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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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erbitten.«
    Elisabeth seufzte. »Ausgerechnet meine Hilfe? Gibt es denn keine Freunde der Familie, an die Ihr Euch wenden könnt? Euer Vater wird entsetzt sein und vielleicht Euch und mich strafen. Er hat mir bereits das letzte Mal klargemacht - als ich Euch, ohne nachzudenken, vor dem Rathaus gegrüßt habe -, dass er es nicht dulden wird, wenn ich jemanden Eurer Familie auch nur bemerke!«
    Otilia seufzte. »Ja, mich hat er auch zur Rede gestellt, und ich musste rüde Worte einstecken. Dennoch kannst nur du mir helfen.« Sie deutete auf die Bank vor dem Haus. »Wollen wir uns setzen? Dann erzähle ich dir, worum es geht und warum ich so beunruhigt bin.«
    Elisabeth war sprachlos, setzte sich aber neben Otilia auf die Bank und wartete, was sie zu berichten hatte.
    »Ich hatte bereits heute Morgen, als Vater das Haus verließ, ein seltsames Gefühl - so als müsste ich ihn noch ein letztes Mal umarmen, bevor er geht. Den ganzen Tag war ich von Unruhe erfüllt und ging ziellos im Haus und dann vor dem Grafeneckart auf und ab. Der Tag verrann, aber es kam keine Nachricht von der Festung.«
    »Die hohen Herren brauchen sicher Zeit, bis sie sich einigen. Es geht um viel Geld«, warf Elisabeth ein.
    »Ja, das sagte ich mir auch. Als der Abend nahte und die Kinder nach Vater zu fragen begannen, hielt ich es nicht mehr aus. Ich stieg auf den Frauenberg hinauf und begehrte Einlass, doch die Wachen verspotteten mich. Sie behandelten mich, als sei ich eine... ich meine, also... eine Dirne wie du, und als ich ihre Hände wegstieß und ihnen sagte, wer ich bin, lachten sie und machten seltsame Andeutungen. Ich bekam es mit der Angst zu tun und lief weg. Ich kann da nicht noch einmal hin, und doch muss ich es, um zu erfahren, was dort oben vor sich geht. Deshalb komme ich zu dir. Wenn du mit den Wachen sprichst, dann lassen sie dich vielleicht herein. Dann kannst du in Erfahrung bringen, ob die Delegation wirklich noch tagt - oder ob mein Gefühl mich nicht trügt, dass dort etwas ganz und gar nicht in Ordnung ist.«
    Elisabeth überlegte eine Weile, ehe sie antwortete. »Ich kann Euch nicht helfen. Die Meisterin wird mich nicht gehen lassen, selbst wenn ich sie darum bitte.«
    Otilia zog einen Lederbeutel unter ihren Röcken hervor. »Ich bezahle dafür! Dann muss sie dich gehen lassen. Wenn nötig, kann ich ja sagen, ich solle eine Frau für meinen Oheim besorgen.«
    Trotz der ernsten Lage musste Elisabeth schmunzeln. »Das wäre ein sehr ungewöhnliches Arrangement. Die Meisterin würde Euch nicht glauben.«
    Otilia schob trotzig die Lippe hoch. »Muss sie das? Was hat sie zu interessieren, für was für einen Auftrag ich dich hole, wenn der Preis stimmt? So, wie ich sie einschätze, ist ihr das am wichtigsten.«
    Für ein Mädchen ihres Alters, das in einem behüteten Haushalt aufgewachsen war, zeigte sie sich erstaunlich scharfsinnig.
    »Da magst du recht haben, dennoch glaube ich nicht, dass wir während der Nacht in die Festung eingelassen werden.«
    »Versuche es doch wenigstens! Ich bezahle dir, was du verlangst. Du kannst das Geld gleich bekommen und auch behalten, wenn der Plan fehlschlägt. Was kosten deine Dienste? Zwei Schillinge oder drei? Ich habe genug dabei!«
    Das Angebot war verlockend, aber Elisabeth hätte sich geschämt, so viel Geld anzunehmen und die Unwissenheit des Mädchens auszunutzen.
    Solche Skrupel kannte Else nicht. »Das hört sich nach einem fairen Angebot an«, hörten sie plötzlich die Stimme der Meisterin. Sie strahlte geradezu, als sie aus dem Schatten der halb geöffneten Tür auf sie zutrat. Wie lange sie dort schon gestanden und der Unterhaltung gelauscht hatte, konnte Elisabeth nicht sagen.
    »Ich finde, wir sollten dem Wunsch der verehrten Jungfrau Otilia Folge leisten«, sagte sie und blieb vor dem Mädchen stehen.
    »Dann kommst du also mit mir?«, vergewisserte sich Otilia und wog ein paar Münzen in der Hand.
    Elisabeth schüttelte den Kopf. »Ich werde gehen und versuchen, so viel wie möglich in Erfahrung zu bringen, und Ihr wartet daheim, bis ich es Euch berichte.«
    Otilia protestierte. Die Meisterin jedoch unterstützte Elisabeths Entscheidung. Vermutlich stand ihr deutlich vor Augen, welchen Schaden ein wütender Ratsherr anrichten konnte - und er würde außer sich sein, sollte er von solch einem gemeinsamen nächtlichen Ausflug zur Festung erfahren.
    Nach einigem Hin und Her gab Otilia nach. »Du solltest aber nicht alleine gehen. Ich will nicht, dass du in Gefahr

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