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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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queren und mit ihr plaudern?«
    Elisabeth wurde rot. Scham und Wut mischten sich in ihr. Sie ballte die Fäuste, senkte aber den Blick.
    »Nein, das wäre mir nicht in den Sinn gekommen. Es war nur eine unbedachte Erwiderung auf die Freundlichkeit Eurer Tochter. Es wird nicht wieder vorkommen, Herr Ratsherr.«
    Er ließ sie los und trat einen Schritt zurück. Hastig sah er sich um, ob nicht einer der Passanten stehen geblieben war, um die Auseinandersetzung zwischen der Dirne und dem Ratsherrn zu beobachten, doch die Menschen waren mit ihren eigenen täglichen Problemen beschäftigt und gingen ihren Geschäften nach, ohne sich um die drei zu kümmern. Die Gesichtszüge des Ratsherrn entspannten sich ein wenig. Fast wirkte er ein wenig verlegen.
    »Gut, dann haben wir das geklärt, und du wirst dir das hoffentlich merken. Versteh mich nicht falsch, ich halte dich für eine im Kopf erstaunlich helle und auch herzensgute Frau, aber du bist - nun ja, du bist, was du bist.«
    »Eine Dirne«, sagte Jeanne leise, als er sich abwandte und zum Rathaus zurückeilte. »Die man bezahlt und dann getrost vergessen darf.« Sie legte den Arm um Elisabeth. »Mach dir nichts draus. Er ist im Recht, wenn er dich für deine Fehler rügt.«
    »Ja, ich weiß, und es ist auch nicht die Rüge, die mich quält«, gab Elisabeth zu. »Was dann?«
    »Dass es eben so ist und dass keine Macht dieser Welt es ändern wird.«
     

Kapitel 8
    Am nächsten Abend fand sich eine lustige Runde von Scharwächtern im Frauenhaus ein. Sie hatten gelost. Die, die das Pech hatten, die erste Hälfte der Nacht durch die Gassen streifen zu müssen, machten sich grummelnd an ihre Arbeit. Die anderen ließen sich Wein einschenken und riefen nach den Frauen. Am vergangenen Tag hatte der Rat ihnen ihren Sold ausgezahlt, und so wollten sie den Abend nutzen, solange sie noch Münzen in den Taschen hatten. Sie waren leichtsinniger Stimmung, und das war der Meisterin gerade recht. Bis auf einen älteren Vikar, den Gret übernahm, und einen Waffenschmied aus der Vorstadt Sand, der eine Stunde bei Anna weilte, blieben die Wachtleute heute unter sich. Es war ein derbes Volk, und ihre Sprüche brachten Elisabeth zum Erröten, aber dennoch wurde auch sie in dieser Nacht immer ausgelassener. Vielleicht lag es daran, dass Elisabeth mehr Wein trank als sonst. Ihr Becher war stets gefüllt, und den jungen Mann neben ihr, obwohl von einfachem Schlag, empfand sie nicht als unangenehm.
    Es war schon recht spät, als ein Mann in abgerissener Kleidung das Frauenhaus betrat. Ein langer Dolch steckte in seinem Gürtel. Haar und Bart waren schmutzig und nur nachlässig gestutzt. Eine gezackte Narbe lief wie eine Schneise im Wald quer über seine Wange. Sein rechter Arm endete in einem Stumpf. Aber er lächelte, als er eintrat und sich umsah. Offensichtlich war er hier kein Unbekannter, denn die Meisterin begrüßte ihn mit seinem Namen.
    »Wenn das nicht der Stefan Spießhemmer ist«, rief sie aus und ging ihm entgegen. »Es ist lange her, dass du dich hier hast blicken lassen. Dann sind die Truppen also wieder aus Böhmen zurück?«
    Das Lächeln des Mannes wich einer grimmigen Miene. Er warf den Scharwächtern einen Blick zu und ließ sich dann am Nebentisch auf die Bank fallen.
    »Woher soll ich das wissen? Ich habe jedenfalls nicht gehört, dass sie schon zurück wären.«
    »Was?« In Elses Stimme schwang Erstaunen. »Du warst gar nicht mit auf dem Zug?«
    »Wäre ich ja, wenn beim ersten Kriegszug nicht meine Hand in Böhmen geblieben wäre.« Er hob den vernarbten Armstumpf.
    »Und deshalb hast du dich schmollend in deiner Kammer verkrochen? Das kann ich nicht glauben. Du kannst mit der Linken bestimmt genauso schnell zustechen«, wandte die Wirtin ein.
    Er zog eine Grimasse. »Das kann ich, ja, aber das hat den Hauptmann nicht interessiert. Er sagte, ich würde für den Kriegsdienst nicht mehr taugen. Der Bischof habe dem König ein Kontingent ganzer Männer zugesagt, und dazu könne er mich nicht mehr zählen!« Er redete sich immer mehr in Fahrt. Die wenigen Stellen Haut an Gesicht und Hals, die nicht von Bartwuchs bedeckt waren, röteten sich. Else winkte Elisabeth heran und schob dem Kriegsknecht einen vollen Krug hin.
    »Reg dich nicht auf! Da, trink, der wird dir schmecken.«
    Doch das schien ihn nicht zu beruhigen. Im Gegenteil, seine Stimme wurde noch lauter, sodass die Scharwächter wachsam zu ihm herübersahen. Einige legten sogar die Finger um den Griff ihres

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