Der junge Ritter wischte die blutige Schneide seines Schwertes sauber. »Dann hat er sich getäuscht.«
»Wie konnten sie euch in die Flucht schlagen? Das riesige Heer?« Sie hörte das Drängen in ihrer Stimme.
»Wir zogen zu dem Dorf Pořič, um ihnen den Weg nach Prag zu verstellen, doch Žižka verschanzte sich mit seinem Haufen auf einer Anhöhe und ließ alles auf uns herabprasseln, was seine Büchsen und Schleudern hergaben! Ich sah die Männer um mich herum fallen - tot oder verstümmelt. Und dann kamen die Böhmen mit ihren Spießen und Prügeln über uns wie eine Seuche Gottes. Uns blieb nichts anderes als die Flucht. Aber nun komm zur Burg zurück. Von ihren Mauernk annst du in Sicherheit zusehen, wie Žižk a siegreich in die Stadt einzieht!«
»Was ist mit dir?«
Das Lager mit den geschlagenen Kämpfern verblasste, und Elisabeth sah in ein bärtiges Gesicht mit einer Narbe.
»Was ist los? Du stöhnst und schlägst um dich, als wärst du eins der tschechischen Weiber, die sich der Sieger zu Recht ein wenig rannimmt.«
Das Frauenhaus - der Kriegsknecht Stefan Spießhemmer. Jetzt erst bemerkte Elisabeth, dass sie nicht mehr mit ihm am Tisch saß, sondern mit gespreizten Beinen auf ihrer Matratze lag.
»Also, was ist mit dir los? Gibt es ein Problem?« Er nestelte an seinen Bändern und ließ die ausgeleierten Beinlinge heruntergleiten. Seine Beine waren muskulös und dicht behaart. Elisabeth spürte den Blick der Meisterin auf sich ruhen.
»Nein, alles in Ordnung. Es war nur deine Erzählung von dem Feldzug, die mich ein wenig durcheinandergebracht hat. So viel Blut, Gewalt und Tod.« Ein Schauder lief durch ihren Körper. Der Söldner grinste und tätschelte ihr die Wange.
»Ach, wie empfindsam die Weiber manches Mal sind - wobei ich nicht erwartet hätte, eine solch verzagte Seele ausgerechnet hier unter dem Dach der Eselswirtin zu finden.«
Er schüttelte ungläubig den Kopf, kniete sich zwischen ihre Beine und stieß dann zu, stürmisch und ein wenig grob, wie Elisabeth es nicht anders erwartet hätte.
Als alle Gäste gegangen waren und die Frauen unter ihren Decken lagen und dem Schlaf der Erschöpfung entgegendämmerten, kam der Traum zurück. Erst dachte sie, es wäre jener mit dem dunklen Gang, der verschlossenen Tür mit dem Lichtstrahl am Ende und den wispernden Stimmen, denn auch jetzt lief sie einen steinernen Gang entlang. Aber es schwang kein Rocksaum um ihre Knöchel. Elisabeth trug enge Hosen und Stiefel, und die Stimmen, die sie hörte, waren nicht leise und wispernd. Männer brüllten einander etwas zu. Sie hörte Kinder weinen und Frauen rufen. Endlich erreichte sie das Ende des Ganges und trat ins helle Sonnenlicht hinaus. Es roch nach Frühling, die Bäume schimmerten in hellem Grün, doch die Stimmung hätte nicht weniger passend sein können. Elisabeth eilte eine steinerne Treppe hinauf. Immer mehr Stufen, sie wanden sich im Kreis. Es wurde wieder düster um sie, dann traf sie das grelle Sonnenlicht ins Gesicht, und sie musste blinzeln.
»Was ist los?«, rief sie, doch keiner wollte ihr antworten. Endlich sah sie einen Knaben im Gewand eines Knappen, der ihr bekannt erschien, und packte ihn am Ärmel. »Was ist hier los?«
»Es reicht Žižka nicht mehr, nur die Wälle und Gräben der Stadt zu sichern. Sieh vom Turm herab! Sie haben uns eingeschlossen. Sie wollen uns aushungern!«
Elisabeth fühlte, wie sie bleich wurde. Er hatte sie gezwungen, in der Burg Schutz zu suchen. Würden sich die Mauern der Burg nun als Falle herausstellen? Wie lange würden sie hier drinnen ausharren können, von jedem Nachschub an Wasser und Essen abgeschnitten? Es waren so viele Flüchtlinge in der Burg. All die deutschen Familien Prags, die es rechtzeitig geschafft hatten, vor dem Zorn der aufgehetzten Masse zu fliehen. Und dann noch die Burgbesatzung von Čenek von Wartenberg und die Männer des Königs, die dieser zurückgelassen hatte. Das waren zu viele. Viel zu viele!
Im Moment blieb ihnen nur zu warten. Einen Ausfall wagte der Kommandant nicht. Zu sehr fürchtete er, er könne den Hussiten eine Möglichkeit bieten, das
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